1962 - Das Virtuelle Schiff
und drehte sich so geschickt, dass der schlagartig ansteigende Druck ihm .nicht die Schultergelenke und die Brustmuskulatur zerriss. „Wer bist du?" hallte es schrill und voller Entsetzen aus seinem gebogenen Raubtierschnabel. Aba Ossaq, antwortete der Gestalter mit geistiger Stimme. „Shabba Ossaq? Nie gehört. Was willst du von mir?" Er war aufgrund der Konstruktion seines Kehlkopfes nicht in der Lage, seinen Namen richtig auszusprechen. Dem Gestalter war es jedoch egal, ob sein Wirt ihn Shabba oder Aba nannte. Keine Angst, versuchte er ihn zu beruhigen. Ich bin ein Gast, der schnell wieder verschwindet und dich nicht lange belästigt. Ich dringe nicht in deine Geheimnisse ein, und ich beeinträchtige dich in keiner Weise. Ich möchte lediglich mit dir reden und durch deine Augen beobachten. „Wo kommst du her? Höre ich wirklich deine Stimme? Ich sehe dich nicht. Wo bist du?" Aba Ossaq machte ihm deutlich, dass er in ihm steckte, dass er aus dem Weltraum gekommen war und sehr bald dorthin zurückkehren würde. Er erwartete, dass Oujain die Fassung verlor, doch das war keineswegs der Fall. „Dann bist du ein Außerirdischer! Ich wusste, dass es so etwas gibt. Wir haben Signale von anderen Welten aufgefangen, und wir warten schon lange darauf, dass uns jemand besucht. Willkommen bei uns Sharbanen!"
Das fliegende Wesen war erstaunlich gefasst. Da er sich innerlich gefangen hatte, fürchtete sich der Sharbane nicht mehr. Er empfand lediglich Unbehagen, weil jemand in ihm war, der seine Gedanken erfassen und vielleicht auch zu einem Wissen vordringen konnte, das er lieber vor ihm verborgen gehalten hätte. Zugleich aber brannte er vor Neugier und wollte alles von Shabba wissen, was ihm ein Bild von einer Existenz im Weltraum geben konnte. „Wie siehst du aus?" rief er. „Ich meine kannst du fliegen wie wir Sharbanen? Oder hast du vier Beine wie die Skaerhams? Oder bist du ganz anders?
Wie erkenne ich dich wenn ich dich sehe, oder willst du dich uns niemals in deiner Gestalt zeigen? Wie ist die Luft beschaffen, die du atmest? Bist du ein Mann oder eine Frau? Du siehst, ich habe viele Fragen." Es war erstaunlich. Oujain hatte seine Scheu fast vollkommen verloren.
Aba Ossaq aber achtete kaum noch auf ihn. Irgendetwas hatte sich verändert. Er spürte es deutlich. Ihm war, als seien die Blicke eines unbekannten Wesens auf ihn gerichtet, als sei da jemand in seiner Nähe, der genau wusste, wo er war. Gabrel Gurh? Vielleicht Jorim Azao? Nein, das war ausgeschlossen. Keiner aus seiner Familie konnte ihm gefolgt sein, und wenn tatsächlich einer von ihnen diesen Planeten erreicht hatte, dann konnte er nicht wissen, wo er war. Wenn jemand nach ihm gesucht hätte, wären ihm die psionischen Fühler nicht entgangen, die er dabei ausgestreckt hätte.
Aber wer beobachtete ihn? Ein eigenartiges Gefühl beschlich ihn. Ihm war, als krieche etwas unangenehm Kaltes über seinen Rücken.
Er spähte in die Runde. Oujain hatte außerordentlich scharfe Augen. Er war in der Lage, winzige Objekte auf dem Boden unter sich zu erkennen, obwohl er sich noch immer in einer Höhe von mehreren Kilometern befand. Aba Ossaq wurde unruhig. Er wusste, dass er sich nicht irrte. Da war fraglos jemand mit einer offenbar perfekten Tarnung. Der junge Gestalter schreckte auf, denn nun flog der Sharbane mit ganz erheblicher Geschwindigkeit auf eine steil aufragende Felswand zu. Sie war annähernd drei Kilometer hoch und war vollkommen glatt. In ihrem oberen Bereich gab es zahlreiche Öffnungen, und einer davon näherte sich das Vogelwesen.
Als Aba Ossaq schon glaubte, er müsse gegen die Felswand prallen, machte der Sharbane eine geschickte Wendung, kippte die mächtigen Flügel, so dass er nahezu bewegungslos in der Luft hing - und glitt durch das Loch in einen Gang hinein, dessen Wände mit überwiegend gelben Tüchern verhängt waren. Er stieß eine hölzerne Tür auf und betrat eine geräumige Höhle. Vor einem Gestell aus verschiedenen Hölzern blieb er stehen. Ein weiterer Sharbane steckte mit zusammengeklappten Flügeln darin. Sein Rumpf war - anders als bei Oujain - mit einem grau und weiß gemusterten Federkleid bedeckt. Der Kopf war schmal, und die großen, scharfen Augen lagen unter dicken Wülsten. Er öffnete den scharf gebogenen Raubtierschnabel und ließ ein wütendes Zischen hören. „Warum lässt du mich so lange warten?" fauchte er Oujain an. „Die Zeit drängt!" Sag ihm nichts von mir! forderte Shabba Ossaq. Später ist noch
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