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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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eingestiegen.
    »Und was ist mit Ihrer Freundin?«
    »Was soll mit ihr sein?«
    »Weiß sie, daß Sie hier sind?«
    »Nein.«
    Der kastanienbraune Anzug schniefte, und die orangefarber Mähne wandte sich hin und her. »Am Park rechts.«
    »Hier?«
    »Ja. Folgen Sie der Straße bis zur Kirche.«
    An der Kreuzung bei der Kirche schniefte der kastanienbraune Anzug erneut und sagte: »Halten Sie, warten Sie zehn Minuten und gehen Sie dann zum Spencer Place. Nach etwa fünf Minuten kommen Sie zum Spencer Mount, fünfte oder sechste links. Hausnummer 3 ist auf der rechten Seite. Klingeln Sie nicht, gehen Sie gleich zum Appartement 5 rauf.«
    »Appartement 5, 3 Spencer Mount«, sagte ich. Doch schon eilten der kastanienbraune Anzug und die orange Mähne davon.
     
    Gegen halb elf ging ich den Spencer Place entlang und dachte, scheiß auf den Kerl und diesen Pseudo-Spionage-Scheiß. Der kann mich mal, daß er mich um halb elf den Spencer Place lang laufen läßt, so als sei das eine Prüfung oder so was.
    »Schaust dich nur um, Schätzchen?«
    Von zehn bis drei, sieben Nächte die Woche, war Spencer Place die geschäftigste Linienstraße in ganz Yorkshire, mal abgesehen von Manningham in Bradford. Heute nacht war trotz der Kälte keine Ausnahme. Autos krochen die Straße auf und ab, Bremslichter flammten rot auf, es sah aus wie ein Stau.
    »Na, gefall ich dir?«
    Die älteren Frauen saßen auf niedrigen Mauern vor unbeleuchteten Reihenhäusern, die jüngeren gingen auf und ab, stampften mit ihren Stiefeln auf, um die Kälte zu vertreiben.
    »Entschuldigen Sie, Officer …«
    Die einzigen anderen Männer auf der Straße waren Westinder, die aus geparkten Wagen sprangen und wieder einstiegen, eine Qualm- und Musikwolke hinter sich herzogen, ihre Waren anboten und ihre weißen Freundinnen im Auge behielten.
    »Du verklemmtes Arschloch!«
    Das Gelächter verfolgte mich bis um die Ecke zum Spencer Mount. Ich überquerte die Straße und ging drei Steinstufen hinauf zur Hausnummer 3, über der Tür war ein auf Milchglas gemalter, leicht angekratzter Davidstern zu sehen.
    Vom Judenviertel zu einem Viertel voller Schweinerei in wie vielen Jahren?
    Ich drückte die Tür auf und ging die Treppe hoch.
     
     
    »Nette Nachbarschaft«, sagte ich.
    »Schnauze«, zischte der kastanienbraune Anzug und hielt mir die Tür zu Appartement 5 auf.
    Es handelte sich um ein Ein-Zimmer-Appartement: zu viele Möbel, große Fenster, der Muff von vielen nördlichen Wintern. Von allen Wänden glotzte Karen Carpenter herab, aber auf dem winzigen Dansette-Plattenspieler spielte Ziggy Gitarre. Es gab Weihnachtsbeleuchtung, aber keinen Baum.
    Der kastanienbraune Anzug nahm ein paar Klamotten von einem der Sessel und sagte: »Setz dich, Eddie.«
    »Ich furchte, das geht mir einen Schritt zu schnell.«
    »Arthur Francis Anderson«, sagte Arthur Francis Anderson stolz.
    »Aha?« Der Sessel roch muffig.
    »Ja, aber du kannst mich auch AF nennen«, sagte er kichernd.
    »Macht jeder.«
    Ich ging nicht weiter darauf ein. »Okay.«
    »Ja, AF der Name, AF das Spiel.« Er horte auf zu lachen und eilte zu einem alten Schrank in der Ecke.
    »Woher kennst du Barry?« fragte ich. Ob Barry Gannon schwul gewesen war?
    »Sind irgendwo mal ins Gespräch gekommen.«
    »Arschficker Barry. Schwule Sau.«
    »Wo?«
    »Ach, hier und da. Tee?« fragte er und wühlte im Schrank herum.
    »Nein, danke.«
    »Dann nicht.«
    Ich zündete mir eine Zigarette an und nahm einen dreckigen Teller als Aschenbecher.
    »Euer«, sagte AF und reichte mir eine Plastiktüte von Flillardsy die er aus dem Schrank gefischt hatte. »Er wollte, daß du sie kriegst, falls ihm irgendwas zustößt.«
    »Falls ihm irgendwas zustößt?« wiederholte ich und machte die Tüte auf. Sie war vollgestopft mit Pappordnern und braunen Umschlägen. »Was ist das?«
    »Sein Lebenswerk.«
    Ich drückte meine Kippe in der angetrockneten Tomatensoße aus. »Wozu? Ich meine, wie kam er darauf, es hierzulassen?«
    »Ausgerechnet bei mir, meinst du«, schniefte AE »Er war letzte Nacht hier. Er hat gesagt, er braucht einen sicheren Ort für das Zeug da. Und falls ihm irgendwas zustößt, soll ich es dir geben.«
    »Letzte Nacht?«
    AF setzte sich aufs Bett und zog seine Jacke aus. »Ja.«
    »Ich hab’ dich letzte Nacht im Presseclub gesehen, oder?«
    »Ja, und du warst nicht sehr nett zu mir, stimmt’s?« Sein Hemd war mit Tausenden kleiner Sternchen gesprenkelt.
    »Ich war besoffen.«
    »Na, das erklärt alles«, sagte er

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