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188 - Der lebende Nebel

188 - Der lebende Nebel

Titel: 188 - Der lebende Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Malaie wurde von einem Schockstab-Treffer weit zurückgeschleudert.
    Die Mitglieder der Familie Saleh ließen von Rulfan und Quart’ol ab und fuhren schreiend auseinander.
    Aber auch die Hydriten waren verwirrt. Sie hatten nicht damit gerechnet, hier auf eine größere Gruppe von Feinden zu stoßen, und wichen klackend zurück.
    Rulfan nutzte die Gelegenheit: Er packte Quart’ol und schleifte ihn vom Schlachtfeld. Vogler und Clarice schlossen sich ihnen an. Sie flüchteten in die gleiche Richtung wie ihr hydritischer Freund und Rulfan. Clarice wusste nicht, wer hier wen für was hielt. Es war ihr auch egal. Sie wollte nur fort von hier. Fort von dieser verfluchten Insel. Am liebsten sogar fort von der Erde.
    Irgendwann legten sie eine Rast ein, sanken im Urwald auf den Boden und verschnauften.
    Clarice regte sich ab und revidierte, was sie in ihrem Zorn gedacht hatte. Sie kam jedoch nicht umhin, sich die Frage zu stellen, was nun aus ihnen werden sollte. Selbst wenn es ihnen gelang, diese Insel gesund zu verlassen: Sie war nicht wild darauf, in der unmittelbaren Nachbarschaft von Menschen zu leben, die Flüchtlinge und Schiffbrüchige massakrierten, statt ihnen zu helfen.
    Rulfan und Quart’ol steckten die Köpfe zusammen und tauschten aufgeregt Informationen aus.
    »Rulfans Gedankenwelt ist sehr impulsiv«, raunte Vogler Clarice zu. »Es stürmt alles auf mich ein; ich kann mich kaum abschirmen… Er ist sehr aufgewühlt, macht sich Sorgen um seinen Begleiter…« Er schaute gequält drein. Er hätte vermutlich liebend gern die Hände auf seine Ohren gelegt – nur hätte es nichts genützt.
    »Die Insulaner sind Drogenhändler. Sie wollen natürlich nicht, dass jemand erfährt, wie sie ihr Produkt herstellen…«
    »Pssst!«, machte Quart’ol plötzlich. »Habt ihr das auch gehört?«
    Clarice und Vogler zuckten zusammen. Und dann hörte Clarice es auch: Irgendwo in der Finsternis knurrte jemand oder etwas. Über ihnen teilte sich eine Wolke. Die bleiche Scheibe des Mondes beleuchtete einen rötlichen Hügel.
    Dort auf der Kuppe stand ein vierbeiniges Geschöpf mit dunklem Fell. Es öffnete sein Maul und zeigte zwei Reihen spitzer weißer Reißzähne. Sie waren verloren!
    »Chira!«, rief Rulfan leise. Er klang vorwurfsvoll, aber irgendwie auch erleichtert. »Wo hast du so lange gesteckt?«
    Er schien das Tier zu kennen. Clarice atmete auf und kniff die Augen zusammen. Täuschte sie sich oder lag vor den Vorderpfoten des Hundes wirklich ein menschlicher Schädel mit dunkler Gesichtsfarbe und rosafarbenem Haar?
    Der Schädel öffnete plötzlich den Mund und sagte:
    »Folgendes: Mich dürstet!«
    ***
    Clarice gestand es sich ein: Die Erde faszinierte sie mit jedem Tag mehr.
    Als sie sich um den dunkelhäutigen Riesen scharten, der in der Mulde stand, hatte sie die Bedrohung durch die Malaien und Hydriten fast vergessen.
    Bei dem Mann handelte es sich um Rulfans verschwundenen Freund. Wie er in seinem altertümlichen und akzentbetonten Englisch erläuterte, hatte er sich »von phantastischen Trugbildern und kulturell wertvollen Gedanken geleitet« aufgemacht, um das vermeintliche Paradies zu erkunden, in dem er in der Gesellschaft »der treuen Titana« zu sich gekommen war.
    Wer Titana war, erfuhr Clarice, als Victorius ihr seine Hand unter die Nase hielt und eine daumengroße Fledermaus ihre ledernen Schwingen entfaltete.
    Vogler war von dem Geschöpf natürlich begeistert und versuchte sogleich telepathischen Kontakt aufzunehmen, worauf die Fledermaus auf seinen Brustkorb hüpfte und sich daran festkrallte.
    Victorius schien erst jetzt zu bemerken, wen Rulfan mitgebracht hatte. Dass Clarice und Vogler größer waren als er, verwirrte ihn weniger als der zwischen ihnen stehende, nur anderthalb Meter große Quart’ol.
    »Wer seid ihr?«, fragte er Vogler.
    Rulfan winkte ab, bevor sich eine Unterhaltung entspinnen konnte. »Das können wir später noch in aller Ruhe bereden«, drängte er. »Wir sollten von hier verschwinden, bevor Kaoma Salehs Bande oder Quart’ols Artgenossen unsere Spur aufnehmen.« Er deutete nach Norden. »Ich glaube, es geht dort lang…«
    Sie machten sich auf den Weg. Kurz darauf tauchten neue Wolken den Wald in undurchdringliche Schwärze. Und ehe sie sich versahen, hatte Rulfan die Orientierung verloren. Als er sich mit leisen Flüchen umblickte, sagte Victorius: »Lass mal. Titana macht das schon.« Er warf die Fledermaus in die Luft.
    Sie breitete die Schwingen aus und kreiste über

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