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1892 - Als das Sternlicht erlosch

Titel: 1892 - Als das Sternlicht erlosch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sehen, da sie permanent eine Art Kaftan trugen, der bis zum Boden reichte. Ihre Fortbewegungsweise bildete ebenfalls ein Geheimnis. Der Bewegungsablauf erinnerte an ein Schweben und nicht an ein Gehen im mönchischen Sinn.
    Siebenton wurde sehr freundlich begrüßt. Norr und seine Begleiter waren gut informiert und wußten, daß ihre Zentralwelt die erste Station auf der Rundreise des Seelenhirten war. Entsprechend würdigte Norr den Besuch. Als beide ihre Reden an die Bevölkerung gehalten hatten, stiegen der Ratsvorsitzende und der Seelenhirte gemeinsam in einen Gleiter und flogen zur Residenz, wo Siebenton ein buntes Programm aus Kultur, Informationen, einem Gastmahl und der Eintragung ins Buch der Geschichte erwartete.
    Die Jedouinen waren bei alledem freundlich, aber reserviert. Er begriff, daß dies ihre Art war. Andere Seelenhirten vor ihm hatten es wohl als Hochnäsigkeit ausgelegt und die Beziehungen mit dem Jedouin-Imperium deshalb einschlafen lassen.
    Siebenton war entschlossen, das zu ändern, und als er nach drei Tagen wieder abflog, da waren mehrere Kooperationsverträge unterzeichnet und ein „Botschafteraustausch" besiegelt.
    Es ging weiter zu den nächsten Planeten. Die elliptische Spiralgalaxis Shaogen-Himmelreich besaß rund 300 Milliarden Sonnenmassen. Sie war riesig. Und neunzig Prozent dieser Welteninsel wurden alle siebzig Stunden vom Shaogen-Sternlicht erfaßt, in jener kugelförmigen Zone um das Zentrum von 80.000 Lichtjahren Durchmesser. Die übrigen zehn Prozent, also die äußeren Spiralarme, wurden Äußere Galaxis genannt.
    Siebenton besuchte zunächst die Welten, die, ähnlich wie das Jedouin-Imperium, von seinen Vorgängern und den anderen beiden Seelenhirten in den letzten Jahrhunderten vernachlässigt worden waren.
    Zwar herrschte nach wie vor tiefer Friede in Shaogen-Himmelreich, aber er wollte die Bindungen festigen, den Kontakt der vielen Völker untereinander verstärken. Freundschaft, Vertrauen und kultureller, wirtschaftlicher und technologischer Austausch konnten für alle Seiten nur von Vorteil sein.
    Etwa ein halbes Jahr lang war Siebenton so unterwegs und erneuerte die alten Kontakte. Dann wurde es Zeit, den Rundflug zu unterbrechen und sich wieder den Geschäften auf Wolkenort hinzugeben. Siebenton durfte nicht den Fehler machen, ins andere Extrem wie sein Vorgänger zu verfallen, der die Inverse Wache so gut wie nie verlassen hatte.
    Kurz nach der Landung auf Wolkenort erkrankte Walyon.
    Er war während der Reise von Tag zu Tag sichtbar weiter gealtert, hatte aber darauf bestanden, an Bord zu bleiben. Am Schluß hatte er seine Kabine kaum noch verlassen können. Nun hatte sein Körper nicht mehr die Kraft, sich gegen den tückischen Erreger zu wehren.
    Walyon war ans Bett gefesselt, unten in der Inversen Wache, und Siebenton wachte jede freie Minute bei ihm. Erließ auch Saroteh kommen, denn er wußte, daß es mit seinem Freund und Mentor jetzt sehr schnell zu Ende gehen würde.
     
    *
     
    Walyon konnte kaum noch sprechen. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. Der Körper war ausgezehrt, er vermochte sich nicht mehr ohne fremde Hilfe aufzurichten.
    Als er wußte, daß sein Ende gekommen war, verabschiedete er sich von Saroteh und von Siebenton. Die letzten Worte, die er dem Seelenhirten zuflüstern konnte, waren die, daß er sich „vor dem Shaogen-Außenwächter-Orden in acht nehmen" sollte. Es war sein letzter Ratschlag für Siebenton und das letzte, was er in diesem Leben sagte.
    Walyon starb still und würdig im Alter von 289 Jahren. Er wurde unter großer Anteilnahme der Priesterschaft und der Bevölkerung in der Inversen Wache bestattet.
    Siebenton war für Tage nicht ansprechbar. Er fühlte eine nie gekannte Leere in sich. Er hatte den Mönch verloren, der immer für ihn dagewesen war, seinen Geliebten, als er noch eine Frau gewesen war, danach seinen Freund, seinen Vaterersatz. Er mußte gegen die Versuchung kämpfen, jetzt Arratax oder wenigstens Saroteh zu sich kommen zu lassen, um mit jemandem reden, seinen Schmerz teilen zu können.
    Aber Siebenton war damit allein und einsam. Er mußte aus eigener Kraft damit fertig Werden. Er hatte zwar mehr Berater, als ihm lieb sein konnte, aber nie wieder würde er einen solchen haben. Wenn er nachts schlief, suchten ihn seine alten Alpträume heftiger denn je heim.
    Das Sternlicht kam und durchdrang ihn. Es gab ihm neue Impulse. Er zwang sich dazu, seine Gedanken auf die Zukunft zu richten. Er saß häufig halbe Tage

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