1926 - Rekruten für Zophengorn
Moleon fühlte, wie sein Blick über jede Runzel ihres Gesichtes glitt. Vor ihm etwas zu verbergen schien ihr ausgeschlossen zu sein.
Einen Moment lang verstand sie nicht, wie sie dazu kam, jemanden wie Perry Rhodan abzulehnen; einen Unsterblichen, der dreitausend Jahre Leben hinter sich hatte und über einen Erfahrungsschatz verfügte, den sich ein normaler Mensch nicht mehr vorstellen konnte. „Gia", sprach er ruhig, „wir müssen noch einmal reden. Deine Entscheidung darf so nicht bestehenbleiben."
Sie hob scheinbar ungerührt die Brauen. De Moleon war klar, daß er ihre Kälte durchschaute. Trotzdem behielt sie ihre Maske auf, weil sie es nicht anders gewohnt war.
Rhodan fuhr fort: „Ich habe die Nation Alashan um einen Gefallen gebeten. Dieser Gefallen wurde abgelehnt. Ich nehme an, daß du dir über die Konsequenzen nicht im klaren bist. Deshalb will ich dir noch einmal erklären, worum es geht."
Gia de Moleon überlegte bereits, ob sie ihn aus dem Büro weisen sollte. Er vertrat gewiß eine andere Meinung als sie, aber er versuchte sein Bestes zu geben, und das war etwas, das sie grundsätzlich honorierte. Gia de Moleon nickte dem Mann also schweigend zu.
Rhodan erklärte: „Ich bin der Sechste Bote von Thoregon. Als solcher vertrete ich die Interessen der Menschheit und einiger anderer Völker. Es ist meine Aufgabe, so bald wie möglich unseren gemeinsamen Feind Shabazza zu finden und unschädlich zu machen. Möglich, daß Shabazza schon in dieser Stunde einen neuen Anschlag gegen die Menschheit plant. Wir brauchen deine Hilfe, Gia. Ich kann es nicht alleine schaffen."
Rhodan starrte ihr eine Sekunde lang ins Gesicht. Sie wand sich geradezu unter seinem Blick. „Was willst du andeuten?" brach es aus ihr heraus. „Wie lautet also dein Vorwurf?"
„Unterlassene Hilfeleistung." Rhodan sprach plötzlich so kalt, daß Gia wie in einem Spiegel sich selbst zu erkennen glaubte. „Bitte ... was?"
„Der Terranische Liga-Dienst muß Stellung beziehen. Ihr glaubt anscheinend, daß ihr euch aus dem Kampf um Thoregon heraushalten könnt. Das ist ein Fehler."
„Ich kann den Fehler nicht entdecken", versetzte de Moleon feindselig. „Alashan, das sind zwar zehntausend Agenten, aber wir haben hier auch dreißigtausend Kinder. Ich werde meine Leute um jeden Preis beschützen. Mit Kindern und Büroangestellten führen wir ganz sicher keinen kosmischen Krieg."
Rhodan schüttelte den Köpf. „Du begehst einen Denkfehler. Wir stecken alle mittendrin, auch wenn wir es nicht gewollt haben. Du denkst nur an die Nation Alashan, Gia, und ich kann's dir nicht vorwerfen. Ich würde jedes deiner Kinder persönlich nach Hause tragen, wenn es möglich wäre ... Aber es geht nun mal nicht.
Ich habe die Galaxis Plantagoo brennen sehen, ich war im zerstörten Baolin-Deltaraum. Erinnere dich an Goedda! Weißt du noch, wie viele Millionen Opfer es damals gab? Du und die Nation Alashan, ihr tragt eine Verantwortung, ebenso wie ich. Ich glaube, daß Shabazza sich irgendwo in dieser Galaxis aufhält, und ich habe sogar eine ungefähre Vorstellung, wo das sein könnte. Um ihn zu bekämpfen, benötige ich Helfer. Du darfst mir diese Helfer nicht verweigern. - Shabazza ist dafür verantwortlich, daß es Alashan in diese Galaxis verschlagen hat. Shabazza hat nur nicht bedacht, daß er sich mit Terranern anlegt. Du mußt mir jetzt helfen, Gia, du darfst mich nicht allein lassen."
„Ich kann das nicht entscheiden", hörte sie sich sagen. „Der Bürgermeister von Alashan ist Stendal Navajo."
„Ich habe mit Navajo gesprochen. Er meint, Personalentscheidungen des TLD sind allein deine Sache."
De Moleon war über sich selbst entsetzt.
Sich hinter jemand anderem zu verschanzen, das hatte sie lange nicht mehr nötig gehabt.
Rhodan und die Unsterblichen waren in ihren Augen keineswegs die Lichtgestalten, für die man sie jahrhundertelang gehalten hatte.
Allein durch ihre Anwesenheit zogen sie kosmische Gefahren an. ,Hätte es Rhodan nicht gegeben; die Koalition Thoregon hätte niemals die Menschheit als Mitglied aufgenommen. Und Shabazza hätte nie im Leben Terra angegriffen.
Es war richtig, daß sie Rhodan nicht helfen wollte. Sie konnte ihn nicht aufhalten, aber sie mußte sein verderbliches Tun nicht auch noch unterstützen. Irgendwo mußte die Spirale, die in Richtung Tod führte, einmal durchschnitten werden. „Dein Einsatz wird Shabazza nur auf uns aufmerksam machen", warf sie ihm vor. „Unsinn, Gia! Alashan ist nicht in
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