1833 - Das Killer-Buch
anderen Seiten gelesen.«
»Aha.«
»Aber die kannst du vergessen. Ihr Schicksal hat sie bereits ereilt. Jetzt bist du an der Reihe.«
Ich tippte auf den Umschlag. »Dann habe ich es hier wohl mit einem Killer-Buch zu tun.«
»Genau.«
»Dann würde mich interessieren, wie der Autor an meine Daten gelangt ist, denn als das Buch geschrieben wurde, da habe ich noch gar nicht gelebt. Oder denkst du anders darüber, Boulain? Wer könnte aus der Vergangenheit heraus schon so etwas über die Zukunft schreiben?«
War es der Teufel? Oder war es Luzifer, der fast so ewig war wie Gott, wobei es bei Luzifer einen Anfang gab, sein Ende aber offen war.
»Ich kenne den Schreiber nicht, bin aber davon überzeugt, dass er ein ganz Großer ist. Der Teufel eben. Zudem war das Buch lange verschollen. Ich habe es in Paris aufgestöbert und betrachte es jetzt als mein Eigentum.«
»Das kannst du meinetwegen auch.« Ich zuckte mit den Schultern. »Was hast du noch gesagt? Erst lesen, dann sterben?«
»Genau.«
»Aber was muss ich lesen, um zu sterben? Steht das auch darin?«
»Nein.«
»Schade. Denn ich könnte ja das Falsche lesen.«
»Für jeden steht das Richtige darin. Das wird auch bei dir der Fall sein.«
»Klar.« Ich dachte noch immer darüber nach, ob ich das Buch öffnen sollte.
Der Typ wartete darauf. Ich strich mit den Fingern über das alte Leder des Einbands und achtete darauf, ob sich bei meinem Kreuz etwas tat.
Da war nichts. Es gab also keine Gefahr, auf die es hätte reagieren müssen.
War das so etwas wie eine Hoffnung?
Es konnte durchaus sein, aber ich war dennoch vorsichtig. Trotz der Dunkelheit war das Gesicht meines Nebenmanns im Licht, das von der Leinwand strahlte, gut zu erkennen. So sah ich die Gier in Boulains Augen.
»Schlag es endlich auf!«, zischte er mir zu. »Mach schon, verdammt noch mal.«
Ja, ich wollte ihm den Gefallen tun, und ich fing damit an, das Buch langsam aufzuschlagen. Ich war gespannt, auf welcher Seite ich landen würde.
Dann war es geschafft. Die eine Hälfte lag auf meinem rechten Bein, die andere auf dem linken. Lesen konnte ich nichts, aber ich sah, dass die Seiten nicht voll gedruckt waren. Da gab es noch Platz, denn die Reihe der Namen lief von oben nach unten. Und die Namen waren auch nicht so lang, dass sie die gesamte Blattbreite eingenommen hätten.
Plötzlich huschte ein Lichtstrahl heran. Mein Nebenmann hielt eine winzige Taschenlampe in der Hand, und jetzt ließ er den Strahl über die Seite wandern, wobei er an einer bestimmten Stelle stoppte.
Das Licht zeigte auf einen Namen.
Ich kannte ihn.
Er hieß John Sinclair!
***
Wie hätte es auch anders sein können! Ich schluckte, ich schüttelte den Kopf und hatte den Eindruck, lachen zu müssen. Aber ich hielt mich zurück.
»Na, erkennst du, was da geschrieben steht?«
»Klar, das ist mein Name.«
»Sehr richtig, Sinclair, dein Name, und der steht da nicht umsonst. Das Buch will seine Pflicht erfüllen und dich töten.«
»Mal sehen.«
Er sprach weiter. »Gelesen hast du sie ja. Erst lesen, dann sterben. So ist das nun mal. Es ist dein Schicksal, das ich dir nicht ersparen kann. Und auch nicht will, denn ich muss den Gesetzen des Buchs folgen.«
»Wenn das so ist, dann kannst du mir sicher auch sagen, wie ich dann sterben soll. Was wird geschehen? Oder wirst du mein Mörder sein?«
»Nein.«
»Wer dann?«
Er kicherte und sagte dann: »Du hältst den Mörder bereits in den Händen, Sinclair.«
»Sprichst du von dem Buch?«
»Wovon sonst?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Nur weiß ich nicht, wie es mich töten sollte.«
»Es ist bereits dabei.«
»Bitte, was sagst du?«
»Ja, es fängt an. Es wird dich erwischen …«
Ich fragte nicht mehr weiter, denn ich sah, dass die Wörter auf den Seiten leicht verschwommen wurden. Und das lag daran, dass sich über ihnen etwas gebildet hatte, was aus dem Buch in die Höhe gestiegen war.
Rauch – Qualm …
Dunkel in seiner Farbe, noch nicht besonders dicht, aber das änderte sich schnell, denn der Qualm wurde dunkler und stieg in die Höhe.
Ich machte mir plötzlich Vorwürfe, denn ich hatte meinen Nebenmann unterschätzt und sein Buch auch.
Der dichte Rauch, der aus dem Buch stieg, raubte mir brutal den Atem …
***
Ich wollte aufstehen und weglaufen, denn es bedrohte mich ja niemand, aber das war nicht möglich, weil es jemanden gab, der mir eine Hand auf die Schulter legte und hart zudrückte.
»Du bleibst sitzen.«
Ich starrte ihn an
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