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1826 - Das Nebelheer

1826 - Das Nebelheer

Titel: 1826 - Das Nebelheer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ausstreckte.
    Sehr forsch war ich nicht. Ich achtete schon darauf, nichts zu überstürzen. Aber es passierte nichts. Ich konnte meine Hand gegen das Bild drücken, ohne dass ich mir die Haut verbrannte.
    »Und?«, flüsterte Jane.
    »Nichts.«
    »Was heißt das?«
    »Es ist alles normal. Ich hätte auch jedes X-beliebiges Gemälde anfassen können und hätte das Gleiche erlebt. So ist das nun mal. Nicht spektakulär.«
    »Komisch.«
    »Ja, versuch du es doch auch noch mal.«
    »Das tue ich auch.« Jane ging in die unmittelbare Nähe des Bildes, streckte ihren Arm aus und tastete vorsichtig mit dem Zeigefinger nach der Leinwand. Ich hörte keinen Schrei, auch keinen Lacher, ich sah nur ihr angespanntes Gesicht. So stark hatte sie sich konzentriert und hörte auch meine Frage.
    »Na, was herausgefunden?«
    »Ja.« Sie nahm die Hand wieder von der Leinwand weg. »Diesmal ist nichts passiert. Das Bild ist normal, und niemand würde uns glauben, wenn wir erzählen, was mit dem Motiv tatsächlich geschehen ist.«
    Ich konnte ihr nicht widersprechen.
    Jane stand vor dem Gemälde. Gedankenverloren kaute sie auf ihrer Unterlippe und schüttelte einige Male den Kopf. »Ich begreife es nicht«, flüsterte sie dann, »da muss doch etwas vorhanden sein, denn beim ersten Mal war alles anders.« Sie schaute mich wieder an. »Sag du mal was.«
    »Was willst du denn hören?«
    »Eine Erklärung.«
    »Die kenne ich auch nicht.«
    »Dann sieht es nicht gut aus. Es sei denn, du startest ein Experiment.« Sie zeigte ein Lächeln, und ihre Augen blitzten plötzlich auf.
    »Was denn?«
    Sie stieß mich an. »Das weißt du genau.«
    »Du meinst das Kreuz?«
    »Sehr richtig.«
    Ich grinste sie an. »Du wirst lachen, aber daran habe ich auch schon gedacht.«
    Sie knurrte mich an, wollte etwas sagen, und ich machte mich bereit für den Test.
    Es kam nicht dazu, denn wir hörten Marian Drakes Stimme. Er schimpfte uns aus, und seine Zunge war schon schwer.
    »He, ich weiß gar nicht, was ihr da so lange zu bekakeln habt. Das Bild ist toll. Es ist einmalig. Ich lasse es mir von euch nicht zerstören.«
    »Das will auch keiner«, sagte ich. Dann schaute ich zu, wie er schwerfällig aufstand, für einen Moment stehen blieb und sich auf uns konzentrierte.
    »Der hat ganz schön getankt«, murmelte Jane.
    »Das ist nicht mal schlecht. Dann kippt er irgendwann um und stört uns nicht mehr.«
    »Hoffentlich.«
    Zunächst sah es nicht danach aus. Marian Drake stand vor seinem Sessel und glotzte mich ebenso an wie Jane Collins. Er stierte, als wären wir Fremde, dann bewegte er seine Lippen, zog die Augenbrauen zusammen und nickte vor sich hin. Es sah aus, als hätte er sich zu etwas entschlossen, und das war auch der Fall, denn er sagte: »Ja, so machen wir das.«
    »Was denn?«, fragte Jane, und als er nicht antwortete, blickte sie mich fragend an.
    »Keine Ahnung«, murmelte ich.
    Die hatte nur er. Er trank sein Glas leer, dann kam er auf uns zu. Sein Gang war schwer und wiegend. Die Augen hatte er zu Schlitzen zusammengepresst und er prustete den Atem durch die Lippen.
    »Sollen wir was unternehmen, John?«
    »Nein.«
    Er kam. Er knurrte etwas. Er winkte immer wieder ab und bedachte vor allen Dingen mich mit ätzenden Blicken.
    »Ihr – ihr tut meinem Bild nichts. Es ist einfach nur wunderbar. Es ist auch einmalig. Ist das richtig?«
    »Ja, Marian«, bestätigte Jane, »das ist richtig.«
    »Wunderbar.«
    »Dann können Sie sich ja wieder in ihren Sessel setzen und uns die Arbeit machen lasen.«
    »Arbeit?«, fragte er kieksend. »Welche Arbeit?«
    »Das werden Sie schon sehen.«
    »Nein!« Er trat mit dem Fuß auf. »Nein, das will ich nicht. Das Bild gehört mir, verdammt.«
    »Das bestreitet auch niemand.«
    Er hatte die Antwort nicht so richtig mitbekommen, deshalb nahm er noch mal Anlauf.
    »Es gehört mir. Mir ganz allein.« Die letzten beiden Worte hatte er geschrien. Bevor ich oder Jane es verhindern konnten, ging er auf das an der Wand hängende Gemälde zu und breitete die Arme aus. Es wirkte so, als wollte er es an sich nehmen, was nicht geschah. Er stolperte über seine eigenen Füße und fiel gegen das Bild, ohne jedoch die Leinwand zu zerstören.
    Aber das Bild tat etwas. Und wie es reagierte, war schon mehr als ungeheuerlich …
    ***
    Zuerst hörte ich Janes Schrei. Es war kein Ruf der Angst, mehr einer der Überraschung, und ich wollte wissen, von wem sie sich hatte überraschen lassen.
    Da brauchte ich nur auf die Leinwand zu

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