185 - Die drei Gesichter des Todes
Man legte mich auf eine Trage und deckte mich zu. In einem großen Raum - jedes Geräusch hallte - war ich dann eine Weile allein.
Juan Avilas, Kezal, dieses Gefängnis… Das war schon fast Vergangenheit, lag schon beinahe hinter mir. Vor mir lag die Freiheit.
Ich würde mich nach meiner »Exhumierung« in irgendeiner schmuddeligen Bar verstecken und Vicky anrufen. Die Nummer konnte ich von Lee Shackleford kriegen, wenn ich behauptete, für die Inselzeitung zu arbeiten und die bekannte Autorin interviewen zu wollen.
Vicky würde mit dem Leihwagen kommen und mich zu sich holen. Es trennte mich nicht mehr viel von all dem.
Sie brachten einen Sarg. Bestimmt war es kein Prunkstück. Dr. Servantes trieb meinen Abtransport voran. Bestimmt hatten sie es normalerweise nicht so eilig, einen verstorbenen Häftling unter die Erde zu bringen.
Ich wurde in den Sarg gelegt, der Deckel kam drauf und wurde verriegelt. Selbst wenn man scheintot ist, ist es ein scheußliches Gefühl, in so einer Totenkiste zu liegen.
Nachdem sie mir diesen »Holzpyjama« verpaßt hatten, trugen sie mich aus dem großen Raum und eine Treppe hinunter. Vor einem Hinterausgang wartete ein Kastenwagen auf mich.
Sie schoben den Sarg hinein und fuhren gleich los.
Die Katatonie nahm allmählich ab, meine Muskeln verloren ihre Starre, die Kälte zog sich langam aus meinem Körper zurück, Puls und Herzschlag normalisierten sich.
Jetzt hätte ich auch wieder sehen können, wenn sich über mir nicht der Sargdeckel gewölbt hätte. Die Schwärze um mich herum blieb.
Meine »Letzte Fahrt« dauerte nicht lange.
Wir erreichten den Friedhof, von dem Horace Vargas gesprochen hatte. Der Kastenwagen hielt an, und ich wurde wieder getragen. Für alle Fälle schien auf dem Gottesacker stets ein Grab bereitgehalten zu werden.
Sie versenkten meinen Sarg im engen Schacht, und der Totengräber schaufelte sofort Erde drauf. Als die erste Ladung auf den Deckel hämmerte, zuckte ich nervös zusammen.
Ich wurde lebendig begraben!
Ein verdammt mulmiges Gefühl ergriff von mir Besitz. Diese Männer wußten nicht, daß sie einen lebenden Mann einbuddelten. Sie waren nicht eingeweiht.
Wenn ich gerufen hätte, hätten sie mich sofort hochgeholt - und ins Gefängnis zurückgebracht! Das wäre nicht in meinem Sinn gewesen, deshalb preßte ich die Kiefer zusammen und ertrug Schaufel um Schaufel.
Man füllte nicht das ganze Grab.
Sobald der Sarg unter einer dünnen Erdschicht verschwunden war, legte der Totengräber eine Pause ein. Meine Körperwärme füllte die Totenkiste.
Ich schwitzte, und es wurde allmählich stickig.
Wie lange würde der Sauerstoff reichen? Wo waren die Leute, die mich wieder ausbuddeln sollten? Würden sie mich bald aus meiner miesen Lage befreien?
Wenn ich an Klaustrophobie gelitten hätte, wäre ich in dem engen Sarg entweder wahnsinnig geworden oder umgekommen. Wieder mußte ich warten, und ich konnte nur hoffen, daß Horace Vargas’ Freunden nichts in die Quere kam, das sie daran hinderte, den Sarg aus der Grube zu heben.
***
Xematha wußte, daß Juan Avilas keinen Erfolg gehabt hatte. Da sie mit ihm noch in Verbindung stand, erfuhr sie, was mit Tony Ballard geschah.
Sie ließ daraufhin von Avilas ab und bereitete sich auf die Übernahme von Tony Ballard vor.
Esteban Orgas und Carlos Mendoza sollten sich weiter um Ballard kümmern. Der eine saß in der Krone eines alten Baumes, hielt ein Fernglas vor die Augen und berichtete dem anderen, was er sah.
»Jetzt lassen sie den Sarg hinunter.«
Mendoza hockte auf der Motorhaube des alten, unscheinbaren Seat und schaute zu Orgas hoch. »Hoffentlich graben sie ihn nicht gleich ganz ein. Ich habe keine Lust, mich abzurackern.«
»Aber das Geld nimmst du dafür.«
»Warum nicht? Geld nehme ich immer.«
»Auf dieser Welt wird einem nichts geschenkt«, sagte Orgas. »Es steht schon in der Bibel: Im Schweiße deines Angesichts…«
»Verschone mich mit Bibelsprüchen«, brummte Mendoza unwillig. »Wenn ich mir mein Brot im Schweiße meines Angesichts verdienen wollte, hätte ich auf der Bananenplantage bleiben können. Dort gab es viel Arbeit und wenig Geld.«
»Die Männer, die den Sarg gebracht haben, kehren zu ihrem Wagen zurück!« berichtete Orgas.
»Wunderbar, und was tut der Totengräber?«
»Er hat noch ein paar Schaufelladungen ins Grab geworfen, und nun trollt er sich«, informierte Orgas den anderen.
Der Kastenwagen entfernte sich, und Orgas stellte fest, daß der Totengräber
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