1975 - Sonnenecho
Jahrtausenden, einen Menschen namens Sinclair Marout Kennon gegeben hatte, den besten Freund Ronald Tekeners - und Kennons Gehirn hatte man in einen Robotkörper gesteckt.
Um Identitätsprobleme zu vermeiden, war man bei den „neuen" Androiden darauf bedacht, daß Avataras keine eigene Persönlichkeit entwickelten und neutrale Wesen blieben. Es bestand sogar die theoretische Möglichkeit, die gesamten Gehirninhalte von Menschen, die bald sterben mußten, wie Erinnerung, Lebenserfahrung, Wissen und Individualität, kurzum das Id eines Individuums, auf die Gehirne der Avataras zu übertragen.
Ein solcher Fall könnte schon demnächst aktuell werden, wie Arnulf und Samantha vermuteten. Aber dazu gab es von den Verantwortlichen keine offizielle Stellungnahme. Die beiden waren auf eigene Schlußfolgerungen angewiesen.
Fest stand nur, daß Myles Kantor mit einem Vesta-Kreuzer in den Sonnentresor einfliegen wollte, um nach dem Monochrom-Mutanten Vincent Garron zu suchen, der irgendwo im Bereich des Roten Riesen Skoghal verschollen war. Und auf diesen Einsatz sollten die beiden männlichen Avataras Drei und Vier mitgenommen werden. Es paßte in das Bild, das sich Arnulf und Samantha von diesem Komplex gemacht hatten, daß sie für diesen Einsatz die beiden Avataras auf ihre „Grundfunktionen zu minimieren" hatten, wie es offiziell hieß.
Arnulf sagte dazu amputieren. Es war eine Schande.
„Tests abgeschlossen", meldete Samantha und sah Arnulf fragend an. Der forderte sie mit einem Kopfnicken auf, die Sache weiterzuführen.
„Ich habe euch doch gesagt, daß mit mir alles in Ordnung ist", sagte Drei. „Der Check war reine Zeitverschwendung sei. Aber sei’s drum. Welche Gimmicks verpaßt ihr mir nun?"
„Tut mir leid, Drei", sagte Arnulf und dachte im selben Moment, daß eine solche Entschuldigung völlig fehl am Platze war. „Aber wir haben Befehl, dir einiges abzunehmen, was für diesen Einsatz überflüssig, ja störend ist."
Samantha holte Drei mittels eines Antigravfeldes aus dem Scanner und transportierte ihn zum vollsyntronischen Operationstisch.
„Und was wollt ihr mir wegnehmen?" fragte Drei völlig emotionslos.
Samantha blickte zu Arnulf, der mit verkniffenem Gesicht daneben stand, und zählte auf: „Das komplette Waffensystem. Den Antigrau. Und das Schutzschirmaggregat."
„Und wofür soll ich dann noch gut sein?" fragte Drei in immer noch sachlichem Tonfall.
Er bekam keine Antwort. Und er hätte eine solche auch gar nicht mehr gehört, weil Samantha in diesem Moment sein Bewußtsein durch Desaktivierung seines Bioponblocks und Stilllegung der zerebralen Funktionen ausschaltete.
Arnulf war ihr dabei behilflich, mittels Fernsteuerung zuerst die beiden Module mit den Handwaffen und die Antigrau-Rückenplatte zu entfernen. Dann öffneten syntronisch gesteuerte chirurgische Instrumente seinen Bauch und holten das Energieaggregat aus seiner Magengrube. Die Operationswunde wurde kurz darauf wieder geschlossen, mit Bioplast verklebt, der gesamte Magensektor örtlich betäubt.
Die Bioponverbindung wurde aktiviert. Drei erwachte, ohne das geringste von dem Eingriff zu spüren.
Er schwang die Beine herum und sprang vom Operationstisch.
„Ich frage mich nur, warum man solchen Aufwand mit der Erschaffung von Avataras getrieben hat, wenn man uns dann auf wandelnde Organbanken reduziert", sagte Drei sachlich. „Das könntet ihr auch billiger haben."
„Als Organträger brauchst du dich nicht zu sehen, Drei", sagte Arnulf tröstend. „Du nimmst immer noch einen viel höheren Stellenwert ein, soviel darf ich verraten."
Sie entließen Drei in einen Warteraum, wo er auf Abruf bereitzustehen hatte, und ließen Vier kommen.
Der Avatara Nummer vier war Drei rein äußerlich in gewisser Weise recht ähnlich. Nur war er nicht ganz so schlank, besaß aber ebenfalls keine übermäßige Muskelbildung und war keinesfalls athletisch. Mit 1,88 Metern Körpergröße überragte er Drei um nur wenige Zentimeter und hatte ein ovales Durchschnittsgesicht mit braunen Augen. Sein dichtes, brünettes Haar war fingerlang geschnitten und in der Mitte gescheitelt. Er war nackt wie Drei.
Samanthas Blick fiel unwillkürlich auf sein Geschlecht, das sich von dem irgendeines Mannes nicht zu unterscheiden schien. Es hieß, daß Avataras sogar Sex haben konnten, aber natürlich waren sie nicht zeugungsfähig.
Samanthas Gedanken waren völlig wissenschaftlich. Sie maßte nur an dieses Thema denken, weil eine ihrer Kolleginnen
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