1936 - Im Para-Bunker
zusammen.
„Wie konnte das geschehen?"
Ich holte tief Luft. Hoffentlich behielt ich die Kontrolle über mich.
„Garron scheint geahnt oder gewittert zu haben, was mit ihm geplant war", sagte ich. „Bevor wir ihn in Tiefschlaf versetzen konnten, hat er sich befreit und ist aus seinem Krankenzimmer verschwunden. Die Pflegerinnen und Pfleger, die für ihn verantwortlich gewesen sind, hat er auf seine bekannte Art und Weise getötet, sechzehn Personen insgesamt."
„Großer Gott!" murmelte Gia de Moleon; ihr ohnehin schon grau wirkendes Gesicht schien noch blasser zu werden.
Seltsam, diese Frau hatte einen Beruf, bei dem sie wahrscheinlich immer wieder Entscheidungen über Leben und Tod würde treffen müssen, und dann betrafen solche Entscheidungen Tausende von Terranern. Aber konnte wegen sechzehn Toter die Fassung verlieren? Ein sympathischer Charakterzug an ihr, fand ich.
„Übrigens wird Garron mühelos mit Robotern fertig", führte ich aus. „Jedenfalls solchen, die neben ihrer Syntronik auch .noch mit PosbiPlasma ausgestattet sind. Er zerstört das Plasma durch Mikrowellen und setzt die Robots damit außer Gefecht."
„Ich werde das bei den Fahndungen berücksichtigen", versprach Gia de Moleon, jetzt wieder etwas förmlicher. „Weiter, bitte!"
„Garron muß sich danach einige Tage unerkannt auf Tahun bewegt haben", setzte ich meine Ausführungen fort. „Und dies, obwohl wir über alle Medien nach ihm gefahndet und alle Bewohner Tahuns eindringlich vor ihm gewarnt haben. Die Ermittlungen haben ergeben, daß man ihn dennoch mit Medikamenten, Nahrungsmitteln und Kleidung versorgt und ihm Unterkunftgewährt hat."
Ich sah, wie sich die Stirn der TLD-Chefin furchte.
„Wieso?" fragte sie. „Wieso hilft man einem flüchtigen Mörder? Kannte Garron Leute auf Tahun?"
„Er hat den Planeten nie zuvor betreten und auch keine Freunde oder Bekannte dort."
„Und trotzdem ...?"
„Wir haben seine Helfer nicht befragen können", sagte ich schroff. „Sie sind alle tot!"
Gia de Moleon senkte den Kopf. „Ich verstehe!"
„Nicht ganz", fuhr ich ihr ins Wort. „Die Fachleute auf Tahun sind inzwischen der Meinung, daß Garron ein paraphysikalisches Multitalent ist. Er ist Mikro-4Frequenzer, wie die Verwirklichung seiner zahlreichen Morde beweist. Und die Leichtigkeit, mit derer überall Helfer gefunden hat, führt uns zu der Vermutung, daß er außerdem noch ein Hypno oder Suggestor ist. Garron war die ganze Zeit über unbewaffnet, und bei seinen Opfern haben wir nicht das geringste Anzeichen von Gegenwehr oder Widerstand gefunden. Er hat sie unter seinen Willen gezwungen, für seine Zwecke ausgenutzt und dann kaltblütig getötet."
„Wenn diese Vermutung richtig ist, dann kann er sich Ewigkeiten lang auf Tahun verstecken!" Gia de Moleon war offensichtlich eine Frau, die gewohnt war, schnelle und logische Schlüsse zu ziehen. „Als Suggestor oder Hypno kann er ohne Mühe erreichen, daß niemand ihn verrät."
„Er ist nicht mehr auf Tahun", eröffnete ich der Marsgeborenen.
„Nein?"
„Unsere Rekonstruktion hat ergeben", klärte ich sie auf, „daß es Garron inzwischen offenbar gelungen ist, sich an Bord eines Medoschiffes zu flüchten, an Bord der ADIA."
Der Mutant hatte das Schiff angefunkt. Über die Funkzentrale von Tahun.
Seelena ...!
„Dann ist er jetzt spurlos im Kosmos verschwunden", konstatierte Gia de Moleon niedergeschlagen.
„Ein einzelnes Schiff ..."
„Die ADIA hat Kurs auf das Sonnensystem genommen", sagte ich schnell. „Mit dem Transmitter war ich natürlich schneller. Und per Hyperfunk wollte ich die Informationen nicht übermitteln."
„Ziel?"
„Offiziell Mimas", antwortete ich.
Gia de Moleon handelte sofort. Sie wußte, wie kostbar jetzt die Zeit war. Binnen weniger Minuten hatte sie es geschafft, eine Abteilung der LFTFlotte zu alarmieren, und den Kommandanten dazu gebracht, nach Mimas in Marsch zu gehen. Außerdem hatte sie für Mimas Alarm gegeben. Wenn Garron wirklich dorthin flog ...
Ich wollte nicht, daß er gefaßt wurde. Ich wollte ... Oder doch? Wenn es nach mir gegangen wäre ...
Außerdem forderte Gia de Moleon von den Sicherheitsbehörden einen vollständigen Bericht über Vincent Garron an. Sie wollte wissen, ob Garron schon früher aufgefallen war oder Straftaten begangen hatte.
„Wahrscheinlich nicht", mischte ich mich ungefragt ein. „Als ich Vincent Garron kennerlernte, war er zwar ein bißchen seltsam, aber auf eine eher heitere Art, wie ein
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