1976 - Die Sonnenwürmer
zu machen.
Abrupt verlor Koolaas den Boden unter den Füßen und glaubte, ins Nichts zu stürzen. Ohne es richtig mitzubekommen, hatte er den toten Guan a Var verlassen. Nun geschah alles gleichzeitig. Irgendetwas erfasste ihn und die Syntronik, beendete ihren Sturz und riss sie wieder hoch. Yoba'a'teth hat mich mit einem Traktorstrahl erlasst! dachte Koolaas. Und dann stieß ein Schatten aus dem Schwarz des Alls herab, dunkler als der Leerraum zwischen den Sternen, der nie das Licht einer Sonne gesehen hatte.
Koolaas schrie auf und spürte, wie ihn etwas so heftig herumzerrte, dass es ihm die Tentakel abzureißen drohte. Er war völlig hilflos, hatte jede Orientierung verloren, vergessen, wie der Brustpack seines Raumanzugs zu bedienen. war. Der Schatten wurde immer größer und schneller - und prallte dann gegen den toten Guan a Var, der mittlerweile hoch über ihm zu schweben schien. Für Koolaas ging die Welt unter. Das tote organische.
Schiff, das um die zur Nova gewordene Sonne kreiste, explodierte förmlich, und riesige Trümmerstücke rasten auf den Joridaer zu.
Doch sie erreichten ihn nicht. Im Gegenteil, er stellte fest, dass sie nach wenigen Sekunden wieder kleiner wurden. Dann bemerkte er, dass er gar nicht mehr im All schwebte, sondern auf Yoba'a'teths Außenhaut zu kleben schien. Sein Guan a Var hatte ihn mit dem Traktorstrahl eingeholt, auf die Hülle gefesselt und Fahrt aufgenommen. Als Yoba'a'teth eine Körperfalte öffnete und ihn endgültig an Bord nahm, hatte Koolaas bereits das Bewusstsein verloren.
„Hast du die Analyse mittlerweile abgeschlossen?" fragte Koolaas. Er hatte sich gut erholt. Von der Begegnung mit dem wahnsinnigen Guan a Var waren keine bleibenden Schäden zurückgeblieben, und Yoba'a'teth hatte den Verfolger schließlich mit mehreren Hypersprüngen abschütteln können.
Sein Vertrauen in den Guan a Var war wiederhergestellt. Schließlich hatte Yoba'a'teth ihn, die geborgene Syntronik und die wichtigen Gehirnteile mit einem Traktorstrahl zurück an Bord geholt und war gleichzeitig dem Angreifer ausgewichen, der ihn hatte rammen wollen.
Die wahnsinnigen Guan a Var griffen zu immer drastischeren Methoden, um die wenigen, die noch treu zu ihren Joridaern standen, endgültig auszuschalten. Koolaas schätzte, dass mittlerweile fünfundneunzig Prozent der geklonten Wesen - oder deren Nachkommen - allein, ohne Besatzung, in Louipaz unterwegs waren und nichts anderes im Sinn hatten, als ihren Energiebedarf zu decken. Auch wenn sie dabei rudelweise über einzelne Sonnen herfielen und keine Rücksicht darauf nahmen, dass sie in ihrem Kielwasser nur Novae zurückließen. „Die Daten der Syntronik liegen dir doch bereits vor", antwortete Yoba'a'teth. Der Joridaer zog die Lider über den großen Augen zusammen. „Die untersuchen wir gerade", versetzte er. „Ich meine die Analyse der geborgenen Gehirnteile." Das organische Raumschiff zögerte kurz. „Noch nicht.
Ich habe doch gesagt, dass ich dafür noch mindestens einen Tag benötigen werde."
„Das hast du nicht!"
„Es ist noch gar nicht so lange her. Du hast so konzentriert gearbeitet, dass du es vielleicht nicht registriert hast, Koolaas."
„Bist du sicher, dass alles mit dir in Ordnung ist, Yoba'a'teth?"
„Koolaas", sagte der Guan a Var vorwurfsvoll, „natürlich bin ich mir sicher."Der Joridaer ließ es dabei bewenden.
Er hatte bei der Auswertung der geborgenen Speicher tatsächlich alles um sich herum vergessen. Auch wenn die Daten, die die wenigen noch restaurierbaren Syntronikteile enthielten, wohl keinen unmittelbaren Nutzen bei der Lösung des Problems der wahnsinnig gewordenen Guan a Var bringen würden, waren die Erkenntnisse auf lange Sicht vielleicht von unschätzbarer Bedeutung. Heutzutage konnte kein Joridaer mehr sagen, wie hoch die Lebenserwartung der Guan a Var tatsächlich war, doch der tote Sonnenwurm war alt gewesen, sehr alt. Trotzdem musste er sich oft fortgepflanzt haben, denn die ältesten noch enthaltenen Daten reichten an die siebzigtausend Jahre in die Vergangenheit zurück.
Irgendwann war der Speicher, der von einem Guan a Var auf den nächsten übergegangen war, vom organischen System abgekuppelt worden, und zu diesem Zeitpunkt, etwa vor zehntausend Jahren, nahmen die Aufzeichnungen ein abruptes Ende. Doch bis dahin ... Leider waren auch fast alle noch lesbaren Speicher unvollständig. Die Zeit forderte unbeugsam den ihr gehörigen Tribut. Zahlreiche der sorgfältig strukturierten und
Weitere Kostenlose Bücher