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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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mich, warum gerade Clare?
     
     
     
    Strafford Arms, Bullring, Wakefield.
    Der ausgestorbene Ortskern von Wakefield am Freitag vor Weihnachten.
    Schlammverkrustet, wie ich war, ging ich die Treppe rauf und durch die Tür.
    Members only.
    »Schon in Ordnung, Grace, der gehört zu mir«, sagte Box zu der Frau hinter der Bar.
    Derek Box und Paul saßen an der Bar, Whiskys und Zigarren in den Händen.
    In der Jukebox lief Elvis.
    Nur Derek, Paul, Grace, Elvis und ich.
    Box erhob sich von seinem Barhocker und ging durch den Raum zu einem Tisch am Fenster.
    »Sie sehen beschissen aus. Was zum Teufel ist denn mit Ihnen passiert?«
    Ich setzte mich ihm gegenüber, kehrte Paul und der Tür den Rücken zu und sah hinaus auf das nasse Wakefield.
    »Ich war im Devil’s Ditch.«
    »Ich dachte, dafür gäb’s andere?«
    »Dachte ich auch.«
    »Manche Dinge läßt man besser auf sich beruhen«, sagte Derek Box und begutachtete die Glut seiner Zigarre.
    »Wie bei Stadtrat Shaw?«
    Box gab sich Feuer. »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Ja.«
    Paul stellte einen Whisky und ein Pint vor mich auf den Tisch.
    Ich kippte den Whisky ins Bier.
    »Und?«
    »Und er redet wahrscheinlich gerade mit Donald Foster.«
    »Gut.«
    »Gut? Foster hat Barry umlegen lassen.«
    »Schon möglich.«
    »Schon möglich?«
    »Barry wurde langsam zu ehrgeizig.«
    »Wovon reden Sie?«
    »Sie wissen genau, wovon ich rede. Barry hatte seine eigenen Pläne.«
    »Na und? Foster ist vollkommen durchgeknallt. Das können wir doch nicht einfach so durchgehen lassen. Wir müssen was dagegen tun.«
    »Der ist nicht durchgeknallt«, erwiderte Box. »Nur motiviert.«
    »Sie scheinen ihn ja gut zu kennen.«
    »Wir waren zusammen in Kenia.«
    »Geschäftlich?«
    »In geschäftlichem Auftrag Ihrer Majestät. Wir haben unseren verdammten Wehrdienst im kenianischen Hochland abgefeiert, fette Säcke, wie ich jetzt einer bin, beschützt und gegen die verdammten Mau-Mau gekämpft.«
    »Scheiße.«
    »Ja, Scheiße. Die kamen die Hügel runtergestürmt wie eine Horde wildgewordener Indianer, haben Frauen vergewaltigt, Männern die Schwänze abgeschnitten und sie an Zaunpfähle gehängt.«
    »Sie machen Witze.«
    »Seh’ ich so aus?«
    »Nein.«
    »Wir waren keine Engel, Mr. Dunford. Ich war mit Don Foster zusammen, als wir eine Bande in den Hinterhalt locken konnten. Wir haben ihnen nur zum Spaß in die Knie geschossen.«
    »Scheiße.«
    »Foster ließ sich Zeit dabei. Er nahm die Schreie und das Hundegebell auf Band auf, behauptete, dabei könne er besser schlafen.«
    Ich nahm Pauls Feuerzeug vom Tisch und zündete mir eine Zigarette an.
    Paul brachte noch zwei Whiskys.
    »Es war Krieg, Mr. Dunford. Genau wie jetzt.«
    Ich nahm mein Glas.
    Box schwitzte beim Trinken und starrte hinaus in die Dunkelheit. »Noch vor einem Jahr wollten sie Rationierungen wieder einführen. Heute haben wir eine Inflationsrate von beschissenen 25 Prozent.«
    Betrunken, verängstigt und gelangweilt trank ich einen Schluck Whisky. »Und was hat das alles mit Don Foster oder Barry zu tun?«
    Box zündete sich eine neue Zigarre an und seufzte. »Das Problem mit Leuten Ihrer Generation ist, daß sie von nichts eine Ahnung haben. Warum, glauben Sie, hat der Mann mit dem Schiff den Mann mit der Pfeife 1970 besiegt?«
    »Wilson war selbstgefällig.«
    »Selbstgefällig, so ein Scheiß«, sagte Box lachend.
    »Dann verraten Sie mir doch, warum.«
    »Weil solche Leute wie Cecil King, Norman Collins, Lord Renwick, Shawcross, Paul Chambers vom ICI, Lockwood bei EMI und McFadden bei Shell und wer sonst noch alles sich hingesetzt und gesagt haben, genug ist genug.«
    »Na und?«
    »Und diese Männer haben Einfluß; Einfluß darauf, Männer aufzubauen oder abzusägen.«
    »Was hat das mit Foster zu tun ?«
    »Sie hören mir einfach nicht zu, verdammt! Soll ich Ihnen ein Schild malen?«
    »Bitte …«
    »Einfluß ist wie Leim. Er klebt Männer wie uns aneinander, hält alles im Lot.«
    »Und Sie und Foster sind …«
    »Wir sind aus demselben Holz. Wir vögeln gern, wollen ans Geld, und es ist uns ziemlich egal, wie wir an beides kommen. Aber er wird langsam zu groß für seine Stiefel und will mich jetzt rausdrängen, und das kotzt mich an.«
    »Also benutzen Sie mich und Barry, um seine Kumpel zu erpressen?«
    »Wir hatten einen Deal, Foster, ich und noch jemand, der mittlerweile tot ist. Sie haben auf ihn gewartet, bis er aus Australien zurückkehrte, und dann haben sie ihn sich geschnappt, als er gerade aus der

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