1905 - Zwischen den Zeiten
voneinander ragten bis zu hundert Meter hohe Bäume aus dem Grün hervor. Auf ihnen befanden sich zumeist die Horste großer Raubvögel.
In geringer Höhe glitten die Chronauten nach Südosten. Gerro Avva führte die Gruppe an. Er hatte mit erheblichen Ängsten vor den Zeitfeldern zu kämpfen, doch er wich nicht vor der Gefahr zurück. Er wollte das Ziel so schnell wie möglich erreichen, Tronium-Azint mitnehmen und wieder verschwinden.
Die anderen folgten dichtauf. Ihnen allen war das Unbehagen wegen der tückischen Zeitfelder gemeinsam.
Gucky beobachtete Kalmat, und immer wieder versuchte er, ihn zu beleben, doch viel konnte er nicht tun. Der Schock war durch die Teleportation ausgelöst worden, und nun befand sich der Rawwe in einem Zustand, der sich irgendwo zwischen Wachsein, Schlaf und Koma bewegte, wobei er mal in die eine Richtung, mal in die andere tendierte. In seinem tiefsten Inneren war er überzeugt davon, daß er gestorben und danach in eine andere Existenzebene übergegangen war.
Aus dieser Situation konnte ihn entweder nur sein eigener Verstand oder ein hochqualifizierter Spezialist befreien.
Plötzlich war da ein Gedanke. Er war wie ein Schrei, und er stürzte so intensiv über Gucky herein, daß dieser unwillkürlich zusammenfuhr.
Kalmat lebt!
Der Gedanke kam von dem geheimnisvollen Jengtschek, und Gucky erfaßte, daß er ein Beobachtungsgerät auf sie gerichtet und den Rawwen dabei erkannt hatte.
Eine Welle voller Haß und Rachegelüste brach über ihn herein, die von Sekunde zu Sekunde mehr anwuchs. Nun informierte der Anführer der Zeitlosen seine Begleiter darüber, daß Kalmat den Zeittaucher zerstört und dabei überlebt hätte. - Der Anführer der Zeitlosen-Gruppe machte ihn für den Verlust der Raumfähre verantwortlich und lastete ihm an, daß die Gestrandeten den Planeten nun nicht mehr verlassen konnten.
„Wir müssen ihn töten!" forderte er, wie Gucky telepathisch erkannte, und stachelte damit die Wut seiner Begleiter noch mehr an. „Wir müssen ..."
Seine Gedanken zerfaserten, spalteten sich auf und liefen auseinander, um sich irgendwo im Nichts zu verlieren. Gucky gelang es nicht, weiter in Jengtschek einzudringen und telepathisch in seiner Nähe zu bleiben. Er verlor den Kontakt zu ihm.
Wer war Yat, der die Zerstörung des Zeittauchers gewollt„hatte, und wer war dieses Wesen namens Jengtschek?
Einer derart multiplen Persönlichkeit war er wohl noch nie zuvor begegnet. Ihm war, als habe er sich an einem aus Tausenden von Fäden geflochtenen Seil entlanggetastet und sei nun an seinem Ende angekommen, an dem sich das Seil auflöste und jeder einzelne Faden seinen eigenen Weg suchte.
Kalmats Kopf ruckte auf einmal hoch. Mit geweiteten Augen blickte der Rawwe den Ilt an.
„Nicht weiter!" rief er und versuchte sich von Icho Tolot zu lösen. Doch der Haluter ließ ihn nicht los, weil er sonst in die Tiefe gestürzt wäre. „Da vorn sind mehrere Zeitfelder. Wir müssen ihnen ausweichen."
Die Gruppe stoppte augenblicklich.
Als Kalmat begriff, daß er sich nicht auf dem Boden, sondern in einer Höhe von etwa fünfzig Metern befand, kämpfte er nicht mehr gegen den Haluter, sondern klammerte sich erschrocken an ihn.
Gerro Avva raste heran. „Was ist los?" fragte der Anführer der Gruppe.
„Wir sitzen in der Falle", antwortete Icho Tolot. Er bemühte sich, leise zu sprechen, doch er war noch immer so laut, daß Gerro Avva vor ihm zurückwich. „Vor uns Zeitfelder, hinter uns die Gestrandeten."
„Richtig", bestätigte Gucky. „Die Zeitlosen wollen uns an den Kragen."
„Sie sind geschlagen. Sie können nichts gegen uns ausrichten", behauptete der Shuuke. Sein Rüssel wedelte unter dem transparenten Schutzschirm temperamentvoll hin und her.
Er blickte sich um und entdeckte innerhalb weniger Sekunden die Wärmeabstrahlung von mehr als zwanzig Verfolgern. Eine altertümliche Waffe krachte, und ein Geschoß flog dumpf heulend über sie hinweg.
„Du kannst ja hierbleiben, wenn du willst", spöttelte der Ilt. „Ich jedenfalls warte nicht ab, bis sie sich auf uns eingeschossen haben."
Er erfaßte, wie sehr sich Gerro Awa über sich selbst und den von ihm herbeigeführten Autoritätsverlust ärgerte. Er hatte widersprochen, um seinen Führungsanspruch geltend zu machen. Erst danach hatte er erkannt, wie schwierig ihre Situation war..
„Also gut", sagte er. „Kalmat soll uns den Weg zeigen. Aber er muß sich beeilen."
Der Zeitspürer hatte ihn nicht beachtet,
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