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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Verletzungen gehörten nun mal zum »Berufsrisiko« einer Kriegerin, so wie die Narbe an ihrem Oberschenkel. Weitaus schlimmer war allerdings die Erinnerung an ihre seelischen Qualen in der Höhle Moogans, die das fehlende Glied immer wieder in ihr weckte.
    Männer und Frauen schoben sich zwischen sie und den Maa’or. Sie beschützten ihren geistigen Herrscher, so wie es auch die Schimären gegen ihren Willen getan hatten. Wütend stieß Aruula die Tooner beiseite, teilte Faustschläge und Tritte aus, kämpfte gegen den wachsenden Widerstand der lebenden Mauer an.
    Verzweiflung packte die Barbarin. Sie konnte diese Unschuldigen doch nicht einfach töten, zumal sie wusste, dass die Menschen von Moogan gesteuert wurden.
    Verdammtes Mitleid!, fluchte sie. Verdammte Skrupel!
    Sie rempelte, schob und trat, wollte sich selbst durch Aluur, Syd und Franny, die beruhigend auf sie einredeten, nicht von ihrem Vorhaben abbringen lassen.
    Irgendwann endete es. Erschöpft fiel sie zu Boden, wurde unter einem Berg Leiber begraben und bewegungslos fixiert.
    Ein letztes Mal wollte sie sich aufraffen, gegen den Widerstand dieses tausendarmigen Bluugluu verblendeter Menschen ankämpfen. Sie mussten doch wissen, welches Monstrum sie beherbergten und schützten!
    Tello lehnte sich grinsend über sie, einen Totschläger in Händen haltend. »Auf diesen Moment warte ich seit Tagen« , sagte er hämisch und spuckte ihr ins Gesicht. Sie sah noch seinen Arm mit der kleinen Waffe auf sich zukommen, dann nichts mehr.
    12.
    Moogan und Meenor eroberten die Herzen der Tooner im Sturm. Ihre liebenswürdige und zuvorkommende Art wurde zum Markenzeichen; Geschick und Intelligenz brachten ihnen binnen weniger Jahre die Achtung selbst der ältesten Würdenträger ein.
    »Sie machen ihre Arbeit ordentlich!«, sagte der Vater.
    Hocherfreut betrachtete er die Sammlung straff aufgefädelter Garnknäuel, die immer weiter anwuchs.
    »Na ja, na ja«, murmelte der Großvater und hustete angestrengt.
    »Moogan allerdings macht mir ein wenig Sorgen«, meinte der Sohn. »Immer wieder zeigt er charakterliche Züge, die mir gar nicht gefallen wollen.«
    »Er ist halt noch jung.« Der Vater stellte eine weitere Schachtel dicker und gut gebundener Zwirne in das große Regal und betrachtete sie nicht ohne Stolz. »Wir müssen lediglich ein wenig mehr Geduld mit ihm haben als mit seinem Bruder.«
    »Ich sage euch: Es war die falsche Entscheidung, die Zwillinge bei uns aufzunehmen und dann auch noch auf das Dorf loszulassen!«, zeterte der Älteste. »Warum, glaubt ihr wohl, wurden die beiden Knaben von ihren Eltern ausgesetzt? Es steckt ein böser Kern in ihnen!«
    Sohn und Vater schwiegen. Sie hatten die Vorbehalte des dritten Hüters oft genug zu hören bekommen.
    Aber alles entwickelte sich doch prächtig! Meenor und Moogan vermittelten im Namen der Hüter unbezahlbares Wissen. Sie brachten den Menschen die Grundzüge der Wissenschaften näher, lehrten sie, die Felder zu bewirtschaften und zeigten ihnen, was sie mit ihrer zweifelsfrei brachliegenden Intelligenz zu leisten vermochten.
    Und, so lautete die dahinter liegende Idee: Sie bildeten kraft ihrer Leistungen eine Abwehr gegen die immer häufiger werdenden Attacken der Anangu.
    »Moogan ist noch jung«, murmelte der Sohn nach einer Weile. »Mit der Zeit wird er lernen, was es heißt, Verantwortung zu tragen.«
    Irgendwie verloren seine Einwände gegen das Gekeife des Alten immer mehr an Kraft, je älter die Zwillinge wurden.
    Alles schien so wunderbar, und dennoch musste es in Frage gestellt werden.
    13.
    Aruula wusste nicht, wo sie war. Sie hatte die Augen aufgeschlagen und fand sich inmitten einer unfruchtbaren Ebene stehend wieder. Rings um sie herum war nichts als von der Hitze rissig gewordener Boden, ein krustiges Mosaik aus Lehm und Sand. Grelles violettes Licht erhellte den Himmel, ließ keine Schlüsse über Jahres- oder Tageszeit zu. Aruula fühlte scharfen Wind auf ihrem Gesicht, hörte aber keinen Laut. Es war, als würde Watte ihre Ohren verschließen. Nein, mehr noch: als hätte sie komplett ihr Gehör verloren. Die Stille ängstigte sie. Aruula war das Leben in der Natur gewöhnt, und die schwieg niemals, nicht auf diese absolute Art und Weise.
    Irritiert verließ sie den Ort ihres unvermittelten Erwachens, wandte sich in irgendeine Richtung der gleichförmigen Wüste.
    Wo bin ich hier?
    Ihre Gedanken tröpfelten nur langsam in ihren Verstand, sie dachte wie in Zeitlupe, konnte sich aber ganz

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