1968 - Ketzer der Tazolen
durch. Unterwegs lernte er, essbare von ungenießbaren Pflanzen zu unterscheiden und sich im Schlamm statt in einem wohlduftenden Elcoxol-Bad zu wälzen. Abgerissen, aber gereift kehrte er in die Zivilisation zurück.
Die Scoctoren hatten längst Kenntnis von den Ergebnissen der Expedition erhalten. Ver to Nisch war jedoch nicht so weit gekommen, um sich jetzt einfach als „übergeschnappter Spinner" abschmettern zu lassen. Es gelang ihm, den obersten Rat von der Notwendigkeit einer weiteren Expedition zu überzeugen. Ver to Nisch wusste, dass dies sein von den Göttern aufgetragenes Lebenswerk sein musste, und berief sich auf seine Schüttelkrämpfe während der Gebetstrance und das Stammeln der alten Sprache. Er fand noch weitere gute Argumente, bis er tatsächlich die Zusage erhielt.
Doch Ver to Nisch startete nicht Hals über Kopf, er wusste genau, dass diese neuerliche Expedition Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde. Er entwickelte einen Versorgungsplan, der ihm regelmäßigen Nachschub an allen lebensnotwendigen Dingen garantierte; gleichzeitig würde er alle Erkenntnisse auf demselben Wege zurückschicken. Hunderte von Tazolen wurden nach verschiedenen Kriterien ausgewählt. Das schwierigste Hindernis stellte die siebenfach gestaffelte 'Mauer dar - sie musste so überwunden werden, dass nach der ersten Überquerung der Weg gut passierbar gemacht werden musste. Also mussten fest installierbare Stufenaufgänge hergestellt werden, die einiges an Gewicht aushalten konnten und nicht zu steil waren.
Allein das nahm einige Jahre in Anspruch. Weitere Jahre vergingen, um nach den Relikten der Altvorderenzeit zu suchen. Zwischendurch musste Ver to Nisch abbrechen und dem Rat Rede und Antwort stehen - und um eine weitere Verlängerung bitten. Der Scoctore war sicher dass er eines Tages Erfolg haben würde. Es war der Wille der Götter. Und endlich war es soweit. Wie so oft war es ein Zufallsfund - ein Lastenträger war in einen Sumpf gefallen und hinab gezogen worden, bevor man ihn erreichte. Er erstickte, doch sein Tod war nicht umsonst gewesen. Zusammen mit seiner Leiche kamen die Überreste eines Tongeschirrs nach oben.
Insgesamt verbrachte Ver to Nisch ein Jahrhundert im Osten, wobei er sensationelle Spuren einer uralten Kultur fand. Die Wohnhütten dieser frühzeitlichen Tazolen waren natürlich längst verrottet, doch viele Gegenstände des täglichen Lebens waren in den Sümpfen konserviert worden. Ver to Nisch entdeckte Siedlungen und Einrichtungsgegenstände; tazolische und tierische Skelette, Bestattungsanlagen und Vorratslager mit getrockneten oder speziell eingelegten Pflanzen, die man teilweise sogar noch bestimmen konnte. Einmal angefangen, fanden sie immer mehr archäologische Schätze und stießen dabei immer weiter nach Osten vor, Richtung Ozean. Dem Meer vorgelagert zog sich Richtung Norden eine Gebirgskette mit Bergen bis zu 1000 Liandosschnüren Höhe.
In diesen Bergen, abgewandt vom Meer, gab es höhlenartige Zugänge teils natürlichen Ursprungs, teils aber auch künstlich angelegt, das war deutlich zu erkennen. Gerade an besonders markanten Formationen hatten die frühzeitlichen Tazolen offensichtlich starkes Interesse gefunden. „Bestimmt war diese Gebirgskette hier heilig", behauptete Ver to Nisch seinen Assistenten gegenüber. „Unsere Vorfahren kamen hierher, um den Göttern zu huldigen, Rituale durchzuführen oder sich vor Unwettern und gefährlichen Tieren zu verbergen. Ich verspüre eine geradezu magische Anziehungskraft."
Es ging nicht nur ihm so. Manche der Berge schienen geradezu Gesichter zu haben - göttliche Antlitze wie das undurchschaubare von Xion dem Geflügelten, das weise, gütige von Theansu, das leuchtende Gesicht Icchtos und das finstere Nachtos. Ohne Zweifel war dieser Ort von Göttlichkeit durchdrungen, und vielleicht kam man den Göttern nahe, wenn man den höchsten der Berge bestieg, dessen Spitze ständig von einem dichten Nebel umhüllt war. Hier entdeckte Ver to Nisch den Höhepunkt seiner Suche: die Aufzeichnungen der alten Kultur. Faszinierende Höhlenmalereien, die von hochbegabten Künstlern zeugten, und Bildschriften, die erst gedeutet werden mussten. Sprachbegabte Tazolen spezialisierten sich auf diese frühen Schriften, und es gelang rasch, sie zu übersetzen. Die Bildsymbolik war so einfach und logisch aufgebaut, als hätte es jemand darauf angelegt, dass die Nachkommen das Erbe verstehen konnten.
„Das begreife ich nicht", sagte ein Übersetzer eines
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