1861 - Bomben für den Brutkosmos
können wir nicht warten", warf Homer G. Adams ein; er sah hohläugig aus, als habe er lange nicht mehr richtig schlafen können. Bei einem Zellaktivatorträger war das ein besorgniserregendes Zeichen.
„Gerade haben wir das erste Flimmern erlebt, und die Folgen sind verheerend. Auf Terra sind sämtliche Syntroniken ausgefallen, zwar nur für einige Stunden, aber das Chaos war dennoch gewaltig. Niemand weiß, was geschehen wird, wenn das zweite Flimmern stattfindet."
„Wahrscheinlich nicht sehr viel mehr", bemerkte Kalle Esprot. „Würden die Syntroniken auf Dauer ausfallen, wäre das für alle Menschen auf Terra das Ende. Zunächst einmal allein aus dem Grund, weil die öffentliche Versorgung zusammenbricht. Zum anderen sind die Terraner so mit ihrer Todessehnsucht beschäftigt, daß sie sich dann nicht einmal mehr um die elementarsten Lebensbedürfnisse kümmern würden. Sie würden wegsterben wie die Fliegen. Das aber ist nicht im Sinne des Philosophen, er braucht diese Menschen noch. Schlußfolgerung: Ein zweites Flimmern wird keinen sonderlichen Schaden anrichten. Du willst widersprechen, Julio?"
„Ganz energisch sogar", sagte Dr. Julio Mangana. „Deine Logik stimmt nur halb. Der Philosoph will zwar beim sechsten, dem letzten Flimmern die Lebensenergie aller Terraner und Terrabesucher in sich aufnehmen, aber das muß nicht bedeuten, daß er auf dem Weg dorthin nicht ungerührt Millionen vorzeitig sterben läßt. Außerdem wissen wir nicht, wann das nächste Flimmern kommen wird - es kann sein, daß wir darauf nur ein paar Stunden warten müssen, daß sich die ganze Katastrophe in zwei oder drei Tagen abspielt.
Beeilen müssen wir uns daher in jedem Fall."
„Er hat recht", stimmte Homer G. Adams zu; mit einem Nicken bestätigte Kalle Esprot, daß er sich von Manganas Argumenten hatte überzeugen lassen. „Wir müssen uns beeilen. Wie sieht es um den Gesundheitszustand der Geretteten aus?"
Julio Mangana wiegte leicht den Kopf.
„Sie sind körperlich sehr geschwächt", sagte er mit einem Tonfall der Besorgnis. „Aber rein physisch müßten die meisten in ein paar Tagen wieder fit sein. Zur Zeit jedenfalls sind sie restlos ausgelaugt und kraftlos, sowohl physisch als auch psychisch. Als hätte man ihnen einen beträchtlichen Teil der Lebensenergie weggenommen."
„Und wie ist die Prognose?"
„Ich schätze, daß ich höchstens zehn bis vierzehn Tage brauchen werde, damit die Patienten wieder voll einsatzfähig seid werden", sagte der Leiter des Medocenters der GILGAMESCH. „Wie lange es aber dauern wird, bis sie die geistigen Schäden überwunden haben werden, vermag ich nicht abzuschätzen. Das kann in Einzelfällen wahrscheinlich Jahre dauern. Die seelische Wirkung des Philosophen ist tiefgehend. Sie denken unentwegt ans Sterben. Ich habe schon psychiatrische Patienten gehabt, aber Selbstmordsüchtige wie diese sind mir noch nicht untergekommen."
„Darum wird sich ebenfalls Bre Tsinga kümmern!"
„So lange können wir nicht warten", wiederholte Homer G. Adams. „Wir müssen aktiv werden. Julio Mangana hat recht: Gleichgültig, wie lange es bis zum nächsten Flimmern noch dauern wird und wie stark die Nebenwirkungen sein werden - bis dahin werden zahllose Menschen auf der Erde sterben, aus Entkräftung, an Krankheiten, um die sich niemand kümmert, durch Unterernährung ... Es ist ja fast so wie damals, als der Schwarm die Verdummung über die Galaxis brachte. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen zusehen, daß wir NATHAN wieder unter unsere Kontrolle bringen. Dazu ist, wie wir wissen, eine einträchtige Entscheidung von drei Personen nötig: Paola Daschmagan, die Erste Terranerin, Cistolo Khan als LFT-Kommissar und Gia de Moleon als Chefin des Terranischen Ligadienstes. Ihretwegen vor allem haben unsere Posbifreunde sich nach Terra gewagt. Jetzt haben wir sie an Bord der GILGAMESCH, und so bald wie möglich müssen sie die Sperre NATHANS wieder aufheben, damit NATHAN gegen den Philosophen tätig werden kann. Wie sieht es auf diesem Gebiet aus, Julio?" ‘ Der Arzt zog pfeifend die Luft durch die Zähne.
„Die Patienten sind noch vollkommen in ihre Wahngedanken verstrickt", sagte er. „Sie haben nur noch ein Ziel im Leben: sich für die Geburt von Goedda zu opfern; alles andere ist ihnen nebensächlich."
„Bekannt", sagte Kalle Esprot trocken. „Und wie sieht es mit Therapie aus? Kannst du etwas erreichen?"
„Ich bin kein Fachmann auf diesem Gebiet", sagte Mangana. „Aber wie
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