1917 - Die Rätsel von Ketchorr
der Nevever gesessen und dabei zugesehen hatten, wie diese Nahrungsmittel verzehrten, die sie von dem Koraw Hotch-Kotta erhalten hatten. „Sobald Icho wieder bei uns ist, starten wir und verschwinden aus dieser Ecke von Puydor."
Gucky nickte nur. Er war der gleichen Ansicht. Dankend lehnte er eine Frucht ab, die ihm einer der Nevever mit Hilfe seiner vielen Pseudopodien hinhielt. „Ich habe keine Verbindung mehr zu Icho", eröffnete er Tiff. „Ich mache mir Sorgen. Es war nicht richtig, ihn allein zu lassen."
Die Nevever, die bis dahin lebhaft miteinander geredet hatten, verstummten plötzlich. Zugleich kam ein dumpfes Grollen wie von einem fernen Gewitter aus der Wüste herauf.
Einer der Oasenbewohner eilte auf mehreren Pseudopodien aus dem Kreis hinaus, begann in eigenartiger Weise zu tanzen, wobei er sich hin und her wiegte. „Was ist los?" fragte Tiff Gucky. „Ich weiß nicht", gestand Gucky. „Ich habe ein dumpfes Gefühl im Kopf, und die Gedanken unserer Gastgeber gehen vollkommen durcheinander. Ich kann nichts damit anfangen."
Tiff spürte, wie der Wüstenboden unter ihm bebte. „Was ist das?" wandte er sich an Hotch-Kotta.
Doch auch jetzt erhielt er keine Antwort. Das Echsenwesen hielt einen großen Becher in den Händen und trank eine klare Flüssigkeit daraus. Ein süßlicher Geruch zog zu dem Terraner herüber.
Als Tifflor die Augen des Koraws sah, erkannte er, daß der Händler gar nicht in der Lage war, mit ihm zu reden. Er befand sich in einem Rauschzustand, in dem seine Sinne und sein Wahrnehmungsvermögen stark eingeschränkt waren.
Nach und nach erhoben sich alle Nevever.
Die meisten von ihnen begannen zu tanzen und stimmten dabei einen schwermütigen Gesang an, einige aber eilten davon zu ihren Häusern und kehrten bald darauf mit Speeren und langen Messern bewaffnet zurück. „Sie bereiten sich auf die Jagd vor", berichtete der Mausbiber. „Jedenfalls freuen sie sich auf reiche Beute und ein Festmahl."
Der langgezogene Schrei eines offenbar riesigen Wesens hallte aus der Tiefe der Wüstensenke herauf, die einst ein Meer gewesen war. Im ersten Moment glaubte Tifflor, daß Icho Tolot diese Laute erzeugte, doch dann kehrten sie in Intervallen wieder.
Sie klangen so fremd, daß der Haluter dafür nicht in Frage kam. Derartige Töne hatte er noch nie von sich gegeben.
Wieder erzitterte der Wüstenboden, als ob er irgendwo in der Tiefe von einer mächtigen Faust durchgeschüttelt worden wäre, und der Tanz der Nevever wurde wilder. Schrille Schreie unterbrachen den Gesang. Hotch-Kotta trank schnell und so gierig, daß ihm die Flüssigkeit über die Lippen und den Hals rann.
Und dann plötzlich wurde es still. Die Nevever hörten schlagartig auf zu tanzen.
Diejenigen, die noch unbewaffnet waren, schlichen sich lautlos davon, um sich auszurüsten. Der Gesang verstummte.
Nur der Koraw merkte nicht, daß sich etwas verändert hatte. Er brabbelte unartikuliert vor sich hin und schüttete die berauschende Flüssigkeit in sich hinein, so als ob er sich betäuben wollte, um sich von den kommenden Ereignissen abzuschirmen.
Eigenartige Geräusche klangen aus der Wüste herauf. Es hörte sich an, als ob jemand Sand zwischen seinen Händen reibe.
*
Icho Tolot focht seinen vielleicht schwersten Kampf aus. Nie hatte der Haluter einen derartigen inneren Aufruhr erlebt wie in diesen Stunden, in denen er ein fremdes Leben in sich spürte, das mit einer unerhörten Lebensgier Energie aus ihm saugte.
Noch waren die beiden Eizellen mikroskopisch kein, doch er wußte, daß sie schnell wachsen und damit zu einem immer größeren Problem werden würden.
Irgendwann würden zwei Wesen aus ihnen entstanden sein, die so aussahen wie die Mutter, die ungeheuer stark waren und wie er die Fähigkeit besaßen, ihre molekulare Struktur zu verändern.
Er haßte die beiden Wesen aus tiefstem Herzen, und nur eine einzige Frage beschäftigte ihn.
Wie kann ich sie vernichten?
Sie mußten heraus aus seinem Körper.
Irgendwie mußte er es schaffen, sie abzustoßen oder herauszuoperieren, und wenn er dafür einen Desintegrator benutzen mußte.
Wie von Sinnen stürmte er durch die Wüste, rannte mit voller Wucht gegen Sandhügel an und durchbrach sie, so daß es wirkte, als ob sie eine Explosion aufgerissen habe. Er mußte sich Bewegung verschaffen. Er mußte Energien verbrauchen. Er ertrug es nicht, sich still zu verhalten.
Er fühlte sich mißbraucht, und mit Schaudern dachte er daran, was er empfinden
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