1839 - Besuch aus der Hölle
gebracht. Was wollte er jetzt von dir?«
Carina schloss für einen Moment die Augen. »Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht sagen. Ich komme mit seiner Logik nicht zurecht. Wir haben uns nicht gestritten. Wir haben uns auch nicht gehasst, obwohl wir unterschiedliche Interessen hatten. Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er mich töten will. Und ich kann mir ebenso wenig vorstellen, dass er tot ist und nun wieder zurückkam.«
»Das ist auch schwer, aber es ist die Wahrheit.«
»Kann sein. Nur will ich vor ihr keine Angst haben, wenn du verstehst.«
»Klar.«
Glenda überlegte. Sie konnte sich vorstellen, dass es bei der Person neben ihr einen Gedankenwechsel gegeben hatte, und sie wusste nicht, ob sie darüber froh sein sollte. Carina Dawson war unsicher geworden, was ihren eigentlichen Plan anging.
»Du hast die Begegnung vorhin als nicht so schlimm empfunden. Oder irre ich mich da?«
Carina zuckte mit den Schultern.
»Das war keine Antwort.«
»Ja, ich weiß.«
»Und weiter?«
»Bitte, nimm es mir nicht übel. Aber ich will nicht mehr. Nein, auf keinen Fall.«
Glenda war leicht verblüfft. Mit der konsequenten Antwort hatte sie nicht gerechnet.
»Aber was willst du genau?«
»Ganz einfach. Ich möchte hier in meinem Haus bleiben.«
»Aha.«
»Ja, warum auch nicht? Vielleicht habe ich das alles zu verkehrt gesehen. Ich habe meinen Mann verloren. Einen Menschen, der mich liebte. Und warum sollte er mich töten? Kannst du mir das sagen? Was habe ich ihm getan? Gar nichts. Ich bin nicht seine Feindin gewesen. Er wird mich auch nicht töten wollen, denn ich gehöre nicht zu seinen Verwandten.«
Glenda nickte. »Wenn man das so sieht, hast du recht. Dann hast du dich entschieden?«
»Ja, habe ich. Ich werde hier in meinem Haus bleiben, und ich werde auch keine Angst zeigen, wenn er mich besucht. Ich habe auch jetzt noch Vertrauen zu ihm.«
Glenda Perkins konnte dagegen nichts einwenden. Sie tat auch nichts, als Carina die Tür öffnete und aus dem Wagen stieg. Es hatte keinen Sinn, wenn sie versuchte, sie zurückzuhalten.
Was Glenda tat, interessierte Carina nicht, und Glenda wusste auch nicht, was sie unternehmen sollte. Sie steckte in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite hatte man ihr diese Person anvertraut, auf der anderen aber konnte sie sich nicht einmischen, wenn Carina ihre Freiheit haben wollte. Sie war keine Gefangene. Man konnte sie nur zu überzeugen versuchen.
Glenda saß in dem BMW und dachte nach. Dabei schaute sie über das Grundstück hinweg, ohne etwas zu sehen, was ihr negativ aufgefallen wäre.
Es war alles friedlich. Ob das so blieb, wusste sie nicht, aber sie wollte auch nicht einfach so verschwinden, ohne Carina Bescheid zu geben, und deshalb verließ sie den Wagen und ging die paar Schritte zurück. Sie hätte durch die offene Garage in das Haus gehen können, aber das tat sie nicht, sondern machte es offiziell.
Nach dem Klingeln öffnete ihr Carina die Tür.
»Darf ich?«
»Sicher, komm rein.«
»Danke.« Glenda betrat das Haus. Sie gab zu, dass es ihr etwas unwohl dabei war, aber sie konnte nicht anders, sie musste es noch mal versuchen, denn die Ruhe empfand sie als trügerisch.
»Möchtest du was trinken?«
»Nein, nein.« Glenda ging ein paar Schritte und blieb dann stehen.
Sie wollte etwas sagen, aber Carina ging vor ihr her, um ins Wohnzimmer zu gelangen.
Erst dort trafen die beiden Frauen wieder zusammen. Glenda entging der seltsame Ausdruck auf Carinas Gesicht nicht, und so fragte sie: »Was ist denn los?«
»Es hat sich etwas verändert.«
»Und was?«
»Ich habe Besuch.«
Mehr musste sie nicht sagen, denn aus dem Sessel erhob sich bereits der Besuch. Es gab dabei kein Geräusch, aber das war bei einem Zweitkörper auch nicht möglich …
***
Also doch!
Glenda hätte es sich denken können, aber sie sagte nichts in dieser Lage. Sie schaute nur zu Boden und stöhnte dabei leise auf. Jetzt war das Kind für sie in den Brunnen gefallen. Sie hatte alles versucht, um Carina auf ihre Seite zu ziehen, aber es war ihr nicht gelungen, und nun hatte sie den Salat.
»Du sagst ja nichts.«
»Ich weiß. Ich wundere mich nur noch immer über deinen Meinungswechsel. Vor Kurzem noch wolltest du ihn überfahren und jetzt …«
»Ich habe eben nachgedacht«, erklärte sie lakonisch.
»Das ist ja in Ordnung so.«
»Ich kann auch mit ihm zusammen bleiben. Ich gebe ihm wieder so etwas wie eine Heimat. Und wenn ich genauer hinschaue, dann
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