1844 - Bei Ebbe kam der Tod
Person, die noch einen Schritt vorging.
Anette wollte zurück. Einen Schritt schaffte sie auch, dann hatte sie Pech. Was da im Gras lag und sie stolpern ließ, wusste sie nicht. Jedenfalls kippte sie nach hinten und hatte so viel Schwung, dass sie sich nicht halten konnte. Sie verlor das Gleichgewicht, fiel zurück und stürzte rücklings auf den Rasen. Sie schlug mit dem Hinterkopf auf, und einen Moment später kreisten Sterne vor ihren Augen.
Dann sah sie verschwommen, dass sich der lebende Tote in Bewegung setzte. Für einen Moment stieg die Angst in ihr hoch, dass der andere sie einfach zertreten könnte. Das trat nicht ein. Er hatte etwas anderes vor und ging an ihr vorbei …
***
Beide Männer hatte es nicht geschafft, Anette Bösing zurückzuhalten. Heinz Becker konnte es nicht fassen.
»Ist sie denn verrückt?«
Georg Bösing lachte auf. »Sie kennen meine Frau nicht. Die hat einen Dickkopf. Wir kommen aus dem Münsterland. Da sind die Menschen so.«
»Aha.«
Georg Bösing verließ das Zimmer ebenfalls. Er hatte gesehen, dass seine Frau nach rechts gegangen war. Dorthin schaute er, und er sah nicht Anette, sondern den lebenden Toten. Und hinter ihm lag seine Frau auf dem Rasen.
Der lebende Tote ging an ihr vorbei. Sein Ziel war Georg und die hinter ihm stehende offene Tür. Oder auch Heinz Becker, der sich nicht nach draußen getraut hatte und in der offenen Tür stand.
Er blickte an Georg Bösing vorbei, der plötzlich seinen Mut zurückgefunden hatte. Er griff die lebende Leiche an, schlug in deren Gesicht und hoffte, dass er sie stoppen konnte.
Er schaffte es nicht. Dafür bekam er einen Tritt in den Leib, der ihn in die Knie zwang.
Heinz Becker hörte ihn stöhnen, dann sah er, wie der Mann einen zweiten Tritt kassierte, der in seinem Gesicht landete, sodass er nach hinten kippte und ebenso liegen blieb wie seine Frau.
Genau das hatte der Zombie gewollt. Denn jetzt hatte er freie Bahn zu seinem Opfer hin …
***
Ich hatte das Hotel wieder erreicht und hörte aus dem neu gestalteten Nebenraum Stimmen. Zwei Männer unterhielten sich. Beide kannte ich. Der eine war Claas Claasen, der andere Mann hörte auf den Namen Heiko Kums und war Kommissar.
Ich ging zu den beiden.
»Oh, du bist es«, sagte der Hotelier. »Ich bin froh, dass du zurück bist.«
»Warum?«
»Wir kommen nicht so recht weiter. Dabei wissen wir ja beide, um was es geht. Hast du Neuigkeiten?«
»Ja, aber ich kann auch nicht viel sagen. Ich weiß nur, dass er unterwegs ist.«
Der Kommissar senkte den Blick. »Das ist nicht gut«, fasste er zusammen.
Das war mir auch klar. Ich wollte nur herausfinden, wo man ihn suchen musste, und da lag es auf der Hand, dass mir eine Frage einfiel, die ich auch sofort stellte.
»Sind denn alle, die es angeht, an Bord?«
»Im Hotel, meinst du?«
»Ja.«
Claasen schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht, aber Heinz Becker war hier.«
»Gut.« Ich krauste die Stirn. Um ihn ging es schließlich. »Ist er jetzt wieder weg?«, wollte ich wissen.
»Ja.«
»Wohin ist er gegangen?«
»Er wollte zu den Bösings und sich bei ihnen bedanken. Er hat hier eine Flasche Champagner gekauft und sie mitgenommen.«
Mir schwante so einiges. Ich fragte: »Und in welchem Zimmer wohnen die Bösings?«
»Nicht hier im Haus. Wir haben noch Häuser, die wir zwar vermieten, die uns aber nicht gehören.«
»Aha.« Mir ging ein Licht auf. »Und wo?«
»Die Bösings wohnen ganz in der Nähe. Wenn du den Hinterausgang nimmst, dann dich sofort nach links wendest und bei der nächsten Abbiegung wieder nach links gehst, bist du praktisch da.«
Ich sagte nichts. Dafür schaute ich Kommissar Kums an. Der hielt seinen Blick gesenkt, doch ich war mir sicher, dass auch seine Gedanken sich in eine bestimmte Richtung bewegten.
Ich sprach aus, was ich dachte. »Diese Zombie-Gestalt ist unterwegs, um Heinz Becker zu suchen. Dann kann es durchaus sein, dass sie ihn verfolgt hat und sich jetzt dort aufhält, wo auch er zu finden ist. Oder liege ich da falsch?«
Der deutsche Kollege kam mir zu Hilfe. »Bestimmt nicht.«
»Wunderbar.« Ich rieb kurz meine Handflächen gegeneinander. »Kommen Sie mit zu dem Haus, in dem die Bösings wohnen?«
Heiko Kums nickte heftig. »Und ob ich das tue.«
***
Heinz Becker war nach Sylt gefahren, um mehr über seinen Cousin herauszufinden. Und das war ihm auch gelungen. Dass es aber so enden würde, das hätte er niemals gedacht. Plötzlich sah er sich in die Defensive gedrängt. Es
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