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1854 - Ein Bote Thoregons

Titel: 1854 - Ein Bote Thoregons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kannte und ihn nur nach seinem Äußeren einschätzte, lief Gefahr, sich in ihm zu täuschen. Vor allem die Zeit als Chef der Explorerflotte hatte Reginald das Rüstzeug für kosmisches Denken mit auf den Weg gegeben, ganz zu schweigen von seiner Tätigkeit als Regierungschef der aphilischen Erde und den Jahren als Hansesprecher. Bully besaß nicht nur eine ausgeprägte Menschenkenntnis, sondern auch eine exzellente Beobachtungsgabe.
    „Also ...", drängte er. „Was ist es, das den Galornen nach ihrer Auffassung das Recht gibt, über Zentrifaal zu bestimmen?"
    „Unsere Freunde", ich warf einen Blick hinüber zu den Zentrifaal, die sich in Selbstmitleid ergingen, „sind Zentris Kinder."
    Bully zeigte sich nur einen Augenblick lang verblüfft. „Das hast du aus dem Geschichtsbuch?"
    Ich nickte. „Dinn Zentri war ein Galorne, der vor Jahrzehntausenden lebte, ich weiß nicht genau, wann ..."
    „Gentechnik also." Bull stieß die Feststellung wie einen Fluch aus. „Ich habe es geahnt, irgendwie, die ganze Zeit über. Sie sind einfach perfekt aufs Töten ausgerichtet. - Mein Gott, die Wahrheit wird ein zweiter Schock für sie sein, noch härter als das Shifting selbst! Sie werden die letzte Achtung vor sich selbst verlieren, den letzten Funken Lebenswille."
    „Ich werde es ihnen nicht sagen", stellte ich fest.
    Bull wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen.
    „Sie tun mir leid, Perry, das haben sie nicht verdient. - Und nun? Was unternehmen wir?"
    „Nichts."
    Reginald Bull atmete tief ein und schloß dabei die Augen. Er preßte die Lippen aufeinander und schwieg.
    Ich war sicher, daß er die Notwendigkeit sah. Wir brauchten die Galornen, das führende Volk in dieser uns unbekannten Galaxis. Keiner von uns hatte auch nur den Hauch einer Ahnung, wo wir zwischen den fremden Sternen die heimische Milchstraße suchen mußten, vor allem in welcher Entfernung. Aber wir hatten die Holographien gesehen, die leuchtenden und auch die matten Holos, draußen in der Pentrischen Wolke, in der noch im Entstehen begriffenen gigantischen Wabe. Das Abbild der Lokalen Gruppe war nur der Anfang gewesen, danach hatten wir tatsächlich die Wiedergabe der Milchstraße entdeckt, schließlich den OrionArm und zuletzt sogar Sol.
    Was wußten die Galornen von unserer Heimat? Warum ausgerechnet Sol? Weil auf Trokan, dem Mars-Ersatz, die Brücke in die Unendlichkeit begann?
    Fragen über Fragen, für die wir hoffentlich bald die Antworten einfordern würden.
     
    *
     
    Die Wand hatte aus Formenergie bestanden. Zur Hälfte jedenfalls. Der andere Teil war eine Art Plastbeton, widerstandsfähig, doch den nadelspitzen Nägeln einer Zentrifaal-Hand hatte dieses Material nachgegeben.
    Bully zeigte mir die freigelegten miniaturisierten Steuerelemente.
    „Ich bin überzeugt davon, daß wir auf diese Weise auch nach draußen gelangen können", sagte er.
    „Was spielt das für eine Rolle?" T-Legiaw, bis vor kurzem einer der gefürchtetsten Steuereintreiber auf ZentrifaalZentrum, schaute mich aus seiner tiefschwarzen, außergewöhnlich dicken Blickleiste an. „Ich sehe nur einen gigantischen Abgrund, der alles verschlingen wird. Unsere Leistungen, auf die wir so stolz waren, sind unwichtig geworden, ihr Sinn ist verlorengegangen."
    Die Zentrifaal zerflossen vor Selbstmitleid. Egal ob E-Emergen, ehemals Lehrer mit geradezu charismatischer Ausstrahlung, oder K-Oxxan, der Raumfahrttechniker - alle wirkten höchst depressiv.
    Schwer legte B-Terestan ihre zur Hohlschaufel ausgebildete linke Hand auf T-Legiaws Schulter. Das war keine Geste der Vertrautheit, ihre Hoffnungslosigkeit kam darin zum Ausdruck. Jeder unserer Begleiter hatte auf seine Weise mit der Zukunft abgeschlossen.
    „Ich träume schreckliche Dinge." BTerestan zitterte sichtlich. „Es ist grauenvoll", stöhnte sie. „Unvorstellbar."
    „Unbegreiflich", pflichtete T-Legiaw bei. „Und sinnlos."
    „Warum reden wir noch darüber?" fragte I-Hamasch zögernd. „Ich will vergessen, was die Galornen unserem Volk angetan haben - ich will endlich sterben."
    „He, hallo!" Reginald Bull, der mir eben die Steuerelemente gezeigt hatte, wirbelte auf dem Absatz herum. „Wo bleibt der Mut der Zentrifaal, euer Kampfeswille? Kämpft wenigstens um euer Leben."
    „Wozu?" erwiderte T-Legiaw. „Was sollen wir damit erreichen?"
    Das hatten wir inzwischen oft genug durchgekaut. Dennoch mußten die Zentrifaal es immer wieder hören; der Schock des Shifting saß tief.
    „Gebt eurem Leben wieder

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