1844 - Bei Ebbe kam der Tod
Körpermitte. Er kippte nach hinten und fiel nicht direkt zu Boden, sondern hinein in ein Gesträuch, das neben dem Mönch wuchs.
Es minderte die Wucht des Aufpralls. Aber Heinz hatte andere Sorgen. Es war eine schlechte Lage. Er konnte sich nirgendwo abstützen, um wieder auf die Beine zu gelangen. Die Zweige gaben immer unter ihm nach.
Und sein Leichen-Cousin hatte sich etwas einfallen lassen. In der rechten Hand hielt er einen Stein. Den Arm hatte er angehoben. Es war klar, was er vorhatte. Er würde den Stein werfen und damit den Kopf des Mannes treffen.
Er lachte schon.
Bei Heinz Becker zog sich der Magen zusammen. Er wusste nicht, wie er aus der Lage herauskommen sollte. Die Zweige hielten ihn nicht mehr. Er war zu Boden gesunken, und die Vorstellung, mit zerschmettertem Schädel auf dem Boden zu liegen, gefiel ihm nicht. Was er tun sollte, wusste er nicht.
Schreien oder …
In diesem Augenblick geschah es. Etwas Helles schnitt durch die Luft, und Heinz Becker hatte das Gefühl, ein Engel wäre vom Himmel auf die Erde gefallen.
Der Lichtstrahl hatte sich ein Ziel ausgesucht. Das war das Gesicht des Zombies.
Eine scharfe Männerstimme sagte: »Eine Bewegung, und dein Kopf zerplatzt wie eine Seifenblase!«
***
Ich hoffte, dass der Zombie meine Worte verstanden hatte. Neben mir hörte ich das heftige Atmen des Kommissars, und ich hätte auch geschossen und dieser lebenden Leiche eine geweihte Silberkugel in den Schädel gejagt. Aber jetzt sah ich, dass meine Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren, denn Hajo Becker warf den Stein nicht.
Stattdessen bewegte er den Kopf und suchte nach mir. Er wollte den Sprecher entdecken, doch ich hatte mich gut an einer dunklen Stelle verborgen, und das Licht meiner Taschenlampe blendete ihn.
Dann trat ich aus meiner Deckung hervor und ging auf ihn zu.
Kommissar Kums kam von der anderen Seite und hielt eine Pistole in der Hand. Auch deren Mündung zeigte auf den Zombie.
Ich war schneller bei Hajo Becker und riss ihm den Stein aus der Hand. Erst dann senkte ich die Waffe.
Hinter mir quälte sich Heinz Becker auf die Beine. Er wollte sich bei mir für die Lebensrettung bedanken, doch ich winkte ab.
»Hören Sie auf. Sie haben überlebt, und ich kann Ihnen noch einen Wunsch erfüllen.«
»Welchen denn?«
»Wollen Sie Ihren Cousin erschießen?«
»Ich habe keine Waffe.«
»Ich gebe Ihnen meine Beretta.«
Heinz Becker schaute etwas verunsichert.
»Und dann?«, fragte er.
»Ihr Cousin ist ein Zombie, kein Mensch. Denken Sie daran. Meine Waffe habe ich mit geweihten Silberkugeln geladen. Sie sind absolut vernichtend.«
»Das habe ich verstanden.«
»Möchten Sie schießen?« Mir war klar, dass ich viel von ihm verlangte. Er überlegte auch, schnaufte und schüttelte sich. Es verging einige Zeit, bis er sich entschlossen hatte. Er sagte: »Hajo hätte mich eiskalt getötet.«
Ich nickte. »Das stimmt.«
»Dann geben Sie mir die Waffe, bitte«, sagte er mit kratziger Stimme.
Ich überreichte sie ihm. Man musste kein großer Menschenkenner sein, um zu wissen, dass es ihm nicht leicht fiel, auf den Mann zu schießen, der sein Cousin war. Er sah aus wie ein Mensch, er war aber trotzdem ein Zombie, das musste sich Heinz Becker immer vor Augen halten, auch wenn es schwierig war.
Becker umklammerte die Pistole fest. Er bemühte sich, das Zittern seiner Finger zu unterdrücken. Wir hörten ihn schnaufen, und wir sahen auch in die Augen des Zombies, die so klar waren.
Klar und kalt!
Dieser Blick wies darauf hin, dass er keine Gnade kannte. Sie war für ihn ein Fremdwort.
Heinz Becker schaute mich an.
Ich nickte.
Dann blickte er in das Gesicht des Kommissars.
Der nickte auch.
Nur einer nickte nicht. Das war Hajo Becker. Der lachte sogar. Und genau das regte seinen Cousin auf.
Heinz Becker drückte ab. Und er schoss genau in das Gesicht der untoten Gestalt. Die Kugel zerstörte die Nase und einen Teil des Mundes und blieb irgendwo im Schädel stecken.
Hajo trieb es zurück. Es schien, als wäre der Mönch ein Magnet und der Getroffene das Eisen. Er prallte gegen die Figur, fiel halb hinein und bewegte sich nicht mehr.
Er war tot. Und so hatte der Mörder-Mönch es geschafft, noch ein letztes Opfer zu sich zu holen …
***
Noch vor Mitternacht hatten es alle Gäste geschafft und sich in der Bar getroffen. Auch die Bösings waren dabei und Claasen senior ebenfalls. Er trug einen Verband um den Kopf, der bei ihm fast schon wie ein Turban wirkte.
Ja, wir
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