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188 - Der lebende Nebel

188 - Der lebende Nebel

Titel: 188 - Der lebende Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Verfolger, von denen sie nun endlich wusste, dass sie von Quart’ols Art waren, die Insel, auf der während der Mittagsstunden das Luftschiff abgestürzt war, umschwammen.
    Quart’ol meinte, sie hätten es allenfalls mit einem halben Dutzend Hydriten zu tun, doch dies vermochte Clarice nicht zu beruhigen. Na schön, sie hatte gewusst, dass die Reise zur Erde kein Zuckerschlecken werden würde. Auf dem Mars waren die Verhältnisse erheblich stabiler als auf diesem Wasserplaneten.
    Dass sie nun aber nicht nur von Barbaren, sondern auch noch von Fischmenschen gejagt wurden, hatte sie nicht ahnen können.
    Was wollten diese Leute überhaupt von ihnen? Arbeiteten sie für die hydritische Regierung? Oder hatte der Geheimbund, dem Quart’ol seine Kompetenz hatte beweisen wollen, das Kommando auf sie angesetzt, um zu verhindern, dass die Position der Unterwasserstadt Gilam’esh’gad allgemein bekannt wurde?
    »Warum kommen sie nicht an Land und töten uns?«, hatte Clarice gefragt, als die Sonne unterging und eine leichte, vom Meer kommende Brise die Luft abkühlte.
    »Tja…« Quart’ol zuckte die Achseln.
    Vogler, der Bilderbuchpragmatiker, hatte eine Erklärung parat: »Vielleicht gibt es hier Raubtiere.«
    »Oh, danke, Vogler.« Clarice nickte. »Du verstehst es wirklich, einem Mut zumachen.«
    Quart’ol hatte vorgeschlagen, den Ort zu suchen, an dem das Luftschiff gelandet oder abgestürzt war. Leider hatten sie ihn nicht gefunden.
    Stattdessen waren ihnen verdächtige Bewaffnete mit Fackeln begegnet, die den Eindruck erweckt hatten, dass sie jemanden suchten. Quart’ol konnte sich zwar nicht vorstellen, dass sie mit ihren eigenen Gegnern im Bunde waren, hatte es aber für schlauer erachtet, ihnen aus dem Weg zu gehen.
    So waren sie durch den Urwald gestolpert. Und als sie auf eine mondbeschienene Lichtung treten wollten, hatte jemand geschossen.
    Das war gerade mal zehn Sekunden her. Clarice lag wieder auf dem Bauch. Dicht vor ihr baumelte – mit dem Kopf nach unten – ein Mann mit langem, schlohweißen Haar vom Himmel herab. Sein rechtes Bein hing in einer Schlinge, deren Ende an einem Baum befestigt war.
    Der Mann schaukelte langsam hin und her, und Clarice hörte ihn leise in einer archaischen Form des Englischen fluchen.
    Clarice sah sie den vorsintflutlichen Vorderlader in seiner Hand. Er hatte den Schuss vermutlich versehentlich abgegeben, als er in die Falle getappt war. In der anderen Hand hielt der Mann ein Schwert. Vermutlich wollte er sich von dem Seil befreien, an dem er hing.
    »Der Fischmac soll mich holen«, hörte Clarice Quart’ol leise neben sich sagen. »Bist du das, Rulfan?«
    Der Weißhaarige äußerte einen überraschten Laut, fasste sich aber schnell. Schon schwang er sich hoch, holte mit der Klinge aus und durchtrennte das Seil.
    Er fiel zu Boden, rollte sich geschickt ab, stand sofort auf den Beinen und schaute verdutzt den Hydriten an, der im Mondlicht auf die Lichtung trat.
    »Quart’ol«, staunte der Weißhaarige mit großen Augen.
    »Wie lange ist das her, seit wir uns in Sibirien getroffen haben? Und wie, um alles in der Welt…« Jetzt erst gewahrte er auch Vogler und die sich erhebende Clarice. Ihre Raumanzüge und schiere Körpergröße ließen ihn unwillkürlich zurückweichen.
    »Du lieber Himmel!«
    »Vogler und Clarice«, sagte Quart’ol schnell. Er deutete auf den Weißhaarigen. »Rulfan von Coellen. Ja, die Welt ist klein – und das Leben kann sehr kurz sein, wenn man allzu sorglos ist.« Er seufzte. »Wir sollten uns lieber in die Büsche schlagen.« Er deutete aufgeregt um sich. »Der Schuss war laut genug. Es könnte sein, dass es hier bald von Leuten wimmelt, die es auf uns abgesehen haben.«
    Der Weißhaarige sah noch einmal in Richtung Säulenportal, seufzte und klopfte Quart’ol dann wie einem alten Kumpan auf die Schulter. »Du hast Recht. Ziehen wir uns zurück.« Sie drangen tief ins Dickicht vor.
    Clarice hatte den Eindruck, dass sich Rulfan freute, den Hydriten zu sehen. Sie fand auch, dass er ein interessantes Gesicht besaß. Es war alles andere als glatt. Genau das verlieh ihm Charakter. Sie versuchte sein Alter zu schätzen, aber es gelang ihr nicht. Es lag wohl irgendwo zwischen vierzig und fünfzig.
    Rulfan war intelligent, konnte sich artikulieren: Er brauchte keine zehn Sätze, um ihnen zu verdeutlichen, dass er mit einem Ballon nach Australien unterwegs war und seinen Gefährten Victorius verloren hatte. Der schwarze Mann aus Afra war

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