19 - Am Jenseits
nach Djof führen. Daß alle diese Leute die Diebe nicht finden würden, entdeckte ich in Akabet esch Scheïtan, wo ich erfuhr, daß die Mekkaner vor vier Tagen durchgekommen seien. Die Route nach Mekka, welche ich eingeschlagen hatte, war also die richtige.“
„Nun seid ihr dieser Route so lange gefolgt, ohne euren Zweck erreicht zu haben.“
„Du sagst leider die Wahrheit. Der Scheïtan scheint die Schurken zu beschützen, indem er sie für uns unsichtbar macht.“
„So scheint der Scheïtan über eure Augen mehr Macht zu besitzen als über die meinigen.“
Er sah mich erst groß an und fragte dann aber desto schneller:
„Die deinigen? Hättest du sie gesehen?“
„Ja.“
„Wirklich?“
„Ja.“
„Wo?“
„Den dritten Teil einer Tagereise von hier.“
„Also hinter euch?“
„Ja.“
„Allah sei Dank! Ich glaube deinen Worten; du kannst dich nicht täuschen, denn ich weiß, daß du der –“ wieder hielt er inne und gab dann seinen Worten eine andere Wendung: „daß du ein sehr kluger Effendi aus dem Wadi Draha bist. Wir müssen sofort umkehren, sofort, denn ich darf keinen Augenblick – – –“
„Halt! Übereile dich nicht!“ unterbrach ich ihn. „Sie sind nicht mehr hinter uns, sondern vor uns.“
„Wie? Wirklich?“
„Ja. Sieh da die Spuren, denen wir folgen! Das ist die Fährte der Diebe, die du suchst.“
Kaum hatte ich das gesagt, so rief Halef aus:
„Effendi, sag das nicht! Du wirst diesen bestohlenen Beschützer der Heiligtümer irreführen. Das sind ja die Spuren der – – –“
„Bitte, schweig du!“ unterbrach ich ihn trotz der Anwesenheit Hannehs, seines Sohnes und der Haddedihn in sehr bestimmtem Tone. „Du hast erfahren, daß ich stets ganz genau weiß, was ich sage.“
„Ja“, antwortete er, noch immer oppositionslustig, „ich habe ja immer zugegeben, daß dein Verstand länger ist als der meinige; dafür ist aber meiner breiter als der deinige, und so fragt es sich also, ob hier der Irrtum in der Länge oder in der Breite liegt.“
„Lieber Halef, sei ja nicht stolz auf diese Breite deines Verstandes! Du hast trotz derselben vorhin einen Fehler begangen, der fast nicht zu verzeihen ist!“
„Ich – – –?“ fragte er erstaunt.
„Ja, du.“
„Wann?“
„Vor zwei Minuten.“
„Also hier?“
„Ja.“
„Wodurch? Womit?“
„Das werde ich dir später sagen.“
„Nein, Sihdi! Ich will es jetzt wissen, jetzt gleich!“
Da wendete sich der Perser an mich:
„Erlaubst du, daß ich es ihm sage?“
„Ja, sage es“, antwortete ich ihm, da es dadurch auch mir klar werden mußte, wie weit die Wirkung der Unvorsichtigkeit Halefs reichte.
Khutab Agha ließ sein ironisches Lächeln wieder erscheinen und forderte den kleinen Hadschi auf:
„Sag mir noch einmal der Wahrheit gemäß, wer dieser dein Effendi ist!“
Halef richtete sich im Sattel in Positur und antwortete mit größter Bereitwilligkeit:
„Dieser mein Effendi heißt Hadschi Akil Schatir el Megarrib Ben Hadschi Ahm Schadschi er Rani Ibn Hadschi Dajim – – –“
„Sei still, still, still!“ fiel da der Basch Nazyr lachend ein. „So heißt er nicht. Ich weiß es besser, viel besser als du!“
„Besser – – –? Als ich – – –?“ fragte Halef verwundert.
„Ja, besser!“
„So! Wenn du klüger bist, so sag doch seinen Narren!“
„Er ist Hadschi Kara Ben Nemsi aus Dschermanistan!“
Jetzt mußte man das Gesicht Halefs sehen! Es wurde vor Erstaunen fast noch einmal so lang, als es vorher gewesen war.
„Du weißt – – – weißt – – – weißt – – –“, stotterte er.
„Ja, ich weiß!“ nickte der Perser.
„Hast du ihn schon gekannt?“
„Nein.“
„Gesehen?“
„Nein, auch nicht gesehen. Aber gehört habe ich von ihm und auch von dir.“
„Wie kannst du da aber wissen, daß dieser Effendi hier es ist?!“
„Es ist mir ja vorhin gesagt worden!“
„Von wem?“
„Von dir!“
„Von – – –?!“
Das ‚Mir‘ blieb dem Hadschi im Munde stecken. Er sah Khutab Agha aus vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen an und fuhr dann aber zornig fort:
„Höre, ich verbiete dir, deinen Scherz mit mir zu treiben! Du bist zwar als der Bewacher der Heiligtümer von Meschhed Ali ein Mann, den man mit Höflichkeit und Achtung zu behandeln hat, aber wenn du meinst, mit mir, dem obersten Scheik der Haddedihn vom großen Stamme der Schammar, ein loses Possenspiel treiben zu können, so wirst du sofort
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