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1893 - Offensive des Traal

Titel: 1893 - Offensive des Traal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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näherte sich dem Krüppel in ihrem rassetypischen Schwebegang. Der bis zum Boden reichende olivgrüne Kaftan verhinderte jeden Blick auf die Beine und Füße der Frau.
    „Dann sieh dich vor! Wenn Tendrik stirbt, verlierst du ein weiteres Stück deines wertlosen Körpers. Ich werde es dir mit eigenen Händen herausreißen."
    „Wie alles bisher. Ungeheuer, so tief bist du gesunken. Ein Glück, daß ich dich nicht mehr sehen kann.
    Diese Fratze einer Bestie ..."
    Jeden anderen hätte Houcho Maull sofort angegriffen und zerfleischt. Nicht so diesen. Der Mönch war alt, über dreihundert Jahre. Die Entbehrungen in der jahrelangen Gefangenschaft hatten ihn widerstandsfähig gemacht. Sein Platz war hier draußen auf dem Balkon. Er ernährte sich von den Abfällen aus der Küche, die das Personal ihm hinwarf. Schreiben bildete seine einzige Aufgabe. Er schrieb alles auf, was er hörte, die Geräusche und Gespräche drunten in der Stadt und die Kommunikation aus dem Innern der Residenz. Ohne daß er es wußte, benutzte Houcho ihn als Chronisten der letzten Wochen vor dem endgültige Sieg.
    „Mahrenbach", flüsterte Maull fast zärtlich seinen Namen. „Höft Mahrenbach. Erinnerst du dich noch an deine Zeit als Shaogen-Hüter auf Phasenberg?"
    Drüben am Raumhafen donnerte soeben der Kasten herab und übertönte ihre Worte fast vollständig.
    Dennoch reagierte der Krüppel in seiner Ecke. Ohne das Augenlicht entwickelte er sein Gehör zu wahrer Meisterschaft.
    „Natürlich, Houcho! Es war eine wundervolle Zeit."
    „Das wird bald endgültig vorbei sein. Zwanzigtausend Jahre Mummenschanz reichen."
    „Mehr, mehr. Es waren mindestens fünfzigtausend. Wahrscheinlich aber hunderttausend. Du kannst sie nicht aus der Geschichte dieser Galaxis tilgen. Niemand kann das. Und selbst wenn du alle umbringen läßt, die jemals im Bereich des Shaogen-Sternlichts gelebt haben und sich daran erinnern können, wird es immer im Bewußtsein der Völker gegenwärtig bleiben. Auch in deinem eigenen Bewußtsein. Du selbst wirst es nie vergessen."
    „Du irrst dich, alter Spinner. Nach meinem Tod vergesse ich alles. Auch das."
    „Dann solltest du dich mit dem Sterben beeilen."
    Houcho Maull lachte schallend. Drüben auf dem Raumhafen krachte es, als das Flickwerk aus Metallklötzen, das Tendrik großspurig als sein Schiff bezeichnete, viel zu hart auf den Untergrund prallte und dabei mindestens zehn Tonnen Stahlplatten der Außenhülle verlor. Der Lärm verklang, und noch immer lachte die Anführerin der Traal-Gegenkultler.
    „Den Gefallen werde ich dir nicht tun. Aber schreib es ruhig auf, was wir sprechen. Die Nachwelt wird sich darüber amüsieren."
    „Du hast mich nicht verstanden." Der Kopf des Mönchs bewegte sich unwillig hin und her. „Ich sagte, daß es nicht mehr lange dauert, bis die Völker von Shaogen-Himmelreich deinen Umtrieben ein Ende setzen."
    „Ein Wettlauf, ist es das, was du meinst? Ein richtiger Wettlauf um den Sieg? Leider sind die Außenwächter nicht so zahlreich, als daß sie unseren Vormarsch aufhalten könnten."
    „Die Himmelsburg wird Boten schicken. Und diese Boten werden uns den Weg weisen."
    Das Lachen der Jedouine erstarb. Sie fixierte das Bündel.
    Mahrenbach kroch wieder unter die Lumpen. Das Gespräch war für ihn beendet.
    „Seniler Narr!" murmelte sie. „Wie kannst du nur einen solchen Unsinn glauben? Aber immerhin, du glaubst an etwas." Sie kehrte unter die Balkontür zurück. „Schreib, daß die Ladung eingetroffen ist!" schrie sie ihn an. Sie konnte es sich leisten, ihm gegenüber ihren Unmut zu zeigen und sich eine Blöße zu geben. „Du wirst ihre Schreie bis hierher hören."
    Der Krüppel bewegte sich heftig.
    „Glaubst du etwa an nichts? Das kannst du mir nicht weismachen. Du glaubst wie alle an das Sternlicht, aber es betrifft dich nicht. Du lebst in der äußeren Galaxis und wirst nie in das Shaog eingehen."
    „Du auch nicht."
    „Ich werde heimkehren. Irgendwann. Und ich werde in die Himmelsburg gelangen. So ist es vom Schicksal bestimmt, und so wird es geschehen."
    „Zuvor werde ich dich in Metall eingießen. Niemand wird dich heimholen, Dummkopf!"
    Das Bündel erstarrte, und Houcho Maull kehrte in das Innere der Residenz zurück.
    Manchmal verunsicherte sie der Alte. Oder zumindest versuchte er es. Houcho gefielen diese hilflosen Versuche, sie psychisch zu beeinflussen und ihr ein schlechtes Gewissen einzureden. Er würde es bis ans Ende seiner Tage probieren und nie begreifen, daß

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