1856 - Shabazzas Gebote
ein milchiges Energiefeld gehüllt. Myles hob die rechte Hand als Zeichen seiner Friedfertigkeit.
„Ich bin kein Feind", sagte er auf interkosmo. „Du brauchst vor mir keine Angst zu haben. Bitte gedulde dich ein wenig. Ich muß einen Anzug reparieren, bevor er explodiert."
„Bund kann einem Wahren Ingenieur keine Angst einjagen", klang es abgehackt und mit deutlichem Klirrfaktor zurück. „Geh zur Seite! Ich kenne dein Problem und werde es lösen."
„Du wirst ... was?"
Der Physander blieb stumm. Er stakste auf seinen schweren Beinen herbei und griff mit den Greifern seiner beiden linken Arme nach den Verbindungen zwischen den SERUNS. Myles’ Pikosyn reagierte und zog die Tentakel zurück.
Der Cyborg fuhr aus dem rechten Bein ein meißelartiges Werkzeug aus und griff gleichzeitig mit dem oberen, rechten Arm in den Anzug. Der Arm war von einem undurchsichtigen Energiefeld eingehüllt. Eine Weile fuhr er tastend hin und her. Dann zuckte ein Blitz auf, und die undurchsichtige Feldhülle des Arms glühte auf wie eine Sonne.
Myles starrte durch das rosarote Flimmern seines Individualschirmes hindurch auf den Vorgang. Der Arm des Physanders glühte sekundenlang grellweiß und dunkelte dann in allen Nuancen des Regenbogens ab.
Zwei Minuten vergingen, ehe er seine schwarze, undurchsichtige Konsistenz wieder angenommen hatte.
„Die Reparatur ist ausgeführt", verkündete der Cyborg.
„Wie hast du das gemacht?" fragte der Terraner überrascht. „Erklär es mir."
„Ich habe meinen Arm zur Überbrückung benutzt. Da der Fehler durch die Einwirkung unserer eigenen Waffen eingetreten ist, war es sehr leicht, ihn rückgängig zu machen."
„Ich danke dir." Myles gab dem Pikosyn Anweisung, den Individualschirm abzuschalten. „Du weißt nicht, wie du mir geholfen hast."
„Mein Ziel war es, in dieser Sektion eine deutlich anmeßbare Explosion zu vermeiden. Deshalb habe ich dir geholfen. Deine Begleiter befinden sich in einem Raum ganz in der Nähe. Sie können ihn nicht verlassen, die Kammer ist abgeschirmt. Du wirst mich zu ihnen begleiten. Nimm den leeren Panzer mit!"
„Beantworte mir eine Frage: Warum hilfst du uns? Die Anweisung Ympalors an Ockonea lautete, den Bund zu fangen und zu ihm zu bringen. Wieso nimmst du mich nicht einfach gefangen?"
„Weil es unsinnig ist. Goedda wird dich zu sich rufen wie allen anderen Bund auch."
„Du widersetzt dich einer Anweisung des Chaeroders?"
„Du überschätzt die Funktion des Koordinators. In diesem Schiff gibt es zwei davon. Ympalor und Avynshaya. Avynshaya kümmert sich um das Projekt, und Ympalor gibt unsinnige Befehle aus Langeweile.
Hast du einen Namen, Bund?"
„Ja. Nenne mich Myles Kantor."
„Noch nie habe ich Bund aus dieser Nähe gesehen, Mailskantor. Würdest du den Helm öffnen, damit ich dein Gesicht besser sehen kann?"
Der Terraner zögerte und hielt mit dem Pikosyn Rücksprache.
„Keine Sorge, er meint es ehrlich. Ich analysiere laufend seine Stimme. Sie ist übrigens identisch mit der Stimme des Physanders Chlock, den du als Gesprächspartner Ockoneas kennengelernt hast."
„Mach auf!" befahl Myles seinem SERUN.
Der Helm klappte hoch und faltete sich im Nacken zusammen. Der runde, teleskopartige Aufsatz auf dem linken Facettenauge des Physanders bewegte sich hin und her. Der trüb erscheinende Filter auf dem rechten Auge zeigte keine Reaktion.
„Du bist eindeutig ein Mensch", stellte der Cyborg fest. „Von welchem der Planeten kommst du, und warum hast du dein Aufgehen in Goedda nicht dort abgewartet?"
„Weil ich überhaupt keine Lust habe, in Goedda aufzugehen. Die Spanne meines Lebens bestimme ich allein. Kein Ympalor und keine Goedda schreibt es mir vor, Chlock. Um auf deine erste Frage zu antworten, ich komme von Terra."
Der Physander bewegte sich unruhig.
„Du kennst meinen Namen. Behalte ihn für dich."
„Ich behalte ihn für mich. Zufrieden?"
„Ja. Doch jetzt folge mir. Die Zeit ist knapp."
Die Öffnung in der Wand schloß sich, dafür glitt die Tür auf. Der Physander stakste hinaus in den Korridor.
Myles Kantor nahm Dao-Lin-H’ays SERUN auf und folgte ihm.
*
Atlan kniete neben Dao-Lin-H’ay. Die Kartanin atmete gleichmäßig. Der hohe Sauerstoffanteil der Atemluft würde dazu beitragen, daß sie bald erwachte. Der Arkonide klappte den Helm zurück und lauschte in Richtung Tür.
Alles blieb ruhig. Der Arkonide hoffte inständig, daß Myles es schaffte.
„Kannst du mich hören?" fragte er leise und
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