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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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niemanden etwas an. Auch dich nicht, Kriegerin.«
    Schweigend betraten sie den Roodtren durch Wagen 16. Die Ruhe im Inneren des Zuges wirkte ungewöhnlich. OZZ fühlte sich nunmehr, da er menschenleer war, tot und entseelt an.
    »Was machen wir mit den Gästen in Wagen Nummer 1?«, fragte Aruula. »Es wäre gut, wenn ich den Roodtren für mich alleine hätte, um die Schäden in aller Ruhe zu begutachten.«
    Aluur blickte sie erschrocken an. »Das würde der Rabbadaag niemals erlauben. Diese Wesen sind unantastbar. Wir wagen es niemals, sie um etwas zu bitten, geschweige denn, sie ihres Wagens zu verweisen.«
    Aruula schluckte ihre Erwiderung herunter. Der Junge war, wie wohl die anderen Reisenden des Roodtrens auch, vom Aberglauben befallen. Niemand, mit dem sie sich bislang unterhalten hatte, wusste etwas über den Wagen ganz vorn.
    Jene Wesen, die sich darin verbargen, bestellten niemals etwas zu essen, sie waren nicht zu hören, sie stellten keine Fragen.
    Pünktlich zu Vollmond lag ein Beutel mit ausreichend Gold vor dem einzigen Zugang ihres Abteils. Und das, man mochte es nicht glauben, seit mindestens siebzig Jahren!
    »Also gut«, sagte Aruula schließlich, »dann wollen wir mal…«
    Die Barbarin reichte Aluur eine Paraffinlampe und hieß ihn, dunkle Ecken in den einzelnen Wagen auszuleuchten. Sie machte sich geistige Notizen, wo welche Schäden auftraten, was repariert und erneuert gehörte. Gitter vor den Fenstern waren genau so Gegenstand ihrer Betrachtungen wie Fahrzeugkupplungen, Schutzabdeckungen um die Dampfkessel, hölzerne Balustraden oder wurmzerfressene Abwehrstellungen auf den Dächern. Selbst die Plastiflex-Räder, angeblich unzerstörbar, nahm sie in Augenschein.
    Aruula beendete die schweißtreibende Arbeit erst, als die Dunkelheit hereinbrach und die Händler vom Basar zurückkehrten. Manche trugen ein glückseliges Lächeln auf den Lippen, während andere mürrisch die Türen ihrer Abteile hinter sich zu warfen. Frannys Mädchen würden in einem flugs aufgestellten Zelt nächtigen. Der männliche Teil der Einwohnerschaft Toons hatte heute wohl Ausgang. Morgen würde sich der Großteil von ihnen das Fell von allein gelassenen Ehefrauen gerben lassen müssen.
    »Wie sieht’s aus?«, rief ihr der Rabbadaag vergnügt entgegen. Er stank nach Fusel. »Nein – sag nichts! Wir verschieben unsere Besprechung auf morgen. Ich möchte mir den heutigen Abend durch nichts verderben lassen.«
    »Wir verlieren dadurch wertvolle Stunden«, erwiderte Aruula. »Wenn du heute meine Vorschläge absegnest, können bereits morgen früh die notwendigen Arbeiten begonnen werden.«
    »Ich sagte: morgen!« Ezio schielte sie böse an. »Die Einwohner von Toon veranstalten uns zu Ehren ein Fest. Es kann gesoffen und gefressen werden, bis uns schlecht wird. Genießen wir den Tag, genießen wir das Leben!«
    Er schrie es so laut hinaus, dass alle Frauen und Männer der Umgebung es hören mussten. Hurra-Rufe wurden laut.
    Aruula wandte sich verärgert ab. Es gab nichts mehr zu sagen. Sie musste sich glücklich schätzen, wenn es ihr gelang, einige Männer für einen geregelten Wachbetrieb vom geplanten Fest fernzuhalten.
    Die Kriegerin schüttelte den Kopf über so viel Unvernunft, blickte über die Köpfe der Händler hinweg auf die Palisaden des Dorfes und dachte an die verkohlten Häuser im Zentrum.
    Konnte es sein, dass die Freundlichkeit der Menschen hier nur eine Fassade war? Würden sie des Nachts ihre wahren Gesichter zeigen?
    ***
    Betrunkene wankten durch das Dorf und grölten im Schein der Lagerfeuer vor sich hin. Musik, die Aruula unsäglich fremd war und aus langen Hörnern hervorquoll, ließ sie frösteln.
    Frauen und Männer, die sich etwas beweisen wollten, marschierten über glühende Kohlen oder ließen sich in Gruben gleiten, die voll waren mit jenen Tieren, die die Barbarin in der Wüste zu fürchten gelernt hatte. Skoopins hießen sie, wie sie mittlerweile wusste; die äußerlich nicht von den Weibchen zu unterscheidenden Männchen sonderten ein Gift ab, das zu schweren Lähmungserscheinungen oder gar zum Tod führen konnte.
    »Na – hast du dich endlich davon überzeugt, dass uns die Tooner nichts Böses wollen?«, begrüßte sie der Rabbadaag nahe dem Hauptfeuer. Er wankte schwer, seine Hose hing ihm bis über die Knie hinab, und er stank wie ein brünstiger Wakuda-Bulle.
    »Ich bin nur gekommen, um für die anderen Wachen Essen und Trinken zu holen«, antwortete Aruula kühl. Sie ließ Ezio stehen

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