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1938 - Die Farben des Bösen

Titel: 1938 - Die Farben des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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keinen anderen Ausweg mehr gewußt.
    Zusammen mit ihrem Beschützer fand die kleine Blue es in der Hypersenke nicht ganz so schrecklich.
    Zumindest fiel sie nicht in Wahnvorstellungen, die ihr vorgaukelten, daß sie wieder ein kleines Mädchen war, das von seiner Mutter bestraft wurde. Trotzdem rief sie in Gedanken vorsichtshalber die Kreatur des Mutes an, ihr beizustehen gegen die Kreaturen des Wahnsinns, der Schande und der Alpträume.
    Zudem klammerte sie sich ganz fest an Vincents Hand und war eisern entschlossen, unter gar keinen Umständen loszulassen und verloren in der Finsternis zu sein.
    „Wo ist Flake?" fragte sie in die Finsternis hinein. Trotz der Hast hatte sie genau mitbekommen, daß Vince den Agenten entführt hatte.
    „Hier bei mir, auf der anderen Seite von dir. Es geht ihm gut, ich habe ihn nur etwas ruhiggestellt, damit er uns nicht stört."
    Das genügte Tuyula. Sie war an diesem unheimlichen Ort viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Zum ersten Mal stellte sie fest, daß es ein Oben und Unten hier drin gab und daß keine Grenzen festzustellen waren - außer dem Boden, auf dem sie stand.
    „Kann man hier denn laufen?" fragte sie erstaunt.
    Sie hörte Vincents leises Lachen. „Hast du das nie ausprobiert, Kind?"
    „Natürlich nicht. Ich wollte mich nicht verirren, damit du mich wiederfindest ..."
    „Dies ist ein von mir geschaffener Ort, Kleines. Hier kann man sich nicht verirren, dafür ist er nicht groß genug. Und ich kann dich überall sehen, egal, wo du dich befindest."
    Tuyula strengte sich bis zum äußersten an, folgte dem Gefühl ihrer Hand und starrte dorthin, wo sie Vincent vermutete.
    „Ich kann dich aber nicht sehen", beschwerte sie sich.
    „Vielleicht kannst du es eines Tages lernen, mit meinen Augen zu sehen", tröstete er sie. „Für mich ist hier alles ganz deutlich, auch wenn es natürlich nicht dem normalen Sehen entspricht, wie du es von deinen Augen her kennst."
    „Aber wo sind wir hier genau?"
    „Im Irgendwo, Tuyula: Eigentlich immer noch im Hotel, nur auf einer ganz anderen Ebene."
    „Und können wir einfach einen anderen Ausgang nehmen?"
    „Leider nein. Wir müssen die Senke durch die Lücke verlassen, durch die wir hineingekommen sind. Ich kann von hier drinnen aus keine andere Strukturlücke erschaffen. Vielleicht einmal in der Zukunft, wenn wir besser zusammenarbeiten."
    „Wie lange können wir hierbleiben?"
    Ein paar Stunden sicherlich. Allerdings nicht Tage, noch nicht. Ich kann die Senke nur vom Normalraum aus erneut stabilisieren."
    Mit diesen Auskünften gab sich das Mädchen für eine Weile zufrieden. Vincent bewegte sich mit ihr langsam durch die Senke; sein unruhiger Geist ließ es nicht zu, daß er sich still hinkauerte und einfach abwartete.
    Tuyula bückte sich einmal und tastete mit ihrem freien, langen Arm den Boden ab. Er fühlte sich merkwürdig weich und nachgiebig an, weder kalt noch warm, nur glatt.
    „Was ist, wenn ich am Ende angekommen bin?" fragte sie. „Stoße ich dann an eine Wand oder falle hindurch in den Hyperraum und muß sterben?"
    „Nichts von alledem", erwiderte ihr Beschützer. „Du wirst nie ein Ende erreichen, denn du bewegst dich immer an der Innenseite der Senke entlang, sozusagen im Kreis, bis du wieder am Ausgangspunkt anlangstwas du natürlich nicht bemerkst, da du keinen Anhaltspunkt hast."
    Daran hatte Tuyula erst einmal eine Weile zu kauen. Die Vorstellung, auf einmal kopfüber zu gehen, behagte ihr gar nicht. Da Vincent nicht anhielt, mußte es also irgendwann soweit sein. Hoffentlich fiel sie dann nicht einfach hinunter, auf den Kopf, und tat sich weh. Sie konnte sich nirgends festhalten, außer an Vincent, und der paßte dann vielleicht einen Moment nicht auf und ließ ihre Hand los ...
    Sie gingen und gingen, und irgendwann wurde Tuyula müde. Die ganze Zeit hatte sie angestrengt darauf geachtet, wann der Boden endlich einmal ansteigen würde, um sie vorzuwarnen, daß es gleich kopfüber ging.
    Aber das geschah nie.
    Vielleicht hatte ihr großer Freund sich geirrt?
    „Vincent?"
    „Mmhmm?"
    „Warum sind wir noch nicht aufwärts gegangen und kopfüber gestanden?"
    Einen Moment herrschte Stille, dann lachte der Todesmutant los.
    „Was hab’ ich denn gesagt?" schrie die Blue beleidigt.
    Sie fühlte eine rauhe Hand auf der Oberseite ihres Kopfes. „Entschuldige, mein Kleines, es war nicht so gemeint. Es ist nur ... Ich habe nicht daran gedacht. Es gibt hier kein richtiges Oben und Unten wie im

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