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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Grasbüschel sank. Die Enttäuschung brannte in seiner Brust wie ein Schmerz. Aruula war nicht hier. Sollte ihr etwas zugestoßen sein?
    Oder hatte sie sich unterwegs von dem Zwang befreien können, unbedingt zum brennenden Felsen wandern zu müssen?
    Am südwestlichen Horizont bewegten sich dunkle Flecken. Zehn oder zwölf waren es, und sie kamen rasch näher; Tiere, die Rulfan an Kamauler erinnerten und zugleich an Paarhufer, die er aus alten Datenbanken der Bunkerstadt Salisbury kannte – an Schafe.
    Doch wie groß sie waren! Geradezu gigantisch! Rulfan konnte nicht anders als aufzuspringen, als er erkannte, dass diese Tiere so groß wie manche Gebäude in den Ruinenstädten der Alten waren.
    »Bei Wudan!«, entfuhr es ihm.
    Die Mammutschafe trotteten bis nahe an den roten Felsen heran.
    Die Männer und Frauen aus dem Lager schlichen herbei, um sie zu bestaunen. Schwarze Männer mit rotweißer Körperbemalung seilten sich aus dem Bauchfell der Tiere ab.
    Rulfan beobachtete einen Mann, der sich am geflochtenen Kletterseil ein wenig ungeschickter anstellte und größer war als die meisten anderen. Auch sonst unterschied er sich von den Anangu.
    Während die nur mit Lendenschurzen, allenfalls noch mit grob gewebten Westen bekleidet waren, trug der Mann einen zweiteiligen Anzug von dunkelgrüner Farbe mit roten Schulterstücken. Dieser Anzug lag erstaunlich eng am seinem Körper an. Auf dem Rücken trug er eine Art Rucksack.
    Der Mann war größer als die meisten Anangu. Vor allem aber: Der Mann war blond.
    Rulfan stand wie erstarrt. Er war durch Vogler und Clarice schon auf die Begegnung vorbereitet worden, trotzdem traf es ihn wie ein Schlag: Der Mann war der tot geglaubte Commander Matthew Drax.
    ***
    Zwei Meter über dem Boden ließ Matt das faserige Seil los und sprang. Es staubte, als er zwischen den gelb-bräunlichen Grasbüscheln landete. Er sah sich um: Eine Menge von zwei- oder dreihundert Menschen strömte zusammen, um die Schafstitanen zu begaffen. Hinter den Leuten standen ein paar Hütten und Zelte. Das Dorf, wenn man es so nennen wollte, machte einen provisorischen Eindruck. Dahinter erhob sich ein steinerner, rötlicher Koloss: der Uluru.
    Matthew Drax beeilte sich, aus dem Aktionsradius der turmartigen Schafsbeine zu gelangen. Er trat aus dem Schatten des Giganten und betrachtete das Felsmassiv. Von alten Bildern her kannte er den Uluru – früher Ayers Rock genannt – natürlich. Doch jetzt vor ihm zu stehen, war etwas ganz anderes. Zeitlos und gewaltig erschien ihm der Kilometer lange Felstisch, und er selbst kam sich winzig und unbedeutend dagegen vor. Etwas Unheimliches ging von dem Massiv aus. Matthew fröstelte.
    »Commanderdrax, ich komme!«, rief eine junge Stimme in holprigem Englisch. »Gibt es schöne Weiber dort unten?«
    Matt drehte sich um und blickte zum Bauchfell des Schafstitanen hinauf. Cahai seilte sich ab. Der junge Bursche hatte sich an den Commander gehängt. Er sprach schon ein paar Brocken Englisch, als sie sich vor drei Tagen begegnet waren. Durch Matts Gedanken hatte er die Bedeutung der Worte begriffen, die sein neuer Freund benutzte, und erstaunlich schnell dazu gelernt. So schnell, dass Matt sich gut mit ihm verständigen konnte.
    »Frauen?« Matt grinste. »Ich hab sie mir noch gar nicht so genau angeschaut.«
    »Was sagst du da? Ich dachte, du hungerst nach dem schönen Weib, nach dieser Aruula!« Cahai kletterte herunter. Der Anführer der Anangu folgte ihm, Daagson, der verdammte Mörder.
    Matthew Drax wandte sich ab. Mit klopfendem Herz ging er auf die Menge zu, jedes einzelne Gesicht sah er sich an. Die unterschiedlichsten Menschen schienen hier zu hausen. Gesichter jeden Alters sah der Mann aus der Vergangenheit, Menschen mit den unterschiedlichsten Kleidungsstilen und alle denkbaren Hautfarben.
    Wenn er alles richtig verstanden hatte, waren alle diese Leute hier Telepathen.
    »Bei den Seelen meiner Vorfahren!« Cahais Stimme klang heiser.
    »Der brennende Fels! Ich bin am Ziel! Ich hab’s geschafft!« Der Bursche war wie aufgekratzt, er überschlug sich fast vor Ergriffenheit und Freude. »Und was jetzt? Was passiert jetzt? Wer ist hier der Fürst?« Er fragte Daagson Löcher in den Bauch. Der Erste Wächter des Uluru sah ihn nur mit ausdrucksloser Miene an.
    Matt Drax hörte kaum mit halbem Ohr zu. Seine Augen suchten noch immer die Menge ab. An weiblichen Gesichtern blieb sein Blick einen Wimpernschlag länger hängen als an denen von Männern. Er suchte das

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