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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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wusste sie, dass sie den Maa’or vor sich hatte. Hatte sie bislang noch irgendwelche Zweifel gehegt, ihrem Quäler ein zweites Mal gegenüber zu stehen, so verflogen sie in diesen Momenten.
    Aruula zog ihr Schwert halb aus der Scheide, ignorierte die Angstgefühle und marschierte schnurstracks auf die beiden Männer zu.
    »Ich dachte, du seist tot?«, fragte sie quer über den Platz.
    »Durch welche Zauberei hast du überlebt, und wie bist du hierher gelangt?«
    Die Gespräche ringsum endeten, die Aufmerksamkeit aller war nun auf sie gerichtet. Es wurde so still, dass Aruula meinte, die Atemzüge der Menschen schmerzhaft laut zu hören.
    Der Maa’or wandte sich ihr zu, musterte sie, tat so, als erkenne er die Barbarin nicht wieder.
    »Du musst Aruula sein«, sagte er mit dieser sanften, so verhassten Stimme. »Ich habe nur Gutes über dich vernommen. Sag mir, warum…«
    »Auf deine Schmeicheleien falle ich kein zweites Mal herein«, unterbrach ihn die Barbarin. Die Wut gewann endgültig die Oberhand, unterdrückte jegliches Angstgefühl.
    Kurz flammte der schreckliche Gedanke in ihr auf, dass sie der Täuschung einer Traumwelt unterlag. Doch so rasch, wie sie gekommen war, verwehte diese Idee wieder. Der Mann war so real wie Sand und Felsen rings um sie.
    »Ich werde dich ein zweites Mal töten, damit dieser Albtraum ein Ende hat!« Sie riss das Schwert endgültig aus der Scheide, stürzte sich blindlings auf den Mann, brüllte seinen Namen in die Welt hinaus. Einen Namen, an den sie nie mehr hatte denken wollen.
    »Stirb, Moogan!«
    10.
    »Die beiden benötigen endlich Namen«, sagte der Vater.
    »Auch wir brauchen seit Jahrzehnten keine mehr«, widersprach der Großvater. »Namen sind Schall und Rauch, ohne jegliche Bedeutung.«
    »Die Zwillinge werden bald mit den Menschen in Toon zu tun haben«, flüsterte der Sohn, der sich einmal mehr mit den Garnknäueln beschäftigte. Manche von ihnen schienen ein seltsames Eigenleben zu entwickeln.
    »Seit fünf Jahren ertrage ich diese Bälger und halte sie von den Fäden fern«, zeterte der Älteste. »Sie sind schlecht, und sie sind es nicht wert, Namen zu erhalten.«
    »Sie sind Kinder«, widersprach der Vater. »Sie können noch nicht zwischen Gut und Schlecht unterscheiden. Deswegen ist es höchste Zeit, dass wir sie ins Dorf hinab bringen und ihnen andere Menschen vorstellen. Ich befürchte ohnehin, dass wir keine allzu guten Eltern für die beiden Jungen abgeben.«
    »Dann weg mit den Knäuelklauern, so rasch wie möglich! Ich möchte mich endlich mit dem Tod anfreunden und ihn umarmen. Ihr wisst gar nicht, wie sehr ich die Dunkelheit herbeisehne…«
    »Du hast noch nicht das Recht zu sterben, Großvater«, sagte der Jüngste sanft. »Erst wenn alles so seinen Lauf nimmt, wie wir uns es erhoffen, wird sich dein Schicksal erfüllen.«
    Der Alte schwieg, legte vorsichtig drei kurze Fadenstränge beiseite und senkte traurig den Kopf. »Dann bringen wir es hinter uns«, murmelte er. »Was für Namen schlagt ihr für unsere beiden Dauergäste vor?«
    »Wir sollten sie dazu befragen«, bestimmte der Vater. Er formulierte seinen Gedanken und sandte ihn an die Zwillinge aus.
    Sie wirkten keineswegs überrascht, im Gegenteil: Sie drehten sich zu Sohn, Vater und Großvater um und lächelten freundlich.
    Es war längst überfällig, dass ihr endlich die richtige Idee hattet, sagte der eine.
    Wir befürchteten schon, ihr würdet nie an das Naheliegende denken, ergänzte der andere.
    »Ihr habt euch bereits festgelegt?«, fragten die drei Hüter unisono – und fassungslos. Die Zwillinge überraschten sie mit ihrer Weitsicht und der weit über ihr Alter hinausragenden Intelligenz immer wieder.
    »Selbstverständlich! Wir haben immer schon gewusst, wer wir sein wollten. Ich bin also Meenor…«
    »… und ich werde Moogan sein.«
    11.
    »Halt ein!«, rief ihr das Monster mit dem unschuldigen Lächeln zu. »Ich bin nicht Moogan!« Abwehrend hielt er die bloßen Hände von sich, als wären sie alles, was er zu seiner Verteidigung verwenden könnte.
    Aruula wusste, dass sein Geist stark war. So stark, dass er sie gedemütigt und willenlos gemacht hatte. In der unterirdischen Stadt der Schimären hatte er sie all ihrer heimlichsten Gedanken beraubt und sie geistig vergewaltigt.
    (siehe MADDRAX 159 »Schimären der Wüste«) Die Tatsache, dass ihr dank Moogan das letzte Fingerglied am kleinen Finger der Linken fehlte, erschien der Barbarin nicht einmal als besonders tragisch.

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