1892 - Als das Sternlicht erlosch
war. Wenn er ehrlich war, hatte er mit seinem Sieg gerechnet, nachdem die Caliguren für ihn gesprochen hatten.
Aber es ist eine Sache, abstrakt auf etwas zu hoffen, und eine andere, diese Hoffnung dann in Erfüllung gegangen zu sehen, in ein Faktum verwandelt.
Natürlich waren alle fünf Kandidaten bei der Verkündung der Entscheidung anwesend. Als erster gratulierte Siebenton der Sprecher des Gremiums, dann Lokhout mit ausdrucksloser Miene, schließlich die anderen Vorgeschlagenen und die Würdenträger. Siebenton hatte eine Menge Hände zu schütteln und war noch wie benommen.
Dann kam Walyon. Die beiden Freunde fielen sich in die Arme, und erst jetzt begriff Siebenton, was geschehen war. Er war neuer Seelenhirte von Wolkenort! Er war von jetzt an die mächtigste Persönlichkeit einer ganzen Galaxis. Sein Wort galt von nun an auf vielen tausend Planeten. Er war der Steuermann des Shaogen-Kults und konnte die Weichen stellen, so, wie er es für richtig hielt.
Er konnte es kaum abwarten, die Inverse Wache zu verlassen und Arratax in die Arme zu schließen. Sie hatte ihm zugeredet, ihr gebührte die Hälfte des Triumphs. Doch daran war jetzt nicht zu denken.
Kaum gewählt, erlebte Siebenton auch schon die Schattenseiten seines neuen Daseins. Er gehörte von jetzt an nicht mehr nur sich selbst und seinen Freunden. Er mußte für alle Mönche und Exoten in Shaogen-Himmelreich dasein, ihr Ansprechpartner und ihr Tröster, ihr Prophet und ihr Hirte.
Er kam nicht mehr zu seiner Gefährtin zurück. Er blieb in der Insersen Wache und bezog die Räumlichkeiten des Seelenhirten, immer umgeben von geistlichen Würdenträgern und, soweit zulässig, Vertretern der Medien. Arratax durfte ihn nicht einmal besuchen. Das war der Preis der Macht. Sie hatte es gewußt und ihn trotzdem bestärkt.
„Wenigstens du bleibst mir erhalten", sagte er zu Walyon, als sie sich endlich allein in genau jenem Zimmer gegenübersaßen, in dem Siebenton Caryton begegnet war. Siebenton war erschöpft. „Das erste, was ich abschaffen werde, sind diese endlosen Gratulationskuren und Empfänge."
„Das wird bald vorbei sein", tröstete Walyon ihn lächelnd. „Du wirst es noch einige Tage lang aushalten müssen, wenn die Delegationen von den anderen Planeten kommen. Danach. wird Ruhe einkehren, glaub es mir. Und du wirst mehr Zeit hier unten verbringen, als dir lieb ist. Du wirst dich oft nach etwas mehr Unterhaltung sehnen, wenn du einsam durch deine Gemächer wanderst oder in der Bibliothek sitzt."
„Und das sagst du mir jetzt ...", seufzte Siebenton, aber dann lachte er.
„Sobald es geht, möchte ich eine große Rundreise durch mein Herrschaftsgebiet machen,’ Walyon", sagte er dann. „Ich möchte so viele Welten und ihre Bewohner kennenlernen wie nur möglich. Ich will mich nicht vergraben, sondern helfen, wo ich helfen kann. Und ich weiß, es gibt viele bedürftige Welten."
„Nichts anderes habe ich erwartet", sagte Walyon schmunzelnd. „Es tut gut zu sehen, daß du dich gefangen hast. Wir werden Shaogen-Himmelreich bereisen, Siebenton. Und ich würde nichts sehen, wenn eines der Besatzungsmitglieder im KREUZMOND VON WOLKENORT Arratax hieße ..."
5.
Siebenton, 171 bis 182 Jahre Shaogen-Himmelreich Siebenton wollte seine Amtszeit nicht mit einem Eklat beginnen, deshalb entschloß er sich schweren Herzens, Arratax bei seiner ersten großen Reise zu Hause zu lassen.
Es war vorbei. Sie würden sich nie mehr sehen. Sie hatten es beide gewußt. Siebentons Kopf war voll von Reformplänen, aber alles brauchte seine Zeit. Er durfte und konnte die Mönche nicht vor den Kopf stoßen.
Der KREUZMOND VON WOLKENORT war eine von drei Sonderkonstruktionen, die ausschließlich den Seelenhirten vorbehalten waren. Es gab neben ihm nur noch den KREUZMOND VON TOUN und die KREUZMOND VON PHASENBERG, den Siebenton als junge Frau mit dem Seelenhirten von Phasenberg hatte ankommen sehen.
Handelte es sich bei den normalen Mondschiffen der Mönche um elegante Sicheln mit einer Größe von 220 Metern von Sichelspitze zu Sichelspitze und maßen die seltenen Vollmondschiffe mit ihrer „Zweidrittelform" 440 Meter von Spitze zu Spitze, so waren die Kreuzmonde, wie der Name verriet, aus zwei Sicheln zusammengesetzt, die einander in Kreuzform durchdrangen. Bei ihnen maß der Abstand von Sichelspitze zu Sichelspitze 1100 Meter, womit die gegenüberliegenden Sichelspitzen gemeint waren, und der vom eingedellten Bug bis zum Heck vierhundert Meter. Die
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