192 - Das Monster in mir
Schrecken ohne Ende.
Unermüdlich pirschte ich durch das Sanatorium. Allein. Dr. Lancaster hatte zu arbeiten. Er stand unter einem unvorstellbaren Druck, mußte sich um die Patienten kümmern, wußte nicht, wen sich die Satansraupe als nächsten holen würde – und mußte mit dem Selbstvorwurf fertig werden, die Raupe mit seinen Tests aktiviert zu haben.
Der Tag verging ohne Zwischenfälle, und ich fragte mich, was die Nacht bringen würde.
***
»Auf die einfachste Idee ist bisher noch keiner gekommen«, sagte Ryker in Langley. »Wenn der Stein so sauer auf alles Weißmagische reagiert, rücken wir ihm eben anders zuleibe.«
»Und wie?« fragte einer seiner Kollegen.
»Mit Hammer und Meißel«, antwortete Ryker. »Wir schlagen einfach alles weg, was nicht nach Noel Bannister aussieht, und schon ist er frei.«
»Auch dafür brauchen wir General Maynes Okay.«
»Verschaff es dir«, forderte Ryker den Kollegen auf.
Während der Mann den Raum verließ, besorgte sich Ryker das Werkzeug. Der General konnte an diesem »Experiment«
nicht teilnehmen. Eine wichtige Konferenz hielt ihn davon ab.
Aber er war mit Rykers Idee einverstanden.
»Dann mal los«, sagte Ryker und trat gespannt an die Säule.
»Mal sehen, wie der Stein darauf reagiert.«
Er setzte den Meißel an, und sein Kollege preßte die Lippen zusammen. Ryker schwang den Hammer. Der erste Schlag.
Lautes Klirren, aber die Säule zeigte nicht den geringsten Kratzer.
»Der Stein wehrt sich, läßt den Meißel nicht an sich heran«, stellte Ryker überrascht fest. »Wenn du ganz genau hinsiehst, merkst du die spröde, glatte Schutzschicht, mit der sich der verfluchte Stein ummantelt hat. Sie ist nicht mal einen Millimeter dick, aber sie hält der Meißelspitze stand.«
»Laß mich mal, ich habe mehr Kraft als du«, verlangte der Kollege.
Ryker überließ ihm das Werkzeug gern. Der Mann schlug zu – und der Stein schlug zurück!
Blitze knisterten über die Säule und schossen in die Hand, die den Meißel hielt. Der Mann heulte auf und vollführte eine hektische Pirouette. Hammer und Meißel flogen durch den Raum, und es roch nach verbranntem Fleisch.
Ryker holte den Erste-Hilfe-Kasten und versorgte die verletzte Hand seines Kollegen. Dann richtete er seinen Blick auf die Säule und sagte kopfschüttelnd: »Jetzt bin ich mit meinem Latein am Ende.«
***
»Brauchen Sie mich noch?« erkundigte sich Megan Wiseman.
Der Professor hob den Kopf. Vor ihm lagen die Befunde eines Patienten, dessen Gesundheitszustand besorgniserregend war.
»Nein, Megan, Sie können heimgehen. Ich mache auch bald Schluß. Geben Sie auf sich acht.«
»Ja, Sie auch.«
Megan verließ die Klinik. Zu Hause schob sie eine tiefgekühlte Pizza in den Heißluftofen, schaltete ihn auf 200 Grad Celsius hoch und begab sich ins Bad, um zu duschen.
Im Wohnzimmer hatte sie die meisten Spuren, die die Satansraupe und Lucas Heller mit seiner Schrotflinte hinterließen, beseitigt. Da, wo die Schrotladung in die Wand gekracht war, hatte Megan mit Tapetenresten ausgebessert.
Megan zog sich aus. Als sie das Wasser aufdrehen wollte vernahm sie ein Geräusch, das sie irritierte, aber auch warnte.
Wer einmal mit der Hölle in Kontakt kommt, wird übervorsichtig.
Die Sekretärin schlüpfte in ihren weißen Bademantel und sah nach dem Rechten. Was hatte sie eigentlich gehört? Das Geräusch ließ sich nicht richtig einordnen.
Im Wohnzimmer hatte sie den Eindruck, es würde sich jemand in der Küche befinden. Ihr Blick blieb, am Telefon hängen. Wen sollte sie jetzt anrufen?
Die Polizei? Dr. Lancaster? Tony Ballard? Lucas Heller?
Der Nachbar wäre am schnellsten zur Stelle gewesen. Megan begab sich zum Apparat und nahm den Hörer ab. Beunruhigt stellte sie fest, daß sie niemanden anrufen konnte, denn die Leitung war tot.
Anziehen und abhauen! riet der Sekretärin eine innere Stimme.
Aber sie wollte sehen, ob es wirklich nötig war, den Bungalow zu verlassen, deshalb schlich sie auf Zehenspitzen zur Küchentür. Sie lauschte mit angehaltenem Atem.
Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und drückte die Klinke vorsichtig nach unten. Nur einen kurzen Blick wollte sie in die Küche werfen.
Sie bewegte die Tür langsam und schaute durch einen schmalen Spalt.
Die Satansraupe war wieder da! Aber nicht so klein wie ein Kinderfinger, sondern so groß wie ein erwachsener Mensch!
Der Duft der Pizza hatte das Scheusal in die Küche gelockt.
Jetzt richtete es seine glühenden Augen auf die
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