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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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wußte nicht, daß er Reporter war«, wisperte Shaw.
    Ich schluckte und fragte: »Wann?«
    »Nur zweimal.«
    »Wann?«
    »Irgendwann letzten Monat und letzte Woche Freitag.«
    »Und Sie haben Foster davon erzählt?«
    »Ich mußte. Ich konnte so nicht weitermachen, es ging nicht.«
    »Was hat er gesagt?«
    Shaw sah auf, das Weiße in seinen Augen war rot. »Wer?«
    »Foster.«
    »Er meinte, er kümmere sich darum.«
    Ich starrte raus über den Parkplatz, sah den Zug aus London, dachte an Wohnungen mit Meeresblick und Mädchen aus dem Süden.
    »Er ist tot.«
    »Ich weiß«, flüsterte Shaw. »Was haben Sie jetzt vor?«
    Ich zupfte mir ein Hundehaar von der Zunge und machte die Beifahrertür auf.
    Der Stadtrat hielt mir das Photo hin.
    »Sie sind doch drauf, also behalten Sie es«, sagte ich und stieg aus.
    »Er sieht so weiß aus«, sagte William Shaw, allein in seinem teuren Auto, und starrte das Photo an.
    »Was haben Sie gesagt?«
    Shaw streckte die Hand aus, um die Tür zu schließen.
    »Nichts.«
    Ich beugte mich zurück in den Wagen, hielt die Tür auf und brüllte: »Was haben Sie gerade gesagt, verdammt!«
    »Ich sagte, er sieht so anders aus, mehr nicht, blasser.«
    Ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu, rannte über den Parkplatz und dachte, dieser verdammte Jimmy James Ashworth.
     
    145 km/h.
    Mit der gesunden Hand im Handschuhfach und der verbundenen Hand auf dem Lenkrad wühlte ich durch Pillen, Straßenkarten und Kippen.
    Im Radio liefen The Sweet.
    Nervöse Blicke in den Rückspiegel.
    Ich fand die Mikrokassette, riß den Philips Pocket Memo aus der Tasche, zerrte die eine Kassette raus und schob die andere rein.
    Zurückspulen.
    Start:
    »So als ob sie runtergerollt war’ oder so.«
    Vorwärts spulen.
    Start:
    »Ich konnte nicht glauben, daß sie es war.«
    Zuhören.
    »Sie sah so anders aus, so weiß.«
    Stop.
     
    Fitzwilliam.
    69 Newstead View, Fernseher an.
    Mit 145 km/h den Gartenweg hinauf.
    Klopf, klopf, klopf.
    »Was wollen Sie?« fragte Mrs. Ashworth und versuchte, mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
    Ich schob einen Fuß in den Spalt und drückte die Tür auf.
    »He, Sie können doch nicht einfach so bei den Leuten reinplatzen.«
    »Wo ist er?« fragte ich und drückte mich an ihr und ihren schlaffen Titten vorbei.
    »Er ist nicht da. He, kommen Sie zurück!«
    Ich rannte die Treppe hoch, riß Türen auf.
    »Ich ruf die Polizei«, schrie Mrs. Ashworth von unten.
    »Tun Sie das, meine Liebe«, sagte ich, sah ein ungemachtes Bett und ein Poster von Leeds United, roch Wintermuff und Teenager-Wichse.
    »Ich warne Sie«, schrie sie.
    »Wo ist er?« fragte ich, als ich die Treppe runterkam.
    »Bei der Arbeit, wo sonst?«
    »Wakefield?«
    »Weiß ich nicht. Sagt er mir nicht.«
    Ich sah auf die Uhr meines Vaters. »Wann ist er los?«
    »Der Transporter kam um Viertel vor sieben, so wie immer.«
    »Er ist ein Kumpel von Michael Myshkin, stimmt’s?«
    Mrs. Ashworth hielt die Tür auf und kräuselte die Lippen.
    »Mrs. Ashworth, ich weiß, daß die beiden Freunde sind.«
    »Michael hat Jimmy immer furchtbar leid getan. So ist er, das hat er im Blut.«
    »Ich bin gerührt«, sagte ich und ging hinaus.
    »Das hat nichts weiter zu bedeuten«, rief mir Mrs. Ashworth von derTürschwelle aus nach.
    Ich machte das Gartentor auf und sah die Straße entlang zur ausgebrannten Nummer 54. »Ich hoffe, Ihre Nachbarn sehen das auch so.«
    »Ihr Zeitungsfritzen macht immer aus jeder Mücke einen Elefanten!« schrie sie mir hinterher und knallte die Tür zu.
     
    Mit Vollgas die Barnsley Road runter nach Wakefield, Blicke in den Rückspiegel.
    Radio an.
    Jimmy Young und der Erzbischof von Canterbury unterhielten sich mit den ans Haus gefesselten Bürgern Großbritanniens über Anal Rape und The Exorcist
    »Solche Filme sollten einfach verboten werden. Das ist doch widerlich.«
    Durch die Weihnachtsbeleuchtung und die ersten Regentropfen, vorbei an County Hall und Town Hall.
    »Exorzismus, wie ihn die Anglikanische Kirche praktiziert, ist ein zutiefst religiöser Runs und wird nicht leichtfertig gehandbabt. Dieser Film vermittelt einen vollkommen falschen Eindruck von Exorzismus.«
    Ich hielt gegenüber der Molkerei Lumbs, in der Nähe der Bücherei Drury Lane, es regnete kalt und heftig.
    »Wenn Sie Sex von Schuld befreien, befreien Sie die Gesellschaft von Schuld, und ich glaube nicht, daß unsere Gesellschaft funktionieren kann ohne Schuld.«
    Radio aus.
    Ich saß im Wagen, rauchte und schaute zu, wie die

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