198 - In der Spiegelwelt
Teufelssohn nicht einmal zur Kenntnis genommen worden.
»Du warst immer schon gegen mich«, sagte Atax bitter.
Loxagon gab das unumwunden zu. »Ich wußte, daß dieser Tag irgendwann kommen würde«, sagte der Teufelssohn. Grinsend bleckte er sein Schakalgebiß. »Ich habe vor, eine neue Ordnung zu schaffen. Da paßt du nicht hinein. Dein Fehler kommt mir gerade recht. Damit gibst du mir Gelegenheit, bereits jetzt so gegen dich vorzugehen, wie ich es demnächst getan hätte. Ich kann dich nicht gebrauchen, Atax. Du bist wertlos für mich und meine Pläne, deshalb werde ich dich, den Versager, eliminieren. Der Rat der Teufel oder das Tribunal der Dämonen ist für deinen Fall nicht zuständig. Ich bin das Gesetz in der Hölle, und ich will, daß du stirbst!«
Atax bat um eine Chance. Er versprach, Mr. Silver zu töten und das Höllenschwert Loxagon, dem rechtmäßigen Besitzer, zurückzubringen, doch selbst daran war der Teufelssohn nicht interessiert.
Er hatte sein Urteil gefällt, und nichts und niemand konnte es mehr entkräften. Loxagon ließ dem Geschlechtslosen nur die Wahl, selbst aus dem Leben zu scheiden oder durch seine Hand zu sterben.
Letzteres wäre eine zu große Schmach für Atax gewesen, deshalb entschied er sich für den Freitod, den ihm Loxagon großzügig gewährte.
Der Teufelssohn befahl, »den Korb« zu bringen. Man stellte ihn vor Atax hin, und Loxagon wartete geduldig. Der Geschlechtslose zögerte.
»Worauf wartest du?« fragte Loxagon höhnisch. »Fehlt dir der Mut?«
»Ich habe keine Angst vor den weißen Vipern«, erwiderte die Seele des Teufels.
»Dann beweise es!« forderte ihn Loxagon auf.
Atax nahm den Deckel vom Korb, in dem sich Dutzende weißer zischender Vipern befanden. Ihr Biß war tödlich. In wessen Fleisch sie ihre schwarzen Giftzähne auch schlugen - er war verloren.
Loxagon grinste den Geschlechtslosen herausfordernd und triumphierend an. »Möchtest du doch lieber durch meine Hand sterben?«
Da stieß Atax seinen rechten Arm tief in den Korb. Seine Faust traf die Schlangen, deren weiße Leiber den Boden bedeckten, und die aggressiven Höllenreptilien bissen augenblicklich zu. Atax zuckte mehrmals heftig zusammen. Gräßliche Schmerzen peinigten ihn. Er preßte die Kiefer so fest zusammen, daß seine Zähne splitterten, und er schaffte ein verächtliches Grinsen, mit dem er Loxagon bedachte, bevor er zusammenbrach.
Der Teufelssohn befahl, Atax’ »Kadaver« fortzuschaffen und zu verbrennen. Nichts sollte von dem Geschlechtslosen übrigbleiben.
***
Noel Bannister stieß bald zu uns. Jetzt erst kam der Schock, der die Grufties auf dem Mount Zion Cemetery mit ungeheurer Wucht getroffen hatte, voll durch.
Holger Altmann und Larry Burnett waren ziemlich still geworden. Sie trauerten um ihren Freund Kevin Byrne, aber ihr Wille, irgendwie mitzuhelfen, Cayooda zur Strecke zu bringen, war nach wie vor ungebrochen.
Noel zeigte ihnen ihre Zimmer und empfahl ihnen zu schlafen, denn ein neuerliches Zusammentreffen mit Cayooda würde wohl nicht allzu lange auf sich warten lassen. Da war es wichtig, fit und bei Kräften zu sein. Wir überließen das Wacheschieben Boram, denn der brauchte keinen Schlaf, um mit guten Reflexen aufwarten zu können.
»Sollte der Horror-Adler angreifen, schlägst du Alarm«, sagte ich.
Boram nickte. »Ja, Herr.«
»Versuch nicht, allein mit ihm fertig zu werden, und vergiß nicht, daß wir ihn erst vernichten dürfen, wenn wir wissen, wo sich sein Gelege befindet!«
Noel und ich zogen uns zurück. Ich entkleidete mich nicht, schlüpfte nur aus den Schuhen und legte mich aufs Bett. Der Colt Diamondback blieb in der Schulterhaïfter stecken, damit ich ihn gleich zur Hand hatte, wenn ich geweckt wurde.
Wenn Cayooda die Nacht zu einem Angriff nützte, war jede Sekunde wertvoll.
Autogenes Training half mir, abzuschalten und rasch einzuschlafen, und ich erwachte erst, als die Sonne zum Fenster hereinlachte.
Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich sprang vom Bett, als hätte sich die Decke entzündet, schlüpfte in die Schuhe und verließ mein Zimmer. War Cayooda dagewesen, ohne daß ich es gemerkt hatte?
Ich klopfte an Noels Tür. Der CIA-Agent antwortete nicht. Ich öffnete die Tür. Noels Bett war leer. Ich begab mich nach unten und hörte jemanden in der Küche hantieren.
Noel. Er bereitete das Frühstück für vier Personen vor. Es roch schon verlockend nach kräftigem Bohnenkaffee.
»Hallo, Tony«, sagte mein Freund.
»Alles in Ordnung?«
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