1843 - Die Falle der Sensenfrau
acta.«
»Aha. Meinst du, dass wir Sariel noch in die Hände bekommen werden, um es mal vornehm auszudrücken?«
»Das hoffe ich.«
»Gut.« Suko nickte. »Dann könnte unser Freund Julian so etwas wie ein Türöffner sein. Oder man kann auch Lockvogel sagen.«
»Wenn du so willst, ich habe nichts dagegen. Wir werden noch besser auf ihn achtgeben müssen.«
»Ja, das meine ich auch.«
Es war nicht mehr weit, dann hatten wir die Tür erreicht, die zu Julians Zimmer gehörte. Wir waren vornehme Menschen und wollten uns anmelden, deshalb klopfte ich auch an.
Es gab keine Reaktion.
Jetzt klopfte Suko.
Auch beim zweiten Versuch hörten wir keine Stimme hinter der Tür. Und als wir uns anschauten, da sahen wir nicht eben locker aus.
Ich wartete keine Sekunde länger und öffnete die Tür.
Wir schauten in das Zimmer.
Dabei sahen wir alles, nur nicht den Bewohner, denn der war verschwunden …
***
Das war die Situation, in der man sich Vorwürfe machen konnte. Wir taten das nicht und schauten uns nur stumm an, bevor wir die Schwelle überschritten.
Ja, das Zimmer war leer. Daran gab es nichts zu rütteln. Wir konnten uns auch nicht vorstellen, dass Julian den Raum freiwillig verlassen hatte, dann hätten wir ihn möglicherweise auch gesehen, aber das waren nur Gedankenspiele.
Was tun?
Ich ging meine Runde, schaute ins Bad und aus dem Fenster, während Suko an der offenen Tür stehen blieb. Sein Gesicht sah aus wie aus Holz geschnitzt. Auch er war enttäuscht.
»Wo kann er sein?«, floss es leise über meine Lippen.
»Wir sind keine Hellseher, John.«
»Richtig. Ich frage mich allerdings, ob er allein gegangen ist oder geholt worden ist.«
»Da käme nur Sariel infrage.«
»Genau.«
»Glaubst du denn daran, dass er hier ist? Praktisch in der Höhle des Löwen?«
Ich musste lachen. »Dem traue ich alles zu. Er ist eine Person mit großer Macht.« Ich klopfte gegen die Scheibe. »Das hier ist zwar so etwas wie die Höhle des Löwen, aber Sariel ist so stark, dass ihm dies nichts ausmacht.«
»Okay. Das müssen wir einsehen. Stellt sich die Frage, wie wir jetzt vorgehen sollen.«
»Noch müssen wir nachdenken. Ich denke, dass uns Ignatius dabei helfen kann.«
»Dann ruf ihn an.«
»Mache ich auch.«
Sehr bald hörte ich die Stimme des Chefs der Weißen Macht. Er ahnte schon etwas, denn er fragte: »Gibt es Probleme?«
»Ja. Julian ist verschwunden.«
Ignatius schwieg. Sein Atmen war zu hören. Dann fragte er mit leiser Stimme: »Wie ist das möglich?«
»Wir wissen es nicht. Wir wollten zu ihm. Sein Zimmer ist leer, und wir glauben nicht, dass er von allein das Weite gesucht hat.«
»Also entführt?«
»Das denke ich.«
»Und einen Verdacht, wo er sein könnte, den habt ihr nicht? Oder doch?«
»Ich muss deine Hoffnung enttäuschen, Ignatius«, sagte ich, und es tat mir selbst leid, so zu sprechen. »Aber wir wissen auch keinen Bescheid. Es gibt einen Verdacht.«
»Sariel?«
»Klar.«
Wieder atmete Ignatius scharf. »Dann ist er hier eingedrungen.«
»Davon gehen wir aus.«
Ich hörte ihn stöhnen, bevor er sagte: »Okay, wir werden sehen. Jedenfalls ist das ein Grund für euch, zu bleiben.«
»Das glaube ich auch.«
»Gut, wir sehen uns.«
Das Gespräch war vorbei, und Suko blickte mich fragend an. »Und? Was hast du herausgefunden?«
»Nichts. Ignatius weiß auch nicht mehr.«
»Das habe ich mir gedacht – leider.«
***
Julian hatte den Eindruck, sein Mund würde austrocknen. Er sehnte sich nach einem Schluck Wasser, aber davon konnte er nur träumen.
So blieb er stehen und versuchte, sich die Frau etwas genauer anzuschauen. Er sah dunkles, halblanges Haar und ein fremdes Gesicht, das ihm trotzdem irgendwie bekannt vorkam.
Er sah die nackten Schultern und das Trikot, das diese Person trug. Es bedeckte die beiden Brüste, es reichte bis zu den Schenkeln und auf den nackten Beinen lag der Griff der Sense, den die Hände umfassten.
Das alles war ein Bild, mit dem Julian nicht gerechnet hatte. Er merkte, dass sein Herz schneller schlug, und er erlebte auch die Stille um sich herum. Da war niemand, der sprach. Es gab auch kein Knurren der beiden Bestien. Sie waren sowieso nicht zu sehen, und Julian befand sich in einer ganz anderen Umgebung.
Wieder starrte er das Gesicht an.
Und er fand endlich den Mut, eine Frage zu stellen. »Wo bin ich hier?«
Er sah, dass die Frau den Mund öffnete. Zuerst hörte er ein Lachen, dann bekam er die Antwort. »Du bist bei mir.«
Erst hatte er
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