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191 - Das Duell

191 - Das Duell

Titel: 191 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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dachte: Bevor ich mir das Hirn mit dieser Seligkeit vergiften lasse, kämpfe ich.
    »Wir sind keine Telepathen«, raunte Matt dem Gefährten zu. »Uns können sie mental nicht derart hörig machen.«
    »Möge Wudan dein Vertrauen belohnen«, sagte Rulfan sarkastisch.
    »Du hast doch Vogler und Clarice gesehen«, flüsterte Matt. »Die waren völlig normal, beide hatten einen ungebrochenen Willen. Dabei besitzt auch Vogler mentale Kräfte, die der Telepathie ähneln.«
    Wieder kamen drei Gestalten aus der Felsspalte, zwei Anangu und der hünenhafte Victorius. Sein blauer Frack war blutbefleckt, verkrustete Blutrinnsale zogen sich von Stirn und Schläfen aus bis zu seinen Ohren und seinem Kinn. Auch der Ansatz seiner rosafarbenen Perücke war blutverschmiert.
    »Was ist dir geschehen, mein Freund?«, rief Rulfan ihm entgegen. »Hast du dich verletzt? Bist du geschlagen worden?«
    »Mais non, mon ami! Wo denkst du hin?« Das Grinsen eines Idioten lag auf seinem breiten Gesicht. »ER hat mich berührt! Un grand moment, das schwöre ich dir!«
    Er schaukelte an ihnen vorbei, als hätte er ein dringendes Ziel. »Auch ihr geht zu IHM? Quel bonheur! Ich beglückwünsche euch, mes amis!«
    »Wer ist ›ER‹?«, rief Rulfan dem schwarzen Prinzen im Vorübergehen zu. »Und was hat ›ER‹ zu dir gesagt?«
    »ER ist groß! ER ist der HERR!« Victorius entfernte sich allmählich. »Mein Luftschiff gefällt IHM, die PARIS! Darum darf ich mein Leben für IHN geben, auch wenn ER mich für keinen großen Kämpfer hält!«
    »Er spricht wie ein kleiner Junge«, sagte Matt.
    »Und er bewegt sich wie ein kleiner Junge.«
    Sorgenfalten türmten sich auf Rulfans Stirn. »Dabei hatte sein Verhalten immer etwas Aristokratisches.«
    »Gefällt mir nicht.« Matt schüttelte den Kopf. »Gefällt mir alles nicht…« Sie erreichten die Felsspalte. Von Fackelschein dürftig erleuchtetes Halbdunkel umfing sie.
    Sie stiegen eine schmale, in den Fels gehauene Treppe hinauf.
    ***
    Rulfan trat vor Matt durch den Spalt in die kreisrunde Höhle. Sie durchmaß ungefähr zehn Schritte. Ein eigenartiges Licht erfüllte sie, ein goldener Schimmer, der nicht nur allein von dem Feuer ausgehen konnte.
    Hinter Rulfan schob sich nun auch Matt Drax durch den schmalen Eingang in die Höhle und stellte sich neben ihn. Nur drei der Anangu, die sie in den Fels und hier hinauf geführt hatten, schlüpften mit in die Grotte hinein. Sie blieben vor der Spalte stehen, als wollten sie den beiden Männern den Fluchtweg abschneiden. Aus den Augenwinkeln erkannte Rulfan den großen Mann mit der bronzefarbenen Haut, den Maddrax als Mörder bezeichnet hatte.
    Drei greise Anangu hockten um das Feuer. Sie hatten knochige, von weißen Locken gerahmte Gesichter, und ihre ausgemergelten Körper waren voller Tätowierungen in Rot und Weiß. Auf einem Stein in der Feuersglut stand ein Topf. Ein Sud brodelte darin, und Dampf stieg aus ihm auf und mischte sich mit dem Rauch des Feuers.
    Rulfan sah ein paar Becher aus Steingut neben dem Feuer. Es roch streng, eine Mischung aus süßem Harz und erdig herbem Tierkot. Der intensive Duft stieg ihm in die Nase.
    Die uralten Männer musterten ihn und Maddrax aus hellwachen Augen. Drei, vier Atemzüge lang geschah gar nichts – er und Matt betrachteten die drei alten Wächter des Uluru, und die drei alten Wächter des Uluru betrachteten Matt und ihn. Dann schlossen zwei von ihnen die Augen, bewegten stumm die Lippen und begannen ihre dürren Oberkörper hin und her zu wiegen. Bis ins Hirn stieg Rulfan der schwere, süße Duft nach Harz.
    Der dritte Anangu fuhr fort, sie zu mustern.
    Unentwegt tastete sein Blick sie ab, lauernd und prüfend.
    In seinen dunklen Augen brannte etwas, das Rulfan misstrauisch machte. War der Greis verrückt? War er berauscht? Oder in einer Art Ekstase?
    »Ich bin Gauko’on.« Der alte Anangu bewegte die Lippen, jedenfalls kam es Rulfan so vor. »Ich bin der, den die Wolken tragen, wohin er will. Gedankenmeister seid ihr nicht, und dennoch hat der Ahne entschieden, euch zu erkennen.«
    Hallte seine Stimme von den Höhlenwänden wider, oder tönte sie auf unerklärliche Weise direkt in seinem Kopf? Rulfan vermochte es nicht zu entscheiden. Er blickte zur Seite, um Matts Gesicht zu sehen. Die Miene des Gefährten war angespannt, seine Augen schmal – auch er schien die Stimme zu hören. Der süßlich-herbe Duft kroch Rulfan in die Fingerspitzen und bis in die Hirnwindungen hinein. Seltsam schwer wurden seine

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