1836 - Fratze des Unheils
Nacht eine gute Deckung geben, sodass ich die Augen schließen konnte.
Ich setzte mich auf den Boden. Er war weich, auch leicht feucht, aber ich spürte im Rücken die Büsche mit ihren Zweigen, gegen die ich mich lehnte.
Auch von dieser Position aus sah ich den See. Es war spät geworden. Mitternacht musste vorbei sein, und ich fragte mich jetzt, wie lange ich warten musste, bis man mich fand und mir Fragen stellte, auf die ich keine Antworten wusste.
Dann musste ich lachen, weil ich daran gedacht hatte, dass ich ein Handy bei mir trug. Mit ihm würde ich keine Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart herstellen können.
In meiner Zeit gab es den Spiegel.
Jane Collins musste der Weg versperrt sein, sonst hätte sie längst versucht, mich von hier wegzuholen.
Zum Glück war es eine laue Nacht. Zudem ging die Sonne noch recht früh auf, und so setzte ich die Hoffnungen auf den neuen Tag, der mir eine Rückkehr ermöglichen würde.
Oder?
Etwas störte mich. Ich konnte nicht sagen, um was es sich handelte, aber es war da, denn ich erlebte wieder die Nähe des Teufels, weil sich das Kreuz meldete.
Also doch. Etwas schlich um mich herum, was ich nicht zu Gesicht bekommen hatte.
Aber es war da.
Das Kreuz hatte es gespürt, und dann sah ich es auch. Es war aus dem Wasser gekommen, denn das roch ich. Es hatte das viergeteilte Gesicht und dieses verzerrte und leicht schiefe Grinsen, das ich schon kannte.
»Was willst du?«, fragte ich.
Eric Fischer sagte nichts. Er lächelte nur. Dabei kam er näher, und in mir breitete sich der Verdacht aus, dass es sich bei ihm um keinen normalen Menschen mehr handelte. Das konnte auch nicht sein, denn er war ins Wasser gegangen.
»Komm«, sagte er nur und streckte mir seine Hände entgegen.
Ich schüttelte den Kopf. »Was soll das? Willst du mich mit ins Wasser nehmen?«
»Nein, ich bringe dich nach Hause.«
»Tatsächlich?«
»Ja, in deine Zeit. Da willst du doch hin.«
Ich gab ihm keine Antwort. Aber ich dachte auch, ob das wohl alles stimmen konnte. So recht glaubte ich nicht daran, aber was sollte ich tun? Ich musste mich in seine Hände begeben, in die Hände eines Toten, der trotzdem lebte und den man irgendwie als einen Wasser-Zombie bezeichnen konnte.
»Ich würde gern zurück in meine Zeit gehen«, sagte ich.
»Dann warte nicht länger. Die Chance bleibt nicht für immer bestehen. Ich konnte mich von der Hexe entfernen, werde aber wieder zu ihr gehen, wenn alles vorbei ist.«
»Okay, ich vertraue dir.«
»Das musst du auch.«
Ich stand auf. Um Eric Fischer zu erreichen, musste ich nur knappe drei Schritte gehen.
Er wartete auf mich. Auf seinem Gesicht, das zu einer viergeteilten Fratze geworden war, zeigte sich so etwas wie ein Lächeln. Ich dachte daran, dass mir mein Kreuz noch immer eine Warnung schickte, aber ich ließ es unter der Kleidung.
»Nimm meine Hände.«
Das tat ich nur ungern. Als ich sie umfasste, da hatte ich das Gefühl, die Hände eines Toten zu berühren. So kalt waren sie, aber sie waren nicht nass.
»Gehen wir.«
»Ach, wohin denn?«
»Lass uns gehen.«
Ich hatte dem nichts entgegenzusetzen. Und ich kam mir vor wie ein kleines Kind, das an die Hand genommen werden musste. Es passte mir nicht, aber wir gingen weiter, und wieder näherte ich mich dem See. Mir kam auch der Verdacht, dass er mich ins Wasser ziehen wollte, aber den sprach ich nicht aus.
Ich ging mit.
Ich schaute auf das Wasser. Mein Blick umfasste Teile davon, aber diese große Fläche schrumpfte plötzlich zusammen. Ich hatte auf einmal das Gefühl der Enge, als würde ich in einer Zwangsjacke stecken, etwas erwischte meine Brust und die Luft wurde mir knapp.
Ich ging noch einen Schritt, hörte die Stimme des Mannes aus dem See neben mir, und dann war die Welt verschwunden. Wir hatten das Tor erreicht und damit auch den Gang, der die beiden unterschiedlichen Zeiten verband.
Ich ging noch weiter. Oder ging ich nicht? So genau fand ich das nicht heraus, aber ich fühlte plötzlich, dass ich diesen Gang verlassen hatte, denn das, was mich umgab, war mir vertraut und schälte sich langsam hervor.
Ein Zimmer, das ich kannte, und auch eine Frau, die mich aus großen Augen anstarrte.
»John …«
Ich lachte leise. »Hallo, Jane, wie geht es dir?«
»Jetzt wieder gut.«
Ich machte noch einen Schritt nach vorn und drehte mich um, weil ich meinen Begleiter und letztendlich auch Retter sehen wollte.
Ich sah ihn.
Aber ich sah ihn nicht im Zimmer, denn
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