Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
198 - Sohn und Dämon

198 - Sohn und Dämon

Titel: 198 - Sohn und Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
linke Hand. Ihr kleiner Finger sah aus wie eine winzige Blütendolde.
    »Hüte dich vor ihm«, raunte das Stimmchen aus ihren Finger und in ihrem Kopf.
    Sie schüttelte im Traum ihren Finger, doch das Pflanzenteil ließ sich nicht einfach so abschütteln. »Das glaube ich nicht!«, bekräftigte sie. »Selbst wenn er falsch erzogen wurde – ich weiß, dass ich ihn auf den rechten Weg zurückbringen kann!«
    Das Baby krabbelte auf ihre Schenkel, in ihren Schoß, schlüpfte in ihren Bauch. Glücksgefühle durchströmten sie. Sie streichelte ihren Bauch und glaubte ein Kind in einer Pflanzenschote darin zu spüren.
    Auf einmal rauschte und brodelte der nächtliche See. Ein schleimiger, grauweißer, pulsierender Fleischhügel erhob sich am Ufer. Tentakel und Hautlappen wedelten an der Seite der unförmigen Kreatur, und Aruula glaubte in ein Paar grün funkelnder Augen zu sehen, groß wie Menschenköpfe. Sie erschrak bis ins Mark.
    Aruula sprang auf, wandte sich ab, wollte fliehen. Doch es war, als würden kraftvolle Tentakel ihre Beine und Knöchel festhalten. Sie schrie und sah in den Nachthimmel hinauf. Eine Wolkenbank schob sich über den Mond. Stockdunkel wurde es von einem Atemzug zum anderen.
    Aruula stolperte, stürzte ins Unterholz. Hinter ihr brodelte, schäumte und rauschte der See. Etwas schmatzte, etwas fauchte, und dann bäumte es sich über ihr auf.
    Aruula warf sich auf den Rücken und schlug mit den Fäusten in die Luft. Vor ihr wuchs eine dunkle Wand, Tentakel schlängelten durch die Nachtluft, dann brach Geäst, und feucht und schwer fiel das Wasserwesen auf sie.
    Und raubte ihr die Frucht ihres Leibes…
    ***
    Daa’tan hatte seine Mutter vor sich auf den Rücken des Malalas gesetzt. Mit der Linken hielt er ihren Kopf fest, damit der nicht bei jedem Schritt des Malalas nach vorn oder nach hinten pendelte. Mit der Rechten hielt er den Strick am Hals des Tieres fest. Er steuerte das Malala mental. »Vorwärts, Roter«, trieb er es an. Wirklich schnell kam er nicht voran.
    Die Morgensonne hatte sich inzwischen vom Horizont gelöst. Allmählich wurde die Luft wärmer. Manchmal wandte Daa’tan den Kopf, um zurückzublicken, dann sah er eine Linie von Staubwölkchen, die sich hinter dem Reittier auf den trockenen Boden senkte.
    Irgendwann, als die Sonne schon ihrem Zenit entgegen stieg, entdecke er am Horizont eine Erhebung in der gleichförmigen Landschaft. Er trieb das Malala zu noch größerer Eile an. Als er sich das nächste Mal umblickte, war der Uluru nur noch eine dunkle Wand in der Ferne.
    Dafür nahm die Erhebung am Horizont, dem er entgegen ritt, schärfere Konturen an; pyramidenförmige Konturen. Der Fels vor dem Wasserloch. Noch eine oder zwei Stunden, dann würde er ihn erreichen.
    Das war auch höchste Zeit, denn das Malala zeigte schon erste Spuren von Erschöpfung, und auch seine Mutter brauchte dringend Wasser. Seinen eigenen Durst versuchte Daa’tan zu verdrängen, so gut es eben ging.
    Daa’tan fragte sich, warum die Ohnmacht seiner Mutter so tief war, und warum sie so lange anhielt. Den schweren Duft im Zelt des Heilers hatte er wahrgenommen, und er nahm an, dass der Turbanträger sie mit einer Duftessenz betäubt hatte.
    Doch hätte sie nicht längst wieder zu Bewusstsein kommen müssen?
    Vielleicht hatten die Injektion seines Blutes und das rasante Wachstum ihres Fingerstumpfes sie erschöpft. Ja, daran musste es liegen…
    Hin und wieder warf Daa’tan einen Blick auf die linke Hand seiner Mutter. Der nachgewachsene kleine Finger unterschied sich in seiner Färbung kaum von den anderen Fingern der Hand. Man musste schon genau hinsehen, um den leichten Grünstich zu bemerken.
    Irgendwann, als er sich einmal mehr nach möglichen Verfolgern umdrehte, entdeckte er eine dunkle Wolke am Horizont. Zog ein Unwetter von Norden her auf?
    Kurz bevor er den Fels am Wasserloch erreichte, merkte er, dass die vermeintliche Regenwolke eine Staubwolke war. Sie näherte sich rasch, und bald erkannte Daa’tan in der Staubwolke die Umrisse eines Tieres.
    Verfolgte ein Raubtier sie? Daa’tan hieb dem Malala die Fersen in die Flanken. Sein Reittier war vollkommen erschöpft, als er am Fuß des Felsens von seinem Rücken stieg und Aruulas Körper auf seine Schulter lud. Das Malala schleppte sich zum Wasserloch und begann sofort zu saufen.
    Daa’tan spähte zurück. Das Tier, das sie verfolgte, war weiter entfernt, als er zunächst angenommen hatte.
    Merkwürdig. Dabei kam es ihm so groß vor…
    Er

Weitere Kostenlose Bücher