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1891 - Das Mädchen Siebenton

Titel: 1891 - Das Mädchen Siebenton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hatte überrumpeln lassen. War es nur die Sehnsucht nach einer Geborgenheit gewesen? War es das sichere Gefühl, daß Walyon nicht von seiner Mission zurückkommen würde? Waren es die Bedürfnisse ihres Körpers gewesen - der immer stärker gewordene Wunsch nach eigenen Kindern, solange sie noch als Frau lebte?
    Tatsache war, daß auch Lokhout Kinder haben wollte. Also zog sie mit ihm in sein Haus ein, eine flache, großzügig angelegte Villa in einem Grüngürtel am Stadtrand. Lokhout besorgte ihr eine andere Arbeit, die zwar ebenfalls hart war, aber nicht so stupide und reizlos wie in der anderen Fabrik. Mit Oriwad traf sie sich noch ein paarmal, und die ehemalige Ziehmutter gestand ihr, daß sie/er sich ebenfalls Hoffnungen auf sie gemacht habe. Aber das war nun vorbei. Oriwad hatte zu lange geschwiegen, und außerdem wäre er nicht das gewesen, was Siebenton sich als Gefährten vorgestellt hatte.
    Nach drei Jahren wurde sie zum erstenmal schwanger und gebar zwei Jahre später Paturch. Von diesem Augenblick an wurde in ihrer Beziehung zu Lokhout vieles anders. Er ließ sie nicht mehr zur Arbeit gehen, sondern zu Hause bleiben und sich um das Mädchen kümmern. Zudem engagierte er noch ein Kinder- und Hausmädchen.
    Er isolierte Siebenton von allen anderen Mönchen. Sie hatte jetzt praktisch keinen Kontakt mehr zur Außenwelt.
    Siebenton wurde todunglücklich. Sie sehnte den Tag herbei, an dem sie endlich ein Mann werden würde und frei ihren Neigungen und Ambitionen nachgehen konnte. Doch noch waren es, statistisch gesehen, zwanzig bis dreißig Jahre bis dahin.
    Und Lokhout wollte weitere Kinder. Siebenton begann zu kränkeln. Sie fühlte sich, als würde sie innerlich Tag für Tag ein bißchen mehr verstümmelt. Ihre großen Ideale und Pläne - was war von ihnen geblieben? Wie sollte sie sie jemals verwirklichen, wenn Lokhout sie mit seiner allgegenwärtigen Dominanz begrub?
    Es dauerte sieben lange Jahre, bis sie wieder schwanger wurde. Silkon wurde geboren, als Siebenton 111 Jahre alt war. Sie freute sich über das Kind, wenn auch nicht über die Umstände, unter denen es zur Welt kam.
    Lokhout betrachtete es, wie. auch Paturch, als seinen Besitz.
    Siebenton empfing von ihm keine Liebe mehr, schon gar nicht Anerkennung. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann wäre sie zur reinen Gebär- und Aufzuchtmaschine degeneriert.
    Zum zweitenmal in ihrem Leben spielte sie mit dem Gedanken an den Tod. Das Sternlicht bewahrte sie davor und der neue Trotz, der in ihr wuchs.
    Und noch etwas ...
    Walyon kehrte nach Wolkenort zurück.
     
    *
     
    Sie erfuhr durch Zufall davon, bei einer der wenigen Gelegenheiten, das Haus zu verlassen und in die Stadt zu gehen. Dort traf sie Oriwad, und dieser berichtete davon, daß ein einflußreicher und lange verschollener Mönch von einer Mission zurückgekommen sei. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Sie wußten beide, wer damit gemeint war.
    Siebenton schöpfte neue Hoffnung. Ihr körperlicher Zustand besserte sich schlagartig. Plötzlich hatte sie wieder Appetit, und sie freute sich auf den neuen Tag. Dreißig Jahre hatte sie gewartet und gelitten. Das konnte nicht umsonst gewesen sein. Jetzt, das wußte sie, würde sie einen Weg finden, zu Walyon zu gelangen öder ihm zumindest eine Nachricht zukommen zu lassen.
    Sie trafen sich, als Lokhout auf einer Inspektionsreise war, die einige Tage andauern würde, im Zoo von Bleuht. Es war ein warmer, heller Tag. Der Himmel war rot wie immer, ohne eine einzige Wolke.
    Walyon trug eine dunkelblaue Schärpe, fast violett. Je dunkler das Blau, wußte Siebenton natürlich, desto höher der Rang eines Priesters. Walyon lebte nun also in unmittelbarer Nähe des Seelenhirten, wenn er diese Farbe tragen durfte; unten in der Inversen Wache, der traditionellen, dreitausend Meter tief in den Boden gebauten Residenz des Hirten.
    Walyon und Siebenton begrüßten sich herzlich. So konservativ die Mönche im Rollenverständnis von Männern und Frauen waren, so liberal waren sie in „moralischer" Hinsicht und was das Auftreten der Priester in der Öffentlichkeit betraf. Die Priester und ihre Schüler waren keine respektierte, aber ausgegrenzte Minderheit, die nach strengen Regeln zu leben hatte. Nur der Seelenhirte machte eine Ausnahme, sein Leben war dem Sternlicht geweiht. Seine Priester aber konnten sich an eine Frau binden und Kinder mit ihr haben, wenn sie dafür nur den Dienst am Glauben nicht vernachlässigten. Und auch für sie galt das gleiche wie für

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