1962 - Das Virtuelle Schiff
Auf den Schultern trug er vier flache Päckchen, die mit Riemen an ihm befestigt waren. „Was fällt dir ein?" schrie er. „Wir bereiten uns auf den Kampf vor, und du stehst faul herum und schläfst mit offenen Augen!" Aba Ossaq war kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, denn der Dorn war Oujain in den Leib gefahren und hatte ihn lebensgefährlich verletzt. Aus einem breiten Riss in seiner Bauchdecke schoss das Blut hervor. Das war gefährlich! Aba Ossaq wusste noch nicht viel, aber eines war ihm selbstverständlich bekannt: Starb der Körper, in dem sich ein Gestalter aufhielt, bevor der Gestalter den Körper verlassen hatte, musste er mit seinem „Wirt" sterben.
Mit letzter Kraft richtete der junge Gestalter den geschundenen Körper seines Wirts auf und griff nach dem Arm des anderen Sharbanen. Im gleichen Moment wechselte er zu ihm über und verfolgte durch dessen Augen, wie Oujain sterbend zusammenbrach. Er vermied den Kontakt mit dem Sharbanen, der sich Kassh nannte und zum Clan der Krieger gehörte. Behutsam drang Aba Ossaq in sein Gehirn ein, um ihm Informationen zu entnehmen, ließ aber nicht zu, dass Kassh merkte, was geschah.
Der Krieger eilte durch den Gang hinaus zum Ausgang. Hier blieb er stehen und blickte auf das tief unter ihm liegende Land hinaus. Mittlerweile war die Sonne untergegangen, doch die drei Monde spendeten genügend Licht für die Augen des Sharbanen. Deutlich konnte er die Netze sehen, die sich über die Burgen und das Land der Skaerhams spannten. Sie stellten das größte Problem für die Vogelwesen dar. Oft schon hatten die Sharbanen versucht, die Burgen zu erobern, waren aber immer wieder an den Netzen gescheitert, weil eine geheimnisvolle Kraft in ihnen wohnte, die jeden tötete, der sie berührte. Kassh erinnerte sich daran, dass sie lebende Tiere aus der Höhe ins Netz hatten fallen lassen, um seine Wirkung zu überprüfen. Die Tiere waren in einer Serie von blauen Blitzen verbrannt.
Eine Bewegung im Wasser des Flusses weckte seine Aufmerksamkeit. Bevor er noch wusste, was dort war, hatte der Sharbane sich abgestoßen und glitt mit weit ausgebreiteten Flügeln in die Tiefe. Der Hunger quälte ihn so sehr, dass er sogar bereit war, einen Fisch zu verzehren, eines jener Tiere, vor denen die Sharbanen normalerweise tiefen Abscheu empfanden. Nun aber hatten die langen Entbehrungen Kassh beinahe um den Verstand gebracht, und er war bereit, buchstäblich alles zu sich zu nehmen, nur um den Magen mal wieder füllen zu können.
Ein letztes Mal, bevor es vorbei ist! Sekunden später schlug der Krieger zu, und dann schlang er seine zappelnde Beute in sich hinein. Aba Ossaq beobachtete, und dabei wurde ihm bewusst, dass die Sharbanen in ähnlicher Weise litten wie er. Die Familie verweigerte ihm Wissen, wollte ihm die Isolation aufzwingen und bestrafte ihn, wo er nach eigenem Empfinden eine Belohnung verdient gehabt hätte. Die Sharbanen mussten Entbehrungen auf sich nehmen, während die Vorratskammern der Skaerhams nahezu überquollen. Warum teilten die einen nicht mit den anderen?
Zwischen den Hügeln blitzte ein Licht auf, und Aba Ossaq hatte das Gefühl, von etwas Körperlosem getroffen zu werden. Etwas krampfte sich in ihm zusammen, als habe sich etwas in seine Seele gebohrt. Schon einmal hatte er dieses unangenehme Gefühl gehabt. Irgendjemand oder irgendetwas beobachtete ihn! Etwas Kaltes schien sich in seinem Nacken einzunisten.
Alarmiert schickte er seine psionischen Fühler aus und durchsuchte das Gebiet, in dem das Licht gewesen war. Gleich darauf entdeckte er einen Kundschafter der Skaerhams. Er hatte den Schutz der Netze verlassen und hielt sich in der Deckung einiger Felsen auf, um von dort aus die Felsenhöhlen der Sharbanen zu überwachen. Über ihm wölbte sich eine Art Tarnschirm, der ihn für die Augen der Vogelwesen unsichtbar machte.
Aba Ossaq überlegte kurz, ob er Kassh in seinen Plan einweihen sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Er wollte schnell und konsequent handeln. Er übernahm den Geist seines Wirts und schaltete dessen Willen und Wahrnehmung völlig aus. Ungeschickt erhob er sich danach in die Luft, flatterte angestrengt mit den Flügeln, um das Gleichgewicht zu halten, schaffte es, bis in eine Höhe von etwa zehn Metern auf zusteigen und sich dann vom Wind tragen zu lassen. Mit weit ausgestreckten Flügeln glitt er über das Land, genau auf das Versteck des Skaerhams zu.
Es war eine äußerst schwierige Situation für ihn, da er
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