19 Minuten
schwanger wurde, redete sie sich ein, sie würden für immer zusammenbleiben.
Logan hatte ihr gesagt, sie solle es wegmachen lassen. Sie hatte sofort einen Termin für eine Abtreibung vereinbart, dann jedoch vergessen, ihn in ihren Kalender einzutragen. Sie vereinbarte einen neuen Termin, merkte aber zu spät, dass er sich mit einer Examensklausur überschnitt. Danach war sie zu Logan gegangen. Es ist ein Zeichen, hatte sie gesagt.
Sei vernünftig, hatte Logan gesagt. Du hast jetzt den Abschluss, aber eine alleinerziehende Mutter wird es nie zur Prozess-anwältin bringen. Sie müsse sich zwischen Karriere und Baby entscheiden.
Doch in Wahrheit meinte er, sie müsse sich zwischen dem Baby und ihm entscheiden.
Als Alex Logan Rourke kurze Zeit später eröffnete, sie würde eine Stelle als Pflichtverteidigerin annehmen, hatte er gelacht. Das hältst du keine Woche durch , hatte er gesagt. Dazu bist du viel zu weich.
»Ich weiß, es kommt Ihnen wie eine Ewigkeit vor«, sagte Lacy zu der Frau auf dem Geburtsbett. »Aber wenn Sie noch eine Stunde schön mitmachen, ist Ihr Baby da.«
Lacy wies gerade den Ehemann an, seine Frau von hinten zu stützen, während sie presste, als sie an der Taille ihrer meerblauen Kluft den Piepser vibrieren spürte. Wer zum Teufel konnte das sein? Ihre Sekretärin wusste doch, dass sie schon bei einem Einsatz war.
»Entschuldigen Sie mich bitte«, sagte sie und bat eine Krankenschwester, sie kurz abzulösen, während sie nach nebenan zum Telefon ging. »Was ist denn?«, fragte sie, als sich ihre Sekretärin meldete.
»Eine Patientin will unbedingt mit Ihnen sprechen.«
»Ich hab zu tun«, sagte Lacy knapp.
»Sie hat gesagt, sie wartet. Egal wie lange.«
»Wer ist sie denn?«
»Alex Cormier«, erwiderte die Sekretärin.
Die Juristin, dachte Lacy, die mit den dringenden Terminen, die ihr Baby nicht behalten will. Normalerweise hätte Lacy der Sekretärin gesagt, sie solle die Patientin zu einer anderen Hebamme in der Praxis schicken. Aber Alex Cormier hatte irgendetwas an sich, das Lacy nicht genau benennen konnte, irgendetwas, das nicht ganz stimmig war und sie neugierig machte. »Also schön«, sagte Lacy. »Aber sagen Sie ihr, es kann eine ganze Weile dauern.«
Sie hängte ein und eilte zurück in den Geburtsraum.
Vierzig Minuten später verabschiedete Lacy sich von den glücklichen Eltern eines sechs Pfund schweren Mädchens und eilte den Gang hinunter zum Personalraum, wo sie sich Wasser ins Gesicht spritzte und eine frische Montur anzog. Dann ging sie hinauf ins Wartezimmer. Alex Cormier erhob sich bei ihrem Anblick sofort, mit roten Augen und unsicher, als würde sie von Lacy magnetisch auf die Beine gezogen.
»Guten Tag, Alex«, sagte sie, »bitte kommen Sie doch mit.«
Sie führte Alex in einen leeren Untersuchungsraum und nahm ihr gegenüber auf einem Stuhl Platz. Im selben Augenblick fiel Lacy auf, dass Alex ihren blassblauen Pullover verkehrt herum trug - das Etikett lugte vorn aus dem Kragen. So etwas konnte natürlich jedem passieren, wenn er es eilig hatte. Aber nicht Alex Cormier.
»Ich hatte eine Blutung«, sagte Alex mit ruhiger Stimme. »Nicht stark, aber, ähm, doch ein bisschen.«
Ebenso ruhig erwiderte Lacy: »Dann schauen wir mal nach.«
Sie führte Alex den Gang hinunter zum Ultraschall und bat sie, sich auf der Liege auszustrecken. Lacy schaltete das Gerät ein und bewegte den Schallkopf über Alex' Bauch. In der sechzehnten Woche sah der Fötus winzig, knochig und bereits verblüffend vollkommen aus. »Sehen Sie das da?«, fragte Lacy und zeigte auf einen winzigen schwarz-weiß blinkenden Trommelschlag. »Das ist das Herz.«
Alex drehte das Gesicht weg, aber Lacy hatte die Träne auf ihrer Wange noch gesehen. »Dem Baby geht's gut«, sagte sie.
»Ich dachte, ich hätte eine Fehlgeburt.«
»Bei einem normal entwickelten Baby wie Ihrem liegt das Risiko einer Fehlgeburt bei einem Prozent. Anders ausgedrückt -Ihre Chance, ein gesundes Baby zur Welt zu bringen, beträgt neunundneunzig Prozent.«
Alex nickte und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Gut.«
Lacy zögerte. »Es geht mich ja wirklich nichts an. Aber Alex, für eine Frau, die ihr Kind nicht behalten will, wirken Sie ungemein erleichtert darüber, dass das Kleine gesund ist.«
»Ich - ich kann nicht -«
»Denken Sie einfach mal drüber nach«, sagte Lacy.
Ich hab schon eine Familie , sagte Logan Rourke, als Alex ihm eröffnete, dass sie das Baby behalten würde. Ich brauche
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