1833 - Das Killer-Buch
verdächtig gewesen wäre. Es herrschte der normale Betrieb und auch der normale Geruch, denn viele Kinogänger brachten ihre mit Popcorn gefüllten Tüten mit, und der Duft daraus, der war wirklich nur was für echte Fans.
Rechts und links von mir blieben die Plätze leer. Zumindest jetzt, und das blieb auch so, als es allmählich dunkler wurde. Der Zombiespaß würde noch nicht beginnen, als Zuschauer musste man Werbung über sich ergehen lassen, was alles andere als eine Freude war. Zumindest für mich, und deshalb schloss ich die Augen. Ich wollte einfach nur entspannen. Der Ärger würde noch früh genug beginnen.
Aber er begann nicht.
Ich irrte mich. Ich sah wohl, dass noch Nachzügler eintrafen, aber in meiner Nähe passierte nichts. Mal hörte ich einen Lacher, auch eine mehr oder weniger laute Bemerkung, bei der es um den Hauptdarsteller des Films ging.
Eine Frauenstimme rief: »Ich will ein Kind von dir!«
Zwei Männer antworteten: »Ich auch …«
Großes Gelächter folgte, und auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Dann sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung an meiner rechten Seite. Dort bewegte sich ein Schatten. Ich drehte den Kopf und sah den Schatten dicht neben mir. Er war ein Mann, der nicht an mir vorbeiging, sondern sich auf den Sitz rechts neben mich setzte.
Beim Setzen nickte er mir zu und atmete scharf aus. Wir beide hatten etwas gemeinsam. Wir unterschieden uns von den meisten Besuchern, denn er war in meinem Alter. Er hatte sich auch nichts zum Knabbern mitgebracht, was mir schon sympathisch war.
Ich wartete auf den Beginn des Films, schielte aber auch nach rechts. Den Mann sah ich im Profil. Er wirkte gelassen und hatte seine Lippen sogar zu einem schwachen Lächeln verzogen.
Freute er sich so sehr auf den Film?
Das konnte sein.
Er bewegte seine Beine. Zwischen den Sitzreihen gab es genügend Platz, um sie übereinander schlagen zu können. Das tat der Mann auch.
Die Vorfilme waren vorbei. Es begann der Hauptfilm, und innerhalb des Kinosaals kehrte Ruhe ein, sodass ich mich auf den Film konzentrieren konnte.
Das dachte ich.
Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Und zwar durch meinen Nachbarn an der rechten Seite, denn er sprach mich mit leiser Stimme an.
»Endlich lernen wir uns kennen, John …«
***
Also doch! Er war es. Er hatte es geschafft, sich an mich heranzumachen, und ich hatte nicht einmal bemerkt, dass er es war.
Eine Antwort gab ich nicht. Dafür warf ich ihm einen Blick zu und sah, dass er seinen Mund zu einem breiten Lächeln verzogen hatte. Er sagte nichts mehr, er wartete auf meine Reaktion.
Der Film war plötzlich uninteressant geworden. Jetzt gab es nur noch das Duell zwischen uns beiden. Es konnte hier ausgetragen werden, aber auch außerhalb des Saals. Da brauchte ich nur aufzustehen und zu gehen.
Ich tat es nicht und blieb sitzen. Und ich nahm mir vor, ein wenig den Ahnungslosen zu spielen.
»Darf ich fragen, was das sollte?«
»Was meinst du?«
»Dass du mich mit meinem Vornamen angesprochen hast.«
»Bitte, John, das weißt du doch.«
»Sorry, aber ich kenne dich nicht. Ich weiß wirklich nicht, wer du bist, Mister.« Ich blieb bei meiner Linie, und ich war gespannt, was er dazu sagen würde.
»Ja, ich muss dir recht geben, du kennst mich nicht. Zumindest nicht vom Ansehen. Aber telefoniert haben wir schon miteinander. Erinnerst du dich? Erst leben, dann sterben.«
Wenn ich jetzt verneinte, dann hätte ich mich lächerlich gemacht.
»Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Du hast dich etwas ungewöhnlich ausgedrückt, und damit meine ich nicht deinen französischen Akzent, sondern den Inhalt.«
»Gut gesprochen.«
»Danke.«
Er lachte und sprach weiter. »In der Tat bin ich Franzose. Ich stamme aus Paris. Wie du weißt, ebenfalls eine Stadt mit einer gewaltigen Geschichte.«
»Da kann ich nicht widersprechen.«
»Nun ja, wer in einer derartigen Stadt gelebt hat, der bekam im Laufe der Zeit alle Strömungen mit, die diese Stadt durchlaufen haben. Unterschiedliche. Gute und auch böse, könnte man sagen. Hier trafen sich Gott und der Teufel, und man baute für Gott die mächtigen Kirchen. Aber auch den Teufel vergaß man nicht. Er wurde mehr im Untergrund verehrt, aber er war immer vorhanden. Er stand zu seinen Dienern, die ihm Opfer brachten, die aber auch viel Leid hinnehmen mussten, und deshalb nahm sich der Teufel vor, einigen von ihnen eine gewisse Macht zu geben.«
»Aha.«
»Willst du wissen, welche Macht das
Weitere Kostenlose Bücher