1827 - Flucht durch Bröhnder
über die Lautsprecher der Zentrale. „Es ist soweit. Die Trägerin der Seele maß gehen. Ich wünsche dir viel Glück. Auch dir, Varquasch, und euch Jungen."
„Warte, Dorota!"
„Nein. Das ist nicht mehr ..."
... möglich.
Das letzte Wort hatte Saedelaere wahrscheinlich schon nicht mehr hören können.
Mit einem Teil meines Geistes versuchte ich sein Gesicht festzuhalten. Ich wußte, daß ich den Träger der Haut niemals wiedersehen würde und daß der seltsame Zauber, den sein Gesicht auf mich ausübte, durch nichts zu ersetzen war, auch nicht durch das vegaonische Kollektiv.
Der virtuelle Körper zerstob in eine Elektronenwolke, die schließlich keinerlei sichtbaren Informationsgehalt mehr aufwies. Und kurz darauf folgte mein Bewußtsein.
*
Es war wie eine Explosion, als ich mich löste. Ich verbrauchte einen Teil meiner Energie dafür, die feinen, nichtmateriellen Verbindungslinien zwischen mir und dem Computer Fasoldog zu zerstören.
Trotz der festen Wände und trotz des nach wie vor aktivierten Schutzschirms wurde ich hinausgeschleudert. Ich konnte den rasenden Flug erst eine halbe Sekunde später bremsen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die CANT längst verlassen.
Zum ersten Mal seit einer langen Zeit betrachtete ich den schwarzen Schatten von außen. In diesem 300 Meter langen Keilgebilde hatte ich also die letzten Jahrhunderte verbracht. Ich war froh, daß diese Episode hinter mir lag. Auch wenn ich dadurch Alaska Saedelaere nicht mehr helfen konnte.
Im freien Raum traf ich auf eine zweite Komponente. Sie schien zu leuchten, und zwar in einem intensiven grünen Licht.
Noch war ich zu weit entfernt, als daß ich hätte rufen können.
Mir war natürlich klar, daß nur eine vegaonische Komponente die andere erkennen konnte. Mit einem Orter oder gar auf optischem Weg wäre es nicht möglich gewesen. In dieser Zustandsform verfügte ich jedoch über besondere Sinne, die auf fünfdimensionalen Prozessen basierten.
Von oben traf mich ein eisiger Hauch.
Da ich weder Wärme noch Kälte spüren konnte, handelte es sich folglich um einen Einfluß, den ich fälschlicherweise als „kalt" interpretierte. Die Kälte zerrte an meinem Körper. Ich spürte, daß ich sie nicht lange würde ertragen können.
„Das ist der Sonnenwind", klärte mich eine Stimme von hinten auf.
Hinten und vorn existierten also noch. Das war der erste Schluß, den ich zog. Meine Sinne reichten nur nach vorn.
Bis ich heraushatte, wie man sich in dieser Zustandsform am besten drehte, verstrichen ein paar Sekunden. Einem Bewußtsein standen weder stoffliche noch elektronisch definierte Glieder zur Verfügung. Ich schaffte es, mich am alles durchdringenden Schwerkraftfeld abzustoßen. Auf diese Weise kam eine rollende Bewegung zustande.
„Mellenbrock!" rief ich.
Was da vor mir schwebte, ähnelte dem grünen Leuchten von eben. Aber es war nicht identisch; ich führte im freien Raum eine zweite Rolle aus und sah das Leuchten von eben näher kommen. Kurz darauf war ich von zwei Artgenossen umgeben.
Mellenbrock war der eine, der andere war mein Zuja Nosetto. Beide erkannte ich auf Anhieb, obwohl sie so etwas wie Gesichtszüge nicht mehr besaßen. Ich hatte den lebendigen Beweis vor mir, daß eine Persönlichkeit mehr als nur das Äußere ausmachte. Das innerste Profil eines Lebewesens konnte man selbst in diesem Zustand erkennen.
Zu dritt trieben wir über die Oberfläche von Maotock. Wir stießen allenthalben auf ausgebrannte Wracks. Und überall erkannte ich vegaonische Komponenten. Sie gruppierten sich zu kleinen Häufchen.
„Wo bleibt Zujandron?" wollte Mellenbrock voller Unruhe wissen. Er kontrahierte zu einer kleinen fröstelnden Scheibe. „Müßte es nicht längst soweit sein?"
„Geduld", mahnte ich ihn. „Der vegaonische Sprung will ohne Hast vorbereitet sein."
Aus einem Pulk soeben gelandeter Raumfahrzeuge lösten sich Gulwal und Prinn, meine beiden anderen Zujas. Die Trägerin der Seele versammelte ihre Gefolgschaft um sich. Es vermittelte mir ein Gefühl von Sicherheit.
Bevor ich selbst im Sonnenwind verging, würden diese vier mich mit allen verbliebenen Kräften stützen.
Sie würden mir Wärme vermitteln, bis sie selbst sich aufgelöst hatten.
Über der Stadt des Hohen Herrn von Yiliton schwebte ein strahlendes Gebilde. Bei Annäherung löste sich die Lichtquelle in viele grüne Nadelköpfe auf, und in der Mitte thronte ein geradezu bulliges Objekt.
Ich erkannte Enkendran, den ehemaligen Rat für
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