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1936 - Im Para-Bunker

Titel: 1936 - Im Para-Bunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Seelena eingerichtet hatte.
    Aber es waren nur wenige Augenblick, denn meine Gedanken kreisten unausgesetzt um das gleiche Problem.
    Warum? Wieso? Weshalb?
    Die neuste Theorie sah ungefähr so aus: Die Besatzung der LYRA-PSR-14 war von einem Virus befallen worden, der normalerweise völlig inaktiv war und niemandem schadete. Aber wenn er von einer Hyperstrahlung in einem ganz bestimmten Frequenzbereich getroffen wurde, wurde er augenblicklich aktiv. Es kam, so die Fachleute, zu einer Art Resonanz, die dazu führte, daß das Virus unerhört schnell zu schwingen begann - und damit die gleichen Effekte wie eine Bestrahlung mit Mikrowellen auslöste, mit den bekannten Folgen für die Opfer.
    Das klang zwar absurd, schien aber halbwegs Hand und Fuß zu haben. So, wie Terra von Milliarden von Menschen und Tieren bevölkert war, stellte auch der Körper eines Menschen einen Lebensraum für unzählige Mikroorganismen dar. Etliche davon waren für den Erhalt menschlichen Lebens sogar zwingend notwendig, beispielsweise die Teile der Mund- und Darmflora. Zahllose andere Mikroorganismen im menschlichen Körper lebten zwar dort, richteten aber im Normalfall keinerlei Schaden an; der menschliche Metabolismus hatte sich an diese Gäste gewissermaßen gewöhnt.
    In den letzten Jahrtausenden hatte sich diese Bevölkerung im Inneren der Menschen stark verändert. Bei jedem Besuch auf einem anderen Planeten kamen neue Gäste hinzu und reicherten die Mikroflora an; auch hier galt, daß diese Keime normalerweise keinen Schaden anrichteten.
    Es war also durchaus vorstellbar, daß es ein solches Virus tatsächlich gab und es im Körper der meisten Lebenden vorkam. Ein Virus, das durch eine Hyperstrahlung zu Resonanzreaktionen animiert wurde, war zwar etwas schwerer vorstellbar, aber durchaus noch im Bereich der Wahrscheinlichkeit.
    Daß ich davon nicht betroffen war, konnte daran liegen, daß ich der fraglichen Hyperstrahlung niemals ausgesetzt gewesen war. Und Vince Garron war möglicherweise als Neuankömmling an Bord der LYRA-PSR-14 nicht so stark infiziert gewesen oder aber besaß eine natürliche Immunität dagegen.
    Das würde sich erst klären lassen, wenn Garron so weit wiederhergestellt war, daß man ihn darauf genau untersuchen konnte. Erste Analysen seines Blutes hatten keine brauchbaren Ergebnisse gezeitigt.
    Es gab allerdings - oh, wie erfinderisch Wissenschaftler doch sein konnten! - noch einen anderen denkbaren Test, diese These zu verifizieren oder zu verwerfen. Man mußte nur einen gewissen Lancelot Barnigg wechselnden, stark abgeschwächten Hyperbestrahlungen aussetzen und dann auf Reaktionen warten.
    Bisher hatte es niemand gewagt, mir diesen Test vorzuschlagen, weil ein tödliches Ende nicht auszuschließen war. Aber die Art und Weise, in der ich von einigen Kollegen behandelt wurde, legte mir ebenso dezent wie deutlich nahe, das Experiment selbst .vorzuschlagen. Natürlich würde „man" sich zuerst sträuben, dann meine Tapferkeit preisen und schließlich mit Vergnügen ein Versuchskaninchen aus mir machen. Und wenn es danebenging, dann hatte die Medizingeschichte einen Helden mehr aufzuweisen - was wollte man mehr?
    Ich hatte keinerlei Lust, mich für die Wissenschaft zu opfern. Heldentum machte Spaß, wenn es um turbulente Trividstreifen ging, aber nicht, wenn meine Person im Mittelpunkt stand.
    Aber wenn diese Virushypothese richtig war? Wenn das Virus sich ausbreitete, was niemand bemerken würde, dann schwebten ganze Welten in tödlicher Gefahr. Ein Raumschiff mit einem starken Hypersender auszurüsten war gewiß nicht sehr schwierig, und ein einzelnes Raumschiff dieser Art war dann imstande, binnen weniger Minuten einen ganzen Planeten zu entvölkern. War ich unter diesen Umständen nicht geradezu moralisch verpflichtet, mich zur Verfügung zu stellen?
    Ängste und Zweifel machten mir zu schaffen, und auch Seelena schaffte es nur selten, mich aus meinen trüben Gedanken herauszureißen. Als einzigem gesunden Überlebenden der LYRA-Katastrophe war mir auch die undankbare Aufgabe zugefallen, die Angehörigen der Opfer zu benachrichtigen - mehr als drei an einem Tag hatte ich nicht geschafft, womit sich diese Prozedur auf qualvolle Weise in die Länge gezogen hatte.
    „Was willst du tun?" fragte Seelena sanft.
    Sie war mir inzwischen vertraut wie eine Schwester, zu mehr hatten sich meine Gedanken bisher nicht aufschwingen können. Eine Affäre oder gar eine Liebe waren das letzte, was ich jetzt zu brauchen

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