1827 - Flucht durch Bröhnder
ich auf so dumme Gedanken kam, wußte ich selbst nicht. Aber hätte ich mich allein von der Vernunft leiten lassen, ich hätte niemals den verhängnisvollen Fehler begangen, der nun der Erfüllung unseres Schicksals ausgerechnet auf Maotock verlangte.
Zujandron senkte sich unaufhaltsam in Richtung Oberfläche. Seine Annäherung erfüllte mich mit einer ungeheuren Erregung.
Es fiel mir schwer, zu Saedelaere zu sprechen: „Du hast gesehen, wie all die Schiffe auf Maotock zerschellt sind. Und du wunderst dich, weshalb die vegaonischen Komponenten Selbstmord begingen. Aber das ist ja nicht die Wahrheit. Sie sind alle noch am Leben. Sie besitzen nur keine Trägerobjekte mehr."
„Warum haben sie dann ihre Schiffe vernichtet?" fragte der Träger der Haut.
„Du wirst bemerkt haben, daß nur etwa die Hälfte der Schiffe abgestürzt ist. Es handelt sich dabei genau um jene Einheiten, die eine relativ schwache vegaonische Komponente bargen. Meine Artgenossen waren nicht mehr in der Lage, sich ohne äußeren Anstoß aus ihren Behältnissen zu lösen. Sie maßten, sich daher selbst vernichten. Beziehungsweise ihre Trägerrechner, wie ich schon einmal sagte."
„Dasselbe wie mit Mellenbrock?"
„Nicht ganz. Mellenbrock setzte nur das Signal. Er ist mein Zuja, er besitzt eine starke Persönlichkeit. Er hätte es auch so geschafft."
„Die stärkeren Persönlichkeiten sind also in den gelandeten Schiffen?"
„So könnte man es ausdrücken."
„Und was geschieht nun?"
Ich antwortete: „Maotock ist der Sahmhorst."
„Das weiß ich, Dorota. Du hast mir nur nicht erklärt; was das sein soll, ein Sahmhorst."
„Im Sahmhorst werden die Nomaden von Bröhnder neu entstehen. Es wird die Geburtsstätte eines Kometenregens sein."
Ich wußte nicht genau den Grund, aber als Saedelaere wieder sprach, meinte ich eine gewisse Verärgerung herauszuhören.
„Das sind doch alles nur Worthülsen, Dorota! Fangen wir es also anders an: Was geschieht mit dir, wenn der Kometenregen entsteht? Und was passiert mit uns, mit Varquasch, den fünf Jungen und mit mir?"
„Das weiß ich selbst noch nicht genau", gab ich unsicher zurück.
Während Zujandron sich meterweise den Zielkoordinaten näherte, kam ich gegen die Erregung kaum noch an. Ich begriff, daß ich maximal eine Minute vor mir hatte, und daß ich bis dahin eine Entscheidung fällen mußte.
„Ich werde gleich nicht mehr mit dir reden können, Alaska. Deswegen hör mir jetzt zu. Ich werde die CANT gleich verlassen. Dann kannst du über den Bordrechner Fasoldog das Schiff kontrollieren."
„Ich dachte, Fasoldog würde zerstört, wenn du gehst."
„Das dachte ich auch. Es ist mir jedoch gelungen, Fasoldog weitgehend zu stabilisieren. Was du tust, wenn ich fort bin, mußt du selber wissen. Ich kann dir nicht mehr helfen."
„Die Maoten werden über uns herfallen."
„Nein, Alaska. Sie werden sich gegen die Auswirkungen des vegaonischen Sprungs nicht wehren können."
Ich hoffte, daß Alaska Saedelaere stärkere mentale Kräfte besaß als die Maoten. Dafür sprach die Tatsache, daß er ruhig in der Zentrale stand und mit mir sprach, während unsere gemeinsamen Feinde immer noch sinnlose Manöver rund um Maotock flogen.
Und wenn dies nicht der Fall war? Dann, so fürchtete ich, wäre es mit Saedelaere und Varquasch schnell vorbei.
Sie mußten den vegaonischen Sprung zur Flucht ausnutzen. Wie lange der Sprung genau dauerte, vermochte ich nicht zu sagen.
Aber eines wußte ich genau: Die Zeit reichte dann, wenn sie mit der CANT unverzüglich starteten und das System verließen. Sollte Alaska auf den Gedanken kommen, zunächst aus der Balkenspindel irgendwelche Daten zu bergen, konnte ich für nichts garantieren.
Von seiner Intelligenz hatte ich mir ein Bild gemacht. Über seine Bereitschaft zum Risiko war ich mir schon weniger im klaren. Er maßte selbst wissen, was er tat.
Mit den optischen Systemen der CANT versuchte ich, über den Zustand der Balkenspindel eine Aussage zu treffen. Das erwies sich als beinahe unmöglich; selbst bei hoher Vergrößerung war nicht der geringste Kratzer zu sehen.
Auf den äußeren Eindruck viel zu geben, das wäre dumm gewesen. Das fremde Raumschiff hatte mit Sicherheit einiges an Streufeuer abbekommen. Scheinbar unversehrt maßte nicht mit der Realität übereinstimmen.
Dorota! Dorota Bochniarz!
Diesmal war es nicht Saedelaere, der da rief, sondern Zujandron. Ich maßte dem Ruf unverzüglich Folge leisten.
„Alaska Saedelaere", sagte ich
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