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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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einen Streich? Oder öffnete sich für ihn bereits der Übergang ins Totenreich?
    Mit letzter Kraft humpelte Yunupi auf das Leuchten zu. Aus den Augenwinkeln nahm er hoch aufragende Schatten wahr – Gebilde, die stumm am Rand des Pfades Spalier standen. Er achtete nicht mehr darauf. Yunupis Blickfeld war zu einem schmalen Ausschnitt geschrumpft, fixiert auf das, was seine letzte Hoffnung auf Rettung war.
    Im Wahn meinte er Wasser plätschern zu hören, begleitet von lustigem Flötenspiel. Sein Treibstock stieß gegen etwas Hartes. Er stolperte über eine Schwelle, krachte mit voller Wucht auf einen Steinboden, was er mit Erstaunen registrierte, und verlor dann das Bewusstsein.
    ***
    Vogler hielt unwillkürlich die Luft an, als er auf dem Boden aufprallte, und er lauschte ängstlich auf das Geräusch vielfach brechender Knochen, bevor der fürchterliche Schmerz einsetzen würde.
    Aber das flexible Exoskelett dämpfte den Aufprall, sodass die empfindlichen Knochen zwar ordentlich gestaucht, aber nicht gebrochen wurden.
    Trotzdem war der Schmerz fürchterlich. Vogler trieb es die angehaltene Luft aus den Lungen, und er hatte das Gefühl, zu einem kleinen Lehmklumpen zusammen geschoben zu werden. Instinktiv rollte er sich wie ein Igel ein, als er sich mehrmals überschlug und über den Boden rollte. Benommen blieb er ein paar Sekunden liegen, versuchte in Gedanken seine Gliedmaßen zu sortieren und ermahnte sich streng, dem brüllenden Schmerz nicht nachzugeben. Als Waldmensch war er Entbehrungen und harte Anforderungen gewohnt. Alle Baumkinder lernten frühzeitig, den Schmerz zu unterdrücken, denn ein falscher Laut konnte gefährliche Fressfeinde anlocken. Und Vogler hatte von sich stets mehr abverlangt als von anderen, um den Ansprüchen als Baumsprecher umfassend gerecht zu werden und die große Sippe ausreichend zu schützen.
    Als das Flimmern vor seinen Augen nachließ, bewegte er vorsichtig Arme und Beine. Rings um ihn trampelten, kämpften und schrien die Leute durcheinander. Niemand hatte bisher gemerkt, dass einer der beiden auffällig aussehenden Gefangenen mitten unter ihnen lag. Jeder war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, und der Boden war ohnehin übersät mit Leichen und Verletzten.
    Vogler stand taumelnd auf, der Schmerz in seinem Körper ging langsam zurück. Er würde die Knochen wohl noch eine Weile spüren, aber er hatte nicht einmal ernsthafte Prellungen erlitten. Was das Exoskelett betraf, musste der Waldmann dem Erfindungsgeist der Wissenschaftler und den Möglichkeiten der marsianischen Technik doch einmal Anerkennung zollen. Der Chitinpanzer eines Käfers hätte ihn nicht besser schützen können.
    Der Bunyip und mit ihm Clarice waren nur noch ein Punkt am Horizont, verdeckt von einer Staubwolke. In der nächsten Bodenwelle würden sie für immer verschwinden.
    Vogler hustete und spuckte Sand und Staub aus, während er zwei wütend ineinander verschlungenen Männern auswich, die aufeinander einschlugen. Als wäre er unsichtbar, stolperte der Waldmann unbehelligt durch das Chaos und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
    Er entdeckte nicht weit entfernt einige angebundene Malalas, gesattelt und gezäumt, mit Packtaschen, in denen Dörrfleisch und Johannisbrot steckten, und Wasserschläuche. Die Minimalausrüstung bei jedem Ritt, auch wenn er nur einmal um den Uluru führen sollte.
    Nach den langen Wochen der Gefangenschaft wusste Vogler, dass ständig Malalas in Bereitschaft standen. Er sah sich nach allen Seiten um, doch niemand war in der Nähe.
    Die Wächter und Telepathen im Dienst des Finders bekamen allmählich die Oberhand und begannen die Aufrührer und Ausbrecher zusammen zu treiben. Die Kämpfe würden bald beendet sein. Einige Gefangene waren in verschiedenen Richtungen in die Wüste gerannt; man würde ihnen auf den Malalas bald folgen und sie zurück bringen.
    Die Gelegenheit war also günstig, wenn der Waldmann sich beeilte. Er griff sich eine pralle Packtasche, holte sich von allen fünf Tieren die Wasserschläuche und suchte Deckung im Schutz des Felsens. Seine Abstammung als Waldmann kam ihm dabei zugute; den ungeübten Augen der meisten Menschen konnten sich die Naturmenschen schnell entziehen, sobald sie auch nur eine kleine Deckung fanden.
    Prüfend sah sich Vogler um und entdeckte ein dunkles Loch in einem Überhang. Flink, ohne auf seine protestierenden Muskeln zu achten, kletterte er über den rissigen, kantigen Sandstein nach oben und verkroch sich in dem Loch, in dem er

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