1840 - Schattenreich Atlantis
Weg.«
Ich sah nichts. Möglicherweise hatte Purdy es da besser, und so drehte ich den Kopf, um mit ihr zu sprechen.
»Siehst du was?«
»Nein.«
»Okay. Fühlst du denn etwas?«
»Auch nicht.«
Victor Fuller hatte unseren kurzen Dialog gehört. Er ließ sich nicht beirren. »Sie sind da. Ich weiß genau, dass sie da sind. Ich kann es spüren. Sie stehen vor mir, aber …« Er konnte nicht mehr sprechen. Und wich zurück.
War es wirklich eine Wand, die nur er sah? Ich wusste es nicht, ich sah nichts, ich spürte nichts, aber ich wollte trotzdem wissen, was los war. Vielleicht war es möglich, dass ich etwas spürte. Mein Kreuz konnte mir in diesen Momenten nicht helfen. Das konnte ich vergessen, es reagierte auf die atlantische Magie nicht.
Nach einem Schritt blieb ich stehen. Nichts zu spüren. Ich ging noch weiter, auch jetzt gab es keine Veränderung, die ich mitbekommen hätte. Dann ging ich noch weiter – und wusste, dass sich etwas verändert hatte.
Es lag an der Luft. Sie war kühler geworden und irgendwie auch trockener. Ich ging noch weiter vor und stellte fest, dass die Veränderung blieb.
Stand ich jetzt in der Vergangenheit?
Es war schwer für mich, dies herauszufinden. Es hatte eine Veränderung gegeben, daran gab es nichts zu rütteln. Ich drehte mich auf der Stelle und schaute jetzt in die andere Richtung. Purdy Prentiss und Victor Fuller sahen mich an.
»Und, John? Spürst du was?«
Ich nickte. »Ja, auch wenn ihr es nicht seht, hier ist es anders geworden.«
»Inwiefern?«
»Kälter. Anders eben. Auch irgendwie trockener. Das ist schlecht zu beschreiben.«
»Und sonst?«
»Sonst spüre ich nichts.«
»Keine Gefahr?«
»So ist es, Purdy.«
»Und jetzt?«
Tja, eine gute Frage. Es kam selten vor, dass sich Purdy Prentiss ratlos zeigte. Hier war das der Fall. Sie wusste im Moment nicht, was sie unternehmen sollte.
Ich sah ja, was um mich herum vorging. So konnte ich auch den Raum überblicken und sah die anderen Gäste, die aufmerksam geworden waren, denn unser Verhalten irritierte sie. Wir saßen nicht, wir gingen auch nicht weg, wir standen einfach da.
»Hast du keine Idee, John?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich möchte, dass Victor zu mir kommt. Er ist ja schon hier gewesen.«
»Gut.« Purdy wandte sich an den Mann. »He, haben Sie gehört, was John gesagt hat?«
»Ja.«
»Und?«
»Ich soll zu ihm gehen. Aber warum?«
»Tun Sie es einfach.«
Er schaute noch. Er zauderte. Er blickte sich um wie jemand, der etwas Bestimmtes sucht. Dann hatte er sich entschlossen und ging den ersten zögerlichen Schritt auf mich zu. Ich tat ihm nicht den Gefallen und ging ihm entgegen. Ich blieb stehen, erwartete ihn und schaute in sein Gesicht, das einen starren Ausdruck angenommen hatte.
»Na, kommen Sie schon …«
Er kam näher. Ich sah den kalten Schweißfilm auf seinem Gesicht, das Zittern seiner Lippen und streckte ihm eine Hand entgegen. Warum er sich so benahm, wusste ich nicht. Es war möglich, dass er andere Empfindungen besaß als ich, und deshalb reagierte er auch anders.
»Keine Sorge, ich bin bei Ihnen«, sagte ich.
Er nickte nur.
»Es ist nur noch ein Schritt.«
Es war für ihn schwer, ihn zu gehen. Er kämpfte gegen seine Furcht an. Nur wenn er sie überwand, hatte er die Chance, zu mir zu gelangen.
Und das tat er.
Ich griff zu, zog ihn zu mir heran. Dann ließ ich ihn los und schaute ihm in die Augen. Darin flackerte es. Der Blick war durch die Angst gezeichnet, und ich wollte wissen, wie es ihm ging. Er reagierte nicht auf meine Frage, sondern schnitt ein anderes Thema an.
»Sie sind da.«
»Ach? Wer ist da?«
»Die Anderen. Die Gefährlichen. Die von der fremden Seite. Ich – ich – kann sie spüren.«
»Beruhigen Sie sich. Wir sind hier, um Ihnen zu helfen. Und das werden wir auch schaffen.«
»Nein, das geht nicht. Die andere Seite ist zu stark. Die ist wie ein Sog, der nicht aufhört.«
»Spüren Sie ihn?«
»Klar.«
»Und haben Sie einen Verdacht, von wem dieser Sog ausgehen könnte?«
Er bewegte zuckend seinen Kopf und sagte dann: »Nein, den habe ich nicht. Tut mir leid. Keinen Verdacht.«
»Das ist okay. Es wäre auch zu viel verlangt und …« Ich hörte auf zu sprechen, denn ich sah, dass sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Etwas war geschehen, und das bekam auch ich zu sehen. Ich konnte nur nichts daran ändern, obwohl ich direkt vor dem Mann stand.
Dessen Gestalt löste sich auf. Es sah so aus, als wollte er im Hintergrund
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