1861 - Bomben für den Brutkosmos
ich schon ausgeführt habe, die Patienten sind nicht nur körperlich, sie sind auch seelisch geschwächt. Es fragt sich, ob eine weniger gute Krisenintervention in diesem Fall nicht zu besseren und vor allem schnelleren Ergebnissen kommt als eine intensive und sehr behutsame Langzeittherapie. Nur ..."
„Nur was?" fragte Homer G. Adams.
„Ich müßte mich sehr täuschen, wenn die Wirkung der Philosophenthesen nicht tief in die Grundstrukturen der Persönlichkeit hinabreicht. Ich fürchte, daß die Psychologen sehr viel Arbeit damit haben werden, diese Wirkungen wieder abzubauen. Ich habe diese Möglichkeiten nicht. Wenn ich mich darauf konzentriere, aus den Patienten jenes Ergebnis herauszuholen, auf das wir alle scharf sind - nämlich die Aktivierung von NATHAN -; dann kann es sein, daß es für eine wirklich gründliche und dauerhaft heilende Therapie zu spät ist."
Homer G. Adams runzelte die Stirn.
„Und? Inwiefern wäre das von Nachteil?"
Julio Mangana blickte ihn an.
„Die Patienten blieben seelisch krank. Wir bekämen zwar NATHAN auf unsere Seite, aber dafür wären vor allem diese drei dauerhaft suizidgefährdet. Vielleicht muß man sie bis an den Rest ihres natürlichen Lebens ununterbrochen beaufsichtigen ..."
Schweigen breitete sich aus.
„Das ist nicht dein Ernst!" stieß Kalle Esprot hervor. „Ist das wirklich die Wahl, vor der wir stehen?
Entweder eine menschenleere Erde und die Geburt von Goedda, dafür aber drei glückliche und zufriedene LFTChefs, oder wir vernichten Goedda um den Preis von drei dauerhaft seelisch gestörten Menschen?"
„Ich danke dir dafür, daß du die beiden Möglichkeiten so präzise umschrieben hast", sagte Julio Mangana knapp. „Genau darauf läuft es hinaus ..."
„Einmal abgesehen davon", warf Flame Gorbend ein, „daß mit der Aktivierung von NATHAN noch gar nichts gewonnen ist. Kann sein, daß .sich diese Hoffnung letztlich als Sackgasse erweist."
Betroffenheit machte sich breit.
Homer G. Adams fixierte Julio Mangana mit Blicken.
„Was sagst du dazu? Wie würdest du dich entscheiden?"
„Das ist sehr schwer zu sagen, denn ich bewege mich auf einem Gebiet, auf dem ich nicht Fachmann bin. Möglich ist, daß meine schnelle Krisenintervention rein gar nichts bewirkt, dann habe ich zwar nichts erreicht, aber auch niemandem geschadet. Kann sein, daß NATHAN bald wieder aktiv werden und man die Patienten wieder restlos herstellen kann. Das wäre natürlich die bessere Lösung. Am gemeinsten ist dieser Ausgang: Wir bekommen NATHAN aktiviert, aber das bringt uns nichts ein, während meine Patienten dauerhaft geschädigt werden. In diesem Fall, ich sage es offen: Könnte man diesen Ausgang vorhersehen, würde ich die Behandlung der Patienten selbstverständlich ablehnen. Im Grunde stehen sich zwei Risiken gegenüber: die Möglichkeit, die durchaus nicht eintreten muß, daß die Patienten geschädigt werden, und die Möglichkeit, durch die ausbleibende Aktivierung von NATHAN unsere letzte Chance zu verspielen."
Er zögerte lange.
„Augenblick", warf Arina Enquist ein. „Sehen wir die Sache doch einmal von einer anderen Warte. Es geht uns um die Aktivierung von NATHAN. Nur deswegen ist die 80X7443 auf Terra gelandet. Ohne diesen Einsatz wären alle Patienten noch auf der Erde und dem sicheren Tode geweiht - so betrachtete, wäre selbst im schlimmsten aller Fälle für die Patienten ein Vorteil erreicht. Sie wären zwar stark selbstmordgefährdet, aber sie wären wenigstens nicht tot ..."
Julio Mangana schüttelte den Kopf.
„Ich bin vor allem Arzt, ich habe mich um das Wohl meiner Patienten zu kümmern. Politik ist nicht meine Sache. Und jetzt soll ich um einer bloßen Möglichkeit willen das Risiko in Kauf nehmen, meine Patienten durch unsachgemäße Behandlung zu schädigen? Das, Freunde, ist mein Problem, und diese Entscheidung fällt mir außerordentlich schwer."
„Wie ist es mit dieser Überlegung: Was glaubst du, wie Cistolo Khan in diesem Fall entschieden hätte, selbst wenn es um Risiken für seine eigene Person geht?"
Julio Mangana lächelte mager.
„Erstens ist das rein hypothetisch", sagte er. „Niemand kann wirklich sagen, wie ein Patient in dieser oder jener Situation entschieden hätte, wenn es um seine Gesundheit und sein Leben geht. Gerade auf diesem Gebiet kann man sich fürchterlich irren. Und speziell in diesem Fall macht es überhaupt keine Probleme, zu einer Entscheidung zu kommen. Wir könnten Cistolo Khan und die anderen ja
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