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1846 - Kreise

Titel: 1846 - Kreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Sförmig’geschwungenegroße Regal, auf dem ihr Spielzeug gestapelt war. Die Arme hatte sie auf den Oberschenkeln aufliegen, die Finger um die zerfledderten Überreste einer Puppe verkrampft. Nur hin und wieder, wenn ein Schluchzen sie durchfuhr, zerrte die Sechsjährige erneut an der malträtierten Figur.
    „Ilara, bei allem Wohlwollen, es reicht!" Ihre Mutter riß die Tür auf und funkelte sie zornig an. „Ich warte nur noch auf dich."
    Keine Reaktion. Auch nicht, als Dindra Clandor sich unmittelbar vor ihrer Tochter aufbaute. Illie schien sie einfach nicht wahrzunehmen.
    Dindra griff zu, wollte das Mädchen am Arm hochziehen. Aber die Kleine machte sich schwer wie ein Stein, schüttelte die Hand ihrer Mutter mit einer jähen Bewegung ab.
    „Laß mich!" stieß sie dumpf hervor.
    Dindra schüttelte den Kopf.
    „Ich habe gesagt, daß wir beide kommen, und genau das werden wir tun. Perikles ist ein netter Junge in deinem Alter, „Perikles ist blöd, bäh! Ich mag ihn nicht sehen."
    Illie warf sich herum, wälzte sich bäuchlings auf die Liege und auf die zerfledderte Puppe, die sie nach wie vor mit beiden Händen umklammerte.
    „Ich habe endgültig genug von deinen Macken. - Vergiß ihn!" Dindra hatte ihre schlichte Not, das Mädchen herumzuziehen. Aber irgendwie schaffte sie es, und sie brachte sogar das Kunststück fertig, Ilara die Puppe zu entwinden. Besonders gut fühlte sie sich nicht dabei, schon gar nicht angesichts des verweinten Gesichts ihrer Tochter, doch es gab Wichtigeres, als einer kurzen Episode nachzutrauern.
    „Nein, nicht!" kreischte Illie. „Gib ihn mir zurück! Mum, ich ..."
    „Endgültig Schluß", beharrte Dindra. „Ich werfe ihn in den Müllschlucker, und hoffentlich wirst du danach wieder normal."
    Vlies Stimme überschlug sich schier. „Das ist Jack!"
    Und wennschon. Dindra zuckte nur mit den Achseln. „Der richtige Jack ist fort, Illie, damit mußt du dich abfinden. Niemand hat ihn in den letzten beiden Tagen gesehen, keiner hat mehr etwas von ihm gehört. Er ist so spurlos verschwunden, wie er kam. Wahrscheinlich hat er Olymp längst verlassen."
    Heftig schüttelte das Mädchen den Kopf. Das Lockenhaar peitschte von einer Seite zur anderen.
    „Ich weiß, daß er noch da ist, Mum. Ich fühle es. Jack braucht mich." Heftig schluchzend ließ Illie sich zur Seite sinken.
    Dindra beugte sich über sie, strich ihr sanft übers Haar und dann mit dem Handrücken über die Wangen.
    Es tat ihr schon wieder leid, daß sie so schroff gewesen war.
    „Dad hat versprochen, daß wir gemeinsam nach Jack suchen werden", brachte Illie stockend hervor. „Er hat sein Wort nicht gehalten. Jack hätte Wort gehalten, ich weiß es."
    Die Anklage war bitter. Wie ein Stich zwischen ihre Rippen, dort, wo das Herz saß. In dem Moment hätte Dindra Clandor viel dafür gegeben, wäre es ihr irgendwie möglich gewesen, den kleinen Freund ihrer Tochter zurückzuholen. Doch sie mußte sich eingestehen, daß sie nichts über ihn wußte - und seltsam, sie fragte noch immer nicht danach, wer dieser hilfsbedürftige Junge wirklich gewesen war, den sie zwei Wochen lang wie ihr eigenes Kind und Ilaras Bruder behandelt hatte. Sie hatte ihm einfach helfen müssen, ohne ihn zu kennen, und er war rasch gewachsen.
    Vergeblich versuchte sie, sich zu erinnern. Zwei Tage nur, aber schon hatte sie Jacks Aussehen vergessen.
    Es war nicht weiter wichtig.
    Sie sagte Illie, daß ihr Vater momentan sehr viel Zeit in der Transmitterstation verbringen mußte. Immer noch waren die Medien voll von Berichten und Spekulationen über das in der Zeit versetzte Solsystem. Obwohl die Situation sich langsam wieder zu normalisieren schien: In den ersten Tagen nach dem Verschwinden Terras hatten sich Tausende von Containern angesammelt, die Transmitterverbindungen von Olymp waren dem Zusammenbruch nahe gewesen.
    „... Ron wird mit dir sehr viel unternehmen, sobald er nicht mehr den ganzen Tag zu arbeiten hat. Das verspreche ich dir, Illie, wirklich."
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    „Du bist doch sonst vernünftig", fuhr Dindra fort.
    „Ich - will - Jack!"
    „Quälgeist!" Dindra legte ihrer Tochter die zerfledderte Puppe ans Gesicht. Na gut, mit sehr viel Phantasie konnte man wirklich annehmen, daß die Puppe Jacks Züge besessen hatte.
    Wie ein Blitz fuhr Ilara herum, so schnell, daß ihre Mutter förmlich zusammenzuckte. Die Puppe flog in hohem Bogen hinüber zum Abfallvernichter, verfehlte ihn lediglich um wenige Zentimeter. Mit

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