1831 - Der Jenseits-Bann
Luft. Auf meinen Lippen lag ein Lächeln. Es war geschafft, ich hatte gewonnen, aber leider nur einen Teilsieg errungen.
In den Rover stieg ich noch nicht. Ich wollte erst mal abwarten, ob die Luft auch wirklich rein war.
Ja, das war sie. Auch als ungefähr eine Minute verstrichen war, sah ich nichts mehr auf mich zukommen. Ich schien es geschafft zu haben und konnte aufatmen.
Was tun?
Wie so oft in meinem Leben stellte ich mir die Frage, aber ich kannte die Antwort nicht. Ich wusste ja auch nicht, warum ich angegriffen worden war, denn das Erscheinen der Geister bezeichnete ich schon als einen Angriff. Außerdem war mir nicht klar, woher sie kamen, aber sie hatten einen spektakulären Auftritt gehabt.
Ich wusste, dass verschiedene Reiche existierten. Es gab nicht nur unsere Welt, es gab auch andere, und es gab die Welt der Toten, die so verschieden war. Man konnte Jenseits dazu sagen, aber auch dieses Jenseits teilte sich auf in Stufen oder Etappen.
Es gab so etwas wie eine Hölle. Da hatten sich die Menschen schon verschiedene Vorstellungen gemacht. Maler, Dichter, Philosophen, sie alle hatten sich mit dem Komplex beschäftigt, denn das Jenseits und seine Abkömmlinge waren schon immer spannend gewesen.
Hier erreichte ich nichts mehr. Die andere Seite hatte sich zurückgezogen, und ich ging auch nicht davon aus, dass man mich an meiner Abfahrt hindern würde. Es war niemand mehr zu sehen.
Als ich in den Rover stieg, fielen die ersten Tropfen. Sie waren recht schwer und klatschten auf das Autodach, aber auch gegen mein Gesicht und den Körper.
Ich hoffte, dass es nicht zu einem Platzregen kommen würde. Die Hoffnung erfüllte sich nicht. Es kam zu einem Platzregen, aber ich fuhr nicht in ein Gewitter hinein, denn das hätte auch kommen können.
Meine Gedanken drehten sich um den Fall. Zwar nannte man mich scherzhaft Geisterjäger, aber der Kampf gegen Geister war mir schon suspekt. Ich kämpfte lieber gegen stoffliche Wesen. Da war es mir egal, ob es sich um Menschen oder Monster handelte.
Ich wusste auch, dass ich erst am Anfang stand. Dieser Fall konnte sich entwickeln und eine entsprechende Brisanz bekommen, und da musste ich schon aufpassen, dass er mir nicht über den Kopf wuchs.
Welche Rolle spielte Don Gordon? War er wirklich auserwählt worden, weil einer seiner fernen Verwandten sich dem Gebiet der Theosophie zugewandt hatte? Das war im Prinzip nichts Schlimmes, nur gab es auch dabei zahlreiche Richtungen und Strömungen. Für mich stand fest, dass ich mich näher damit beschäftigen musste.
Es regnete immer stärker. Die Scheibenwischer schafften die Wassermassen kaum noch, und ich überlegte, ob ich stehen bleiben sollte, denn auch auf der Straße hatte sich das Wasser gesammelt, und beim Fahren kam ich mir vor, als würde ich schwimmen.
Nein, ich musste nichts tun, das Wetter tat etwas. Und es tat etwas für und nicht gegen mich.
Der Regen hörte fast auf. Jetzt fielen nur noch ein paar Tropfen aus den Wolken, aber selbst die waren bald verschwunden und ich konnte aufatmen.
Der Rest der Fahrt war ein Kinderspiel. Ich atmete auf, als ich eine halbe Stunde vor Mitternacht die Zufahrt zur Tiefgarage meines Apartmenthauses erreichte.
Ich rollte in den Komplex hinein, nachdem sich das Tor geöffnet hatte. Um diese Zeit war die Garage immer voll besetzt. Nur ein paar Parktaschen waren frei, weil deren Mieter verreist waren.
Auch meine war leer. Sukos BMW stand in der Nähe, und ich fuhr den Wagen in die Parktasche.
Geschafft!
Ich freute mich auf mein Bett und hoffte zudem, dass es eine ruhige Nacht werden würde. Das war bei mir nicht immer garantiert.
Ich stieg aus und geriet in die muffige Luft der Garage. Hier zu bleiben wäre schlimm für mich gewesen, da war die Luft kaum zu atmen. Zum Glück war der Lift nicht weit entfernt. Ein paar Schritte reichten aus, um ihn zu erreichen. Das hatte ich auch vor, aber man ließ mich nicht so weit kommen, denn ich wurde von hinten von einer tiefen Stimme angesprochen.
»John Sinclair …?«
Ich blieb stehen, hörte leise Schritte und fuhr mit einer schnellen Drehung herum.
Vor mir stand ein Mann. Sogar ein ungewöhnlicher. Das mochte an seiner Kleidung liegen, die weiß war. Hose, Hemd, Jackett. Aber nicht sommerlich weiß, denn dieses Weiß war irgendwie anders. Es war schlecht zu erklären, aber es stimmte.
»Was wollen Sie?«, fragte ich.
Der Mann lächelte und strich sein recht langes weißes und irgendwie lockeres Haar zurück. Dabei
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