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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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einen blies.
    »Tut mir leid, ist ein wenig verknittert«, lächelte ich.
    Shaw warf mir das Photo vor die Füße. »Das beweist gar nichts.«
    »Wer sagt denn, daß das irgendwas beweisen soll?« fragte ich und hob das Photo auf.
    »Das könnte sonstwer sein.«
    »Könnte. Ist es aber nicht, richtig?«
    »Was wollen Sie?«
    Ich beugte mich vor und betätigte den Zigarettenanzünder unter dem Autoradio.
    »Der Mann auf dem Photo, wie oft haben Sie ihn getroffen?«
    »Warum? Wozu wollen Sie das wissen?«
    »Wie oft?« wiederholte ich.
    Shaw umklammerte das Lenkrad noch fester.
    »Drei-, viermal.«
    Der Anzünder sprang heraus, Shaw zuckte zusammen.
    »Zehnmal. Vielleicht öfter.«
    Ich schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen, zündete sie an und dankte Gott erneut dafür, einem Einarmigen geholfen zu haben.
    »Wie haben Sie ihn kennengelernt?«
    Der Stadtrat schloß die Augen und sagte: »Er hat sich mir vorgestellt.«
    »Wo? Wann?«
    »In einer Bar in London.«
    »In London?«
    »Irgendeine Regionalkonferenz im August.«
    Die haben dich reingelegt, dachte ich, die haben dich richtig reingelegt, Stadtrat.
    »Und dann sind Sie ihm hier wieder begegnet?«
    Stadtrat William Shaw nickte.
    »Und er hat Sie erpreßt?«
    Wieder nickte er.
    »Wieviel?«
    »Wer sind Sie?«
    Ich starrte hinaus auf den Parkplatz; die Bahnhofsansagen hallten über die abgestellten Fahrzeuge.
    »Wieviel haben Sie ihm gegeben?«
    »Ein paar Tausend.«
    »Was hat er gesagt?«
    Shaw seufzte. »Er meinte, das sei für eine Operation.«
    Ich drückte die Zigarette aus. »Hat er sonst noch jemanden erwähnt?«
    »Er sagte, es gäbe Männer, die mir schaden wollten, und er könne mich schützen.«
    Ich starrte auf das schwarze Armaturenbrett, aus Angst, Shaw anzuschauen.
    »Wer?«
    »Keine Namen.«
    »Hat er gesagt, warum die Ihnen schaden wollen?«
    »Das brauchte er nicht.«
    »Sagen Sie es mir.«
    Der Stadtrat Keß das Lenkrad los und drehte sich zu mir um.
    »Erst sagen Sie mir, wer zum Teufel Sie eigentlich sind.«
    Ich drehte mich blitzschnell zu ihm hin, drückte ihm das Photo ins Gesicht und preßte seine rechte Wange gegen die Seitenscheibe.
    Ich ließ nicht los, drückte dem Stadtrat das Photo noch fester ins Gesicht und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich bin ein Mann, der Ihnen sehr, sehr weh tun kann, und zwar auf der Stelle, wenn Sie nicht mit dem Gefasel aufhören und endlich anfangen, meine verdammten Fragen zu beantworten.«
    Stadtrat William Shaw schlug sich mit den Händen auf die Oberschenkel zum Zeichen, daß er aufgab.
    »Und nun mach den Mund auf, du schwule Sau.«
    Ich ließ das Photo feilen und lehnte mich zurück. Shaw, Tränen im Gesicht, beugte sich übers Lenkrad und rieb sich beide Wangen mit den Handschuhen.
    Nach fast einer Minute sagte er: »Was wollen Sie wissen?«
    Ganz weit weg, auf der anderen Seite des Parkplatzes, sah ich einen winzigen Vorortzug in die Westgate Station rollen und seine winzigen Passagiere auf dem kalten Bahnsteig absetzen.
    Ich schloß die Augen und sagte: »Ich muß wissen, warum die Sie erpressen wollen.«
    »Das wissen Sie doch«, sagte Shaw schniefend und lehnte sich zurück.
    Ich drehte mich plötzlich zu ihm hin und verpaßte ihm eine Ohrfeige. »Reden Sie, verdammt!«
    »Wegen der Geschäfte, die ich gemacht habe. Wegen der Personen, mit denen ich Geschäfte gemacht habe. Wegen des verdammten Geldes.«
    »Geld«, sagte ich und lachte. »Immer nur Geld, Geld, Geld.«
    »Die wollen ins Geschäft. Wollen Sie Zahlen?« Shaw war vollkommen außer sich und hielt sich die Hände vors Gesicht.
    »Ihre beschissenen kleinen Schmiergeldgeschichten sind mir scheißegal, der schlechte Zement und all diese jämmerlichen Geschäfte, ich will nur, daß Sie es aussprechen.«
    »Was aussprechen? Was soll ich Ihnen denn sagen?«
    »Namen. Nennen Sie mir die Namen, verdammt!«
    »Foster, Donald Richard Foster. Wollen Sie das hören?«
    »Weiter.«
    »John Dawson.«
    »Sind das alle?«
    »Die, die wichtig sind.«
    »Und wer will ins Geschäft?«
    Ganz langsam und leise sagte Shaw: »Sie sind ein verdammter Journalist, stimmt’s?«
    Ich hatte so ein Gefühl im Bauch.
    »Sind Sie jemals einem Mann namens Barry Gannon begegnet?«
    »Nein«, schrie Shaw und ließ den Kopf aufs Lenkrad fallen.
    »Sie sind ein verdammter Lügner. Wann war es?«
    Shaw lag zitternd überm Lenkrad.
    Plötzlich heulten Sirenen durch Wakefield.
    Ich erstarrte, mein Magen wurde hart, meine Eier schrumpften.
    Die Sirenen verhallten.
    »Ich

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